Gesundheitspolitik

Freihändig

Dr. Christian Rotta

Nun liegt er also – zumindest in einer Zusammenfassung – vor: der El Pato/Apotheke adoc-Bericht, der im Zuge der BMG-Datenaffäre von der ABDA in Auftrag gegeben worden war. Geprüft wurden von der JPLH-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stichprobenweise 55 von 451 vorgelegten Belegen (warum eigentlich nur so wenige?). Die Feststellungen der Wirtschaftsprüfer sind brisant: Sie zeigen auf, wie der ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz ziemlich freihändig und ohne effektive Kontrolle über Jahre den von ihm und seiner Ehefrau ins Leben gerufenen Branchendiensten Apotheke adhoc und Gesundheit adhoc Aufträge zuleiten und erteilen konnte. Der "Gesamtjahresaufwand" für diese Aufträge betrug immerhin insgesamt 2.537.077,19 Euro. In seinem Dienstvertrag war Bellartz von der ABDA ausdrücklich die Zustimmung erteilt worden, weiterhin für El Pato tätig sein zu dürfen. Selbst für eine Beteiligung an der Agentur gab die ABDA dem Spiritus rector von Apotheke adhoc grünes Licht.

El Pato bestimmte und beeinflusste über Jahre nahezu flächendeckend die "ABDA-Öffentlichkeitsarbeit". Im Bericht werden nicht weniger als zehn Tätigkeitsfelder ("Kategorien") genannt, in denen El Pato und deren Dienste für die ABDA tätig wurden – von der Unterstützung bei Kampagnen, über Dossiers/Befragungen, Honorare (?), Messen/Fotoshootings, Faxaktionen bis zu Online-Unterstützungen (über ihren "unabhängigen" Branchendienst??). Und in der Tat: Beobachter wunderten sich in den Jahren 2007 ff. immer wieder, welchen Einfluss und welche Macht Bellartz innerhalb der ABDA und ihrer Mitgliedsorganisationen hatte. Dabei kamen dem schillernden Hans-Dampf-in-allen Gassen nicht zuletzt auch seine Verbindungen zugute, die er während seiner Zeit als Leiter des Hauptstadtbüros der PZ geknüpft hatte. Manch einer der Ehrenamtlichen, so hieß es, fraß ihm in der Jägerstraße geradezu aus der Hand. Inzwischen möchte man davon nicht mehr viel wissen. Die Hauptakteure der damaligen Zeit hüllen sich in Schweigen. Bei Thomas Bellartz ist dies nachvollziehbar. Aber vom früheren ABDA-Präsidenten, in dessen Amtsperiode die dubiosen Abmachungen und Verflechtungen fallen, hätte man dann doch ein paar Worte mehr erwarten dürfen.

Was der Prüfungsbericht auch deutlich macht: In der ABDA-Zentrale herrschen offensichtlich gravierende Organisationsmängel. Kann es sein, dass es bei unserer Standesvertretung, die – zu Recht – QM-Systeme in der Apotheke propagiert und dabei – detailversessen und zum Teil weit über das Ziel schießend – Richtlinien, Leitlinien, Empfehlungen und Vorgaben für die pharmazeutische Praxis vor Ort statuiert, tatsächlich keine Stellenbeschreibung gibt? Auch für die Einholung von Angeboten und die Dokumentation von Leistungen soll es nach dem Bericht an jedweder schriftlich fixierten Arbeitsanweisung fehlen. Nachdrücklich fordert der Bericht auch Kontrollmechanismen für die "Abwicklung von Geschäften mit nahe stehenden Personen". Auch hierzu bisher: Fehlanzeige. Etwas im Ungewissen schließt der Bericht mit dem Satz: "Eine strafrechtliche Würdigung dieser Vorgänge war nicht Gegenstand unseres Auftrags." Nun denn …


Christian Rotta

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