Gesundheitspolitik

Orphan Drugs: BPI wehrt sich gegen Bericht in der "Süddeutschen Zeitung"

Fahrenkamp: Zynismus in der Debatte um Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen

Berlin (lk). Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) setzt sich gegen einen Bericht in der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) zur Wehr: Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in der SZ angestoßene Debatte zu Arzneimitteln für seltene Erkrankungen basiere auf falschen Aussagen, so der BPI. Behauptungen, dass Unternehmen unter den seit 2011 geltenden Regelungen für neue Arzneimittel für Orphan Drugs einen extrem hohen Preis festsetzen könnten und diesen auch bekämen, seien schlichtweg falsch.

"Orphan Drugs gehen in die gleichen Preisverhandlungen mit dem Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenversicherung wie jedes andere innovative Arzneimittel auch. Der einzige Unterschied ist, dass Orphan Drugs ihren Zusatznutzen schon vor der Zulassung bei der EU-Kommission nachweisen müssen, um überhaupt den Status als Arzneimittel für seltene Erkrankung zu erhalten und dieser Zusatznutzen dann auch im Frühbewertungsverfahren beim G-BA gilt", erklärte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des BPI.

Zynisch sei der Vorwurf, dass Orphan Drugs nur gegen Krankheiten helfen, die nur wenige Menschen haben. Genau das sei der Sinn und Zweck der Regelungen für Arzneimittel für seltene Erkrankungen – um diese kleinen Gruppen von Patientinnen und Patienten sei es der EU gegangen, als sie die Förderung der Entwicklung von Orphan Drugs beschlossen habe. Der Arzneimittelentwicklung für seltene Erkrankungen habe vorher weitgehend die wirtschaftliche Grundlage gefehlt.

Der BPI wertet diese Regelungen als Erfolgsgeschichte: Vor ihrem Inkrafttreten 1999 habe es nur fünf Arzneimittel, die für seltene Erkrankungen zugelassen waren, gegeben, mittlerweile seien es 67. Es könne und dürfe nicht sein, dass Forschung, die sich zum Ziel setze Menschen zu helfen, die eine bisher nicht therapierbare Krankheit hätten, nun diskreditiert werde. "Wie kann man dies kritisieren, wenn man die Versorgung von Menschen verbessern will?", so Fahrenkamp. "Patienten mit seltenen Erkrankungen haben den gleichen Leistungsanspruch gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung wie Menschen, die an häufigen Erkrankungen leiden."

Weiterhin seien auch Behauptungen, dass Orhan Drugs regelhaft eine beschleunigte Zulassung erhielten, schlicht falsch. Orphan Drugs unterlägen der regulären Arzneimittelzulassung in Europa. Ebenfalls falsch sei der Vorwurf, es sei Taktik der pharmazeutischen Industrie, für Orphan Drugs nach der Zulassung schnell Indikationserweiterungen zu erreichen. Von den 67 als Orphan Drugs anerkannten Mitteln hätten nur fünf eine Zulassung für mehr als eine Indikation. Aus dem einen Arzneimittel, das als Orphan Drug für mehr als vier Indikationen zugelassen war, eine Umgehungsstrategie der Pharmaindustrie zu konstruieren, sei falsch und schlichtweg inakzeptabel – vor allem weil dieses Arzneimittel seit April 2012 gar nicht mehr den Status als Orphan Drug habe. Grundsätzlich gelte die Anerkennung als Orphan Drug immer nur für die entsprechende seltene Indikation und nicht für das Arzneimittel als Ganzes. "Arzneimittel für seltene Erkrankungen brauchen eine ehrliche Debatte – unhaltbare Behauptungen helfen keinem Patienten!", so Fahrenkamp.



AZ 2013, Nr. 1/2, S. 8

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