Gesundheitspolitik

Drohender Ärztemangel auf dem Land

Neue Richtlinie weckt nicht überall Euphorie

Berlin (jz). Zum Beginn des neuen Jahres trat die neue Richtlinie zur Bedarfsplanung von Ärzten und Psychotherapeuten in Kraft. Sie soll den gleichmäßigen Zugang aller Patienten zur ambulanten medizinischen Versorgung verbessern – insbesondere auf dem Land. Während man seitens der Ärzte sicher ist, mit der neuen Richtlinie die wohnortnahe Versorgung perspektivisch weiter zu verbessern, sieht man dies bei den Krankenkassen eher kritisch. Auch die Verbraucherzentrale äußerte Bedenken.

Der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) hatte die Richtlinie im Dezember verabschiedet und dem Bundesgesundheitsministerium vorgelegt. Dort segnete man die neue Regelung, die nun alle Arztgruppen einbezieht, noch Ende 2012 ab, wie ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. "Es freut mich sehr, dass wir dadurch die wohnortnahe Versorgung der Patienten perspektivisch weiter verbessern werden", freute sich Dipl.-Med. Regina Feldmann, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Nicht so euphorisch reagierten die Krankenkassen auf die neue Richtlinie: "Planung allein bringt den Arzt noch nicht dahin, wo die Patienten ihn brauchen", sagte Uwe Deh, geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes, der dpa. Auch nach Einschätzung des Chefs der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, löst eine neue Planung allein die Probleme nicht. Johann-Magnus von Stackelberg, der Vize-Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, warnte davor, darin einen Selbstzweck zu sehen.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zog ebenfalls ein ernüchterndes Fazit: Die meisten Probleme der Patienten blieben weiterhin ungelöst, eine Ausrichtung des Versorgungsangebots am tatsächlichen Bedarf werde es auch in Zukunft nicht geben. "Besitzstandswahrung und finanzielles Kalkül haben die Entscheidungen bestimmt, nicht der Versorgungsbedarf der Patienten", so Ilona Köster-Steinebach, vzbv-Gesundheitsreferentin und Mitglied der Patientenvertretung im G-BA.

Zu den Hauptkritikpunkten der Verbraucherorganisation zählt das Fehlen von Vorgaben zur Ärzteverteilung innerhalb von Großstädten (Ärzteschwemme in reichen Stadteilen und Mangel in sozialschwachen Regionen). Zudem bestünden weiterhin lange Wartezeiten bei manchen Fachärzten oder bestimmten Behandlungen. Nicht zuletzt orientiere sich die Planung nach wie vor an veralteten Verhältniszahlen (Arzt/Patient) aus den 90er Jahren und berücksichtigten nicht die demografische Entwicklung und den tatsächlichen Versorgungsbedarf einer Region.

Der Chef des für die neue Planung zuständigen G-BA, Josef Hecken, sagte der dpa hingegen: "Wir setzen damit ein Signal an Medizinstudenten: In der hausärztlichen Versorgung gibt es eine reale Chance, zugelassen zu werden." Laut G-BA ergeben sich für den hausärztlichen Bereich bundesweit annähernd 3000 (inkl. der jetzt schon freien Sitze) neue Zulassungsmöglichkeiten. Für den Bereich der Psychotherapeuten wird eine Zahl von knapp 1400 konstatiert.



AZ 2013, Nr. 1/2, S. 8

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