Gesundheitspolitik

2013: ABDA vor großen Herausforderungen

Neue ABDA-Spitze nimmt Arbeit auf – Schmidt-Appell zur Geschlossenheit – Viele Probleme warten

Berlin (lk). Auf die neu gewählte ABDA-Führung warten im neuen Jahr viele Probleme und Herausforderungen: Notdienstpauschale und Kassenabschlag sind ungelöst. Die Schiedskommission muss neu besetzt werden. Die Spionage-Affäre im Bundesgesundheitsministerium wartet ebenso auf vollständige Aufklärung wie die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen ABDA und El Pato/Apotheke adhoc. Das ABDA-KBV-Modell kommt nicht recht voran. Und am Horizont lauert bereits neues Ungemach: Demnächst könnte der Umgang mit den Rezeptdaten wieder für Schlagzeilen sorgen. Alles in allem kein leichter Start für den neuen ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt.

Mit einem kurzen Statement meldete sich Schmidt zum Auftakt seiner ABDA-Präsidentschaft letzten Mittwoch zu Wort: Darin beschwört Schmidt den Zusammenhalt des Berufsstandes und nennt als wichtigste Aufgabe eine Reform des Apothekenhonorars. "Die derzeitige Lage ist für viele Apotheken äußerst schwierig. Ich bin aber optimistisch, dass wir die Probleme lösen können, wenn wir als Berufsstand zusammenstehen", so Schmidt.

Und weiter: "Wir müssen daher als erstes dafür sorgen, dass eine patientenorientiert arbeitende Apotheke besser von ihrer Arbeit leben kann, als das heute der Fall ist. Um den demografischen Wandel zu bewältigen, brauchen die Menschen Apotheken als Nahversorgungseinrichtungen des Gesundheitswesens überall in Deutschland. Deshalb soll die gegenwärtige packungsbezogene Apothekenvergütung um leistungsbezogene Elemente ergänzt werden, damit wollen wir die Existenz von Apotheken in strukturschwachen Regionen sichern."

Der erste Schritt in diese Richtung sei die Einführung der längst beschlossenen Notdienstpauschale, die von der Politik jetzt endlich praktisch umgesetzt werden müsse. Schmidt: "Dadurch sorgen wir auch dafür, dass die Arbeit mit den Patienten in der öffentlichen Apotheke für junge Kolleginnen und Kollegen wieder attraktiver wird und wirken dem absehbaren Nachwuchsmangel entgegen."

Nicht angesprochen hat Schmidt in seinem Neujahrsgruß den auf ihn im Berliner Apothekerhaus wartenden Problemberg: Beim Kassenabschlag muss in den nächsten drei Wochen zumindest eine Übergangslösung erzielt werden. DAV und GKV-Spitzenverband sind sich immerhin einig, dass Abrechnungschaos zum Jahresauftakt vermieden werden soll. Wie eine Lösung aussehen könnte, ist allerdings nicht erkennbar. DAV-Chef Fritz Becker will 1,75 Euro Kassenabschlag abrechnen, der GKV-Spitzenverband hat 1,90 Euro oder einen Losentscheid als Übergangslösung angeboten.

Außerdem: Vor der endgültigen Entscheidung der Schiedskommission muss mit dem GKV-Spitzenverband eine Einigung über die Neubesetzung dieses Gremiums erzielt werden. Bis jetzt zeichnet sich dafür noch kein für beide Seiten akzeptables Personaltableau ab.

Not- und Nachtdienstpauschale – keine Lösung in Sicht?

Eigentlich sollen die von der Regierungskoalition versprochenen zusätzlichen 120 Millionen Euro für eine neue Pauschale ab Jahresbeginn fließen. Allerdings fehlt immer noch ein praktikables Konzept für die Verteilung des Geldes an die diensthabenden Apotheken. Wie Friedemann Schmidt dazu im DAZ.online-Forum als Zusatz zu seinem Statement erläuterte, sind der ABDA weitgehend die Hände gebunden. Man könne das Bundesgesundheitsministerium nur zu einer raschen Lösung drängen, so Schmidt, "wir selbst haben alles Notwendige schon im letzten Jahr gesagt und getan".

Spionage-Affäre: Noch sind viele Fragen offen

Die Aufklärung der Spionage-Affäre im BMG und die Aufarbeitung der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der ABDA und der vom früheren ABDA-Sprecher Thomas Bellartz mitgegründeten Agentur El Pato und dem Internetportal Apotheke adhoc muss ebenfalls vorangetrieben werden. Ein externer Prüfer, der in Kürze bestellt werden soll, soll rasch die Bücher prüfen und alle Geldflüsse offenlegen. Bisher räumt die ABDA einen "niedrigen einstelligen Millionenbetrag" ein, der an El Pato als ABDA-Dienstleister geflossen ist. Einzelheiten dazu stehen aus. Auch ist die Frage nach der politischen Verantwortung noch nicht beantwortet. Wann die Berliner Staatsanwaltschaft die Ergebnisse ihrer Ermittlungen bekannt gibt, ist ebenfalls noch offen.

Neues Ungemach und neue negative Schlagzeilen könnte der Apothekerschaft in den kommenden Wochen der Umgang mit den Rezeptdaten bescheren. Seit dem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" von Anfang Februar 2012 über Verstöße gegen den Datenschutz durch die Münchener VSA GmbH ermitteln die Münchener Staatsanwälte. Es gab nicht nur Strafanzeigen, die Ermittlungen erfolgen offenbar auch wegen vermuteter Verstöße gegen die in Paragraf 203 Strafgesetzbuch Ärzten wie Apothekern auferlegte Verschwiegenheitspflicht. Kenner der Ermittlungsakten gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft München in absehbarer Zeit ihre Ermittlungen abschließt und über ein Bußgeld oder eine Anklageerhebung entscheidet.

Angesichts der öffentlichen Sensibilität und Aufmerksamkeit für Verstöße gegen den Datenschutz ist nicht auszuschließen, dass das Thema damit weitere Kreise zieht. Im Berliner Apothekerhaus liegen Hinweise aus Kreisen der standeseigenen Rechenzentren vor, wonach auch wirtschaftende ABDA-Töchter wie das DAPI – Verein Deutsches Arzneiprüfungsinstitut e.V. und die Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH (WuV) in Verstöße gegen den Datenschutz involviert sein könnten.

Und zu guter Letzt: Das mit großen Erwartungen vom heutigen ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt mitinitiierte ABDA-KBV-Modell wartet immer noch auf seine Umsetzung. Die Gespräche zwischen der AOK Plus und den Apotheker- und Ärzteorganisationen in Sachsen und Thüringen über ein erstes Modellvorhaben laufen zäh und kommen nicht recht voran. Ob der für die Jahresmitte 2013 angekündigte Starttermin zu halten ist, steht in den Sternen.



AZ 2013, Nr. 1/2, S. 1

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