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Jeder Dritte ist Allergiker

BPI mahnt: Therapie darf nicht abhängig vom Portemonnaie sein

BERLIN (jz). Rund 35 Prozent der Bevölkerung haben Heuschnupfen oder eine andere Allergie oder Erkrankungen mit einer allergischen Komponente wie Asthma und Neurodermitis. Ein alarmierendes Bild, findet die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Denn nur 70 Prozent der Allergiker befinden sich in ärztlicher Behandlung, obwohl fast die Hälfte in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine am 24. Februar in Berlin vorgestellte Forsa-Umfrage unter 1000 Krankenversicherten im Auftrag der DDG.

Die häufigsten Allergieauslöser sind danach Pollen (43%), gefolgt von Hausstaubmilben (23%), Nahrungsmitteln (20%) und Tierhaaren (18%). Über die Hälfte der Befragten gab an, die Krankheit als belastend oder stark belastend zu empfinden. Der Großteil der Betroffenen hilft sich selbst: 58 Prozent der Befragten, bei denen eine Allergie ärztlich festgestellt wurde, erklärten, nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel einzunehmen oder Allergieauslöser bewusst zu meiden. 41 Prozent unternehmen nichts Spezielles gegen ihre Allergie.

Neurodermitis: keine schwere Erkrankung?

In einer weiteren Studie wurde die Neurodermitis genauer betrachtet. Bei der Befragung von über 1600 Patienten stellte sich heraus, dass trotz weitgehend leitliniengerechter Therapie 93 Prozent der Patienten unter Juckreiz leiden. Dies führt bei über einem Viertel der Befragten zu Schlaflosigkeit. Dennoch ist die Krankheit nicht als "schwerwiegende Krankheit" im Sinne der OTC-Ausnahmeregelung anerkannt (§ 34 Abs. 1 SGB V). Und so werden die Kosten nicht-verschreibungspflichtiger topischer Basistherapeutika von den Krankenkassen nicht übernommen. Gerade für sozial schwach gestellte Menschen mit Neurodermitis kann dies eine enorme finanzielle Belastung darstellen. Topische Basistherapeutika und Harnstoffpräparate gehörten daher auf die OTC-Ausnahmeliste, meint Prof. Dr. Matthias Augustin, Direktor des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen am Universitätsklinikum Hamburg.

BPI: Therapie darf keine Frage des Geldes sein

Die Untersuchungen des DDG zur Versorgungslage von Neurodermitikern bestätigen den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in seiner Forderung an den Gemeinsamen Bundesausschuss, die therapienotwendigen Salben auf die OTC-Erstattungsliste zu setzen. "Es ist allerhöchste Zeit, dieses Versorgungsdefizit zu beseitigen", sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. "Die notwendige Therapie darf bei der schwerwiegenden chronischen Erkrankung Neurodermitis nicht vom Portemonnaie der Patienten abhängig sein, die Kassen müssen endlich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, die Basissalben als Therapiestandard anerkennen und erstatten." Fahrenkamp betonte, dass es hier schließlich um die Lebensqualität von geschätzten sechs Millionen Menschen in Deutschland gehe. Mit großen Erwartungen schaut der BPI nun nach Kassel: Dort soll das Bundessozialgericht am 6. März über die Klage einer Neurodermitispatientin verhandeln. "Ich wünsche mir, dass die Klägerin in ihrem Anspruch auf Erstattung der Basissalben bestätigt wird", so Fahrenkamp. "Das wäre endlich ein positives Signal für alle Neurodermitispatienten, die sich in ihrem unverschuldeten Leiden oft nicht ernst genommen fühlen."

Epikutantest droht das Aus

Die DDG sieht überdies im Bereich der Prävention Handlungsbedarf: Sollte sich der aktuelle Referentenentwurf zur Novellierung des Arzneimittelgesetzes durchsetzen, wird es zukünftig keine Epikutantest-Zubereitungen mehr geben. Der Entwurf sieht vor, diese in Zukunft wie Arzneimittel zu behandeln. Die Zubereitungen müssten dementsprechend hergestellt und auch arzneimittelrechtlich zugelassen werden – mitsamt den dafür erforderlichen Studien. "Der Epikutantest muss wieder aus dem Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes gestrichen werden", fordert daher Prof. Dr. Axel Schnuch, Leiter der Zentrale Informationsverbund Dermatologischer Kliniken an der Universität Göttingen. Sonst "käme diese seit 100 Jahren erfolgreich eingesetzte Diagnostik zum Erliegen".



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In dieser Ausgabe der DAZ finden Sie die Apotheken Praxis eingeheftet, die sich dieses Mal ausführlich mit dem Thema "Heuschnupfen" beschäftigt.














DAZ 2012, Nr. 9, S. 40

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