DAZ Aktuell

ABDA fordert vom Bundesrat noch Änderungen

ABDA zur ApBetrO: Nein zu Körperpflegemitteln, Boten- und Bereitschaftsdienst enger fassen

BERLIN (lk). Die anstehenden Beratungen des Bundesrates bieten die letzte Chance, Einfluss auf die neue Apothekenbetriebsordnung zu nehmen (ApBetrO). Dazu hat die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am 24. Februar den Ländergesundheitsministern eine 61-seitige Stellungnahme mit zahlreichen Änderungswünschen und Bewertungen zugeleitet. Insbesondere will die ABDA unter anderem Mittel zur Körperpflege wieder aus dem apothekenüblichen Warenkatalog streichen, die Nacht- und Notdienstregelung für Filialapotheken enger fassen und den Botendienst wieder einschränken. Der Bundesrat will am 30. März endgültig über die ApBetrO abstimmen. Zuvor berät am 14. März der Gesundheitsausschuss die Änderungswünsche der Länder.

In der Stellungnahme, die der DAZ vorliegt, fordert die ABDA vom Bundesrat zudem noch Klarstellungen bei Rezeptur und Defektur, beim Stellen und Verblistern sowie eine Reihe von teils redaktionellen Änderungen bei Begriffsbestimmungen. Kritisch äußert sich die ABDA zu den im Regierungsentwurf enthaltenen Kostenschätzungen. "Wir lehnen diese Kalkulation ab, da sie in wesentlichen Teilen auf Schätzungen und Annahmen beruht, die nicht nachvollziehbar bzw. nicht belegbar sind", heißt es in der ABDA-Stellungnahme.

Mittel zur Körperpflege unerwünscht

Grundsätzliche Kritik übt die ABDA an der inhaltlichen "Balance" der ApBetrO. "Vorab ist festzustellen, dass der Verordnungsentwurf durchgehend durch den Widerspruch gekennzeichnet ist, dass einerseits die Verbesserung der Qualität pharmazeutischer Tätigkeiten erreicht werden soll, und gleichzeitig verpflichtende Vorgaben für die dafür erforderliche Ausstattung der Apotheke aufgegeben werden sollen. Dieser Widerspruch bedarf einer dringenden Auflösung im Interesse einer qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung."

Die ABDA fordert die Länderkammer im Einzelnen auf, die Aufnahme von Mitteln zur Körperpflege in den Warenkatalog wieder zu streichen: "Die Erweiterung des Sortiments apothekenüblicher Waren um Mittel zu Körperpflege steht im Widerspruch zum Versorgungsauftrag der Apotheke und ist daher unerwünscht", so die Stellungnahme.


ABDA lobbyiert ApBetrO


Am 30. März will der Bundesrat abschließend über die Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) abstimmen. Zuvor befasst sich am 14. März der Gesundheitsausschuss der Länderkammer mit dem Regierungsentwurf. Das ist die letzte Gelegenheit für die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), noch Einfluss auf die Verordnung zu nehmen – Endspurt für die Lobbyarbeit. Am vergangenen Freitag hat die ABDA daher nicht nur auf 61 Seiten ihre Stellungnahme an die Länder geschickt. Um ihre Lobbyarbeit abzurunden, haben die Juristen des Apothekerhauses in der Jägerstraße gleich selbst zur Feder gegriffen und neun Muster-Änderungsanträge mit konkreten Verordnungs-Formulierungen dazu gepackt.

In den Vorspann: "Änderungsantrag des Bundeslandes zum Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung BR-Drs. 61/12" müssten die Ländergesundheitsminister theoretisch nur noch den entsprechenden Ländernamen eintragen – und fertig wäre der den Wünschen der ABDA entsprechende Antrag.

Die neun Muster-Anträge befassen sich mit der Dienstbereitschaft, dem Medikationsmanagement, der Mindestgröße der Apothekenräume, der Laborausstattung, mit den Prüfgeräten und Hilfsmitteln, dem Botendienst, der Beratungspflicht des Versandhandels, den Rezeptsammelstellen und dem Stellen und Verblistern. Anhand der Muster-Anträge lässt sich nun genau ablesen, wie erfolgreich die Lobby-Arbeit der ABDA bei den Bundesländern sein wird. Bis zur Sitzung des Gesundheitsausschusses haben die Länder Zeit, ihre Änderungswünsche anzumelden.

Botendienst nicht uneingeschränkt erlauben

Keine Lockerung will die ABDA beim Botendienst zulassen: "Wir fordern dringend, von der vorgesehenen Änderung abzusehen", so die Stellungnahme. Durch den Verordnungsentwurf solle der bislang auf den Einzelfall beschränkte Botendienst der Apotheke uneingeschränkt erlaubt werden. Sofern die Belieferung durch einen Boten durch die Änderung in das Belieben des Apothekenleiters gestellt werde, "lehnen wir dies ab". Die Versorgung der Bevölkerung würde verschlechtert, da unter dieser Prämisse die Belieferung per Boten in das Belieben des Apothekenleiters gestellt wird.

Grundsätzlich begrüßt die ABDA hingegen die vom Bundesgesundheitsministerium vorgeschlagenen Regelungen zum Nacht- und Notdienst. Befreiungstatbestände sollten laut ABDA jedoch nicht an "berechtigte Gründe" des Apothekeninhabers, sondern an "wichtige Gründe" gebunden werden, um wirtschaftliche Interessen auszuschließen.

Keine Privilegierung für Filialverbünde

Die für Filialverbünde vorgesehenen Privilegierungen lehnt die ABDA ab: "Diese Privilegierung von Filialverbünden wird abgelehnt. Für eine gesetzliche Regelung der Befreiung von der Dienstbereitschaft innerhalb eines Filialverbundes besteht kein Regelungsbedarf", heißt es in der Stellungnahme. Die Arzneimittelversorgung müsse auch im Rahmen der Dienstbereitschaft flächendeckend sichergestellt werden. Dieser Grundsatz werde durch Verlagerungsmöglichkeiten innerhalb des Filialverbundes tangiert. Es seien nämlich nicht nur Filialverbünde vorstellbar, bei denen die Betriebsstätten in einer Entfernung zueinander lägen, die es für den hilfesuchenden Patienten zu den Nacht- und Notdienstzeiten möglicherweise unerheblich erscheinen ließen, aus welcher der Betriebsstätten die Versorgung erfolge. "In vielen Fällen liegen die Betriebsstätten vielmehr in einer Entfernung zueinander, die – gerade in Flächenstaaten oder bei den von Flächenstaaten umschlossenen Stadtstaaten Berlin, Bremen oder Hamburg – erheblich sein können." Und weiter: "Durch die unbegründete Privilegierung von Filialverbünden gegenüber Einzelapotheken sind zuletzt gerade bei der betriebswirtschaftlich problematischen Dienstbereitschaft verzerrende Auswirkungen auf den Wettbewerb der Apotheken untereinander zu erwarten."

Als Ausweg schlägt die ABDA vor, den Begriff "angemessene Nähe" zwischen Filialapotheken durch die Verwendung des Tatbestandsmerkmals der "Nachbarschaft" zu ersetzen, "durch das nur eine sehr enge räumliche Entfernung zwischen den Betriebsstätten zugelassen würde". 

Kommentar

ABDA absurd


Mehr als 30.000 Füße müssen jährlich in Deutschland aufgrund einer diabetischen Neuropathie amputiert werden. Viel Leid lässt sich verhindern, wenn die Betroffenen rechtzeitig zur Fußpflege angehalten werden. In den Apotheken ist die Sensibilität gegenüber diesem Problem in den letzten Jahren gewachsen, nicht zuletzt durch intensive Fortbildung und eine breite Palette an Pflegeprodukten speziell für Diabetiker. Fußpflegemittel sind Mittel zur Körperpflege – und genau die will die ABDA nun aus den Apotheken verschwinden lassen. So jedenfalls steht es – man staune! – in der aktuell vorgelegten ABDA-Stellungnahme zum Entwurf der Apothekenbetriebsordnung.

Die ABDA fordert, dass Mittel zur Körperpflege aus der Liste der apothekenüblichen Waren gestrichen werden. Denn ein Sortiment mit Mitteln zur Körperpflege steht laut ABDA "im Widerspruch zum Versorgungsauftrag der Apotheke und ist daher unerwünscht".

Geht‘s noch, liebe Entscheidungsträger bei der ABDA? Ich fühle mich wie um Jahrzehnte zurückkatapultiert, in eine Zeit, als es noch Berufsgerichtsverfahren gab wegen eines Lippenstifts im Apothekensortiment und ausufernde Diskussionen darüber, ob der pflegende Effekt eines Kosmetikums wirklich stärker im Vordergrund steht als der dekorative. Denn mehr Deko als Pflege wäre pfui gewesen und der Apotheke unwürdig. Mein Gott, was hatten wir doch für Sorgen, damals in den 70er und Anfang der 80er Jahren.

Ich dachte eigentlich, wir leben im 21. Jahrhundert und haben längst ein anderes Bewusstsein entwickelt. Mittel zur Körperpflege haben sich völlig selbstverständlich in den Apotheken etabliert – nicht zuletzt aufgrund vieler neuer Erkenntnisse. Es ist heute Allgemeinwissen, dass Diabetiker von einer konsequenten Haut- und Körperpflege profitieren. Allergiker schätzen die Produkte aus der Apotheke, um ihre Hautbarriere zu stärken. Und immer mehr Frauen mit empfindlicher Haut vertrauen dem sicheren Gefühl, das ihnen Apothekenkosmetik und die Beratung durch das Fachpersonal schenken.

Regelmäßige Körperpflege ist eine der Voraussetzungen dafür, dass Menschen ein gutes Körpergefühl entwickeln. Ein gutes Körpergefühl wiederum führt zu besserem Gesundheitsbewusstsein, ist also aus präventiver Sicht höchst erwünscht. Ethischer geht es eigentlich nicht. Wer ganzheitliche pharmazeutische Betreuung ernst nimmt, kann auf Beratung zur Körperpflege in der Apotheke nicht verzichten.

Mein Urteil: Nicht die Mittel zur Körperpflege stehen im Widerspruch zum Versorgungsauftrag, ganz im Gegenteil. Widersprüchlich und gesundheitspolitisch sogar bedenklich wäre es, der Apotheke das Aufgabenfeld Körperpflege zu entziehen. Bleibt zu hoffen, dass das Ministerium bei den apothekenüblichen Waren am bisherigen Wortlaut festhält. Und Diabetikerfüße weiterhin von der öffentlichen Apotheke versorgt werden dürfen. Alles andere wäre absurd.


Reinhild Berger



DAZ 2012, Nr. 9, S. 22

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