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Ohrfeige oder Realismus?

Ellen Oetterer

Als Apothekerin in Westfalen-Lippe frustriert mich die Weigerung der Kassenärztlichen Vereinigung in unserem Kammerbezirk, sich an dem geplanten Kooperationsmodell von Medizinern und Pharmazeuten zugunsten der Patienten zu beteiligen, aus zwei Gründen:

Zum einen hätte ich es natürlich äußerst spannend gefunden, wenn dieses Zukunftskonzept hier in den Apotheken Westfalen-Lippes umgesetzt worden wäre. Nun tendieren unsere Chancen im Bewerbungsverfahren um die im Versorgungsstrukturgesetz verankerte Modellregion leider gegen Null.

Doch über diese regionale und persönliche Enttäuschung hinaus macht mich vor allem das Verharren der Ärzte in ihrer Einzelkämpfer-Haltung betroffen. Angst um die eigenen Pfründe, Berührungsängste, vielleicht auch ein Stück Selbstüberschätzung – was sind die Hintergründe? Oder sind es doch realistische Bedenken, dass hier die Ärzte und Apotheken Mehrleistungen ohne angemessene Gegenfinanzierung durch die Kassen anbieten würden? Selbst wenn Letzteres zuträfe, ist es aber nicht nur das Geld, das die KV als Begründung anführt.

Wie lange wird es noch dauern, bis Ärzte und Apotheker endlich ganz selbstverständlich und ohne Vorurteile interdisziplinär zusammenarbeiten, nicht nur auf einzelner, persönlicher Ebene, sondern regelmäßig und flächendeckend? Haben die Patienten nicht Anspruch darauf, das Beste aus zwei Disziplinen in einem gemeinsamen, synergistischen Paket zu bekommen?

Unsere Standesvertretung auf Bundes- und Länderebenen sollte deshalb ihre Anstrengungen noch verstärken, damit diese Vision bald Wirklichkeit wird. Aber auch jede einzelne Apotheke muss mitwirken und durch die Qualität ihrer Kontakte zu den Arztpraxen zeigen: Wir sind die Arzneimittelfachleute! Nur gemeinsam mit uns lässt sich die Arzneimitteltherapie für die Patienten optimieren.

Eine längerfristig wirksame Strategie könnte sein, die Zahl von Apothekern in den Kliniken deutlich auszubauen. Wenn junge Ärzte am Krankenhaus den Mehrwert der pharmazeutischen Betreuung und des Arzneimittelmanagements durch Apotheker auf Station kennen- und schätzen lernen, werden sie auch später im niedergelassenen Bereich nicht mehr auf unsere Fachkompetenz verzichten wollen.

Es ist nämlich das eine, sich als Mediziner für ein AM-Management aufgrund der angepeilten Honorierung stark zu machen. Etwas anderes ist es, dies in den Arztpraxen auch sinnvoll umzusetzen. Wir als Apotheker sind hier die langjährigen Spezialisten und haben den Patienten mehr zu bieten als Software. Deshalb macht eine Kooperation, macht das ABDA/KBV-Modell Sinn!


Apothekerin Ellen Oetterer
ADEXA-Landesvorstand
Westfalen-Lippe



DAZ 2012, Nr. 8, S. 103

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