Fortbildungskongress

Rheumatiker in der Apotheke

Tipps für Medikationsmanagement und Betreuung

Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis erfordert eine lebenslange komplexe Kombinationstherapie und stellt besondere Anforderungen an den Apotheker. Was bei der Betreuung betroffener Patienten zu beachten ist, erläuterte Dr. Eric Martin aus Marktheidenfeld.

Dr. Eric Martin Foto: DAZ/du

Eine wichtige Aufgabe ist es, die Therapie zu erläutern und zu begleiten. In der Apotheke kann ein Monitoring über Neben- und Wechselwirkungen betrieben und in diesem Zusammenhang Compliance-fördernde Maßnahmen ergriffen werden. Bei der Betreuung eines Rheumatikers sollte sich der Apotheker zunächst einmal einen Überblick über die Medikation verschaffen, einen Einnahmeplan für den Patienten erstellen und eventuell einen Dispenser einrichten. Ist im Rahmen der Therapie ein Austausch wirkstoffgleicher Präparate notwendig, müssen diese gekennzeichnet werden.

Auf die Hände schauen

Martin betonte, dass es ganz wichtig sei, die Fertigkeiten des Patienten zu prüfen und einfach einmal auf die Hände zu schauen. Wird dabei klar, dass der Patient Schwierigkeiten hat, die Medikamente aus der Verpackung zu nehmen, müssen ihm Hilfen angeboten werden, beispielsweise in Form von Durchdrückhilfen oder durch Umkonfektionieren. Vermieden werden müssen das Teilen von Tabletten und nach Möglichkeit auch Präparatewechsel.

Flankierende Analgetika

Methotrexat oder andere Disease Modifying Antirheumatic Drugs (DMARDs) bilden die Basis der Therapie. Analgetika haben nur einen begrenzten Stellenwert. Bei NSAR sind vor allem das Blutungsrisiko, gastrointestinale Nebenwirkungen und Nierenfunktionseinschränkungen zu beachten. Gerade das gastrointestinale Blutungsrisiko kann durch Corticoide, SSRI oder Clopidogrel verstärkt werden. Auch Coxibe können die Nierenfunktion beeinträchtigen und wirken prothrombotisch, so dass der Vorteil niedrigdosierter Acetylsalicylsäure verloren gehen kann. Eine Kombination mit NSAR ist zu vermeiden. Sind Patienten mit einem Ulkus in der Anamnese auf ein Analgetikum angewiesen, sollte auf ein Coxib ausgewichen oder ein Protonenpumpeninhibitor begleitend zu dem NSAR gegeben werden.

Bereichernde Glucocorticoide

Glucocorticoide greifen in die Zytokin-Synthese ein, wirken stark antiphlogistisch und schwach immunmodulierend. Gefürchtete Nebenwirkungen wie Flüssigkeitsretention, Ödemneigung, Osteoporose, Frakturrisiko, Wachstumshemmung oder Gewichtszunahme sind abhängig von Dosis, Therapiedauer und Applikationsart. Weitgehend unproblematisch ist eine orale oder parenterale Low-Dose-Therapie oder Stoßtherapie. Die intraartikuläre Anwendung zur Kupierung eines lokalen Entzündungsschubs ist auf dreimal jährlich begrenzt.

Basistherapeutika und Biologicals

Wichtige Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen zu Basistherapeutika sind in der Tabelle wiedergegeben.


Tab. Medikationsmanagement bei Basistherapeutika [nach Martin, Pharmacon Davos]

Wirkstoff
UAW
Vorsichtsmaßnahmen, Monitoring
Methotrexat
GIT-UAW (Übelkeit, Erbrechen, orale Ulzerationen), Hepatotoxizität (Transaminasenanstieg, sehr selten Leberzirrhose), sehr selten Pneumonitis, Infektanfälligkeit, teratogen
nicht bei Leber- oder Niereninsuffizienz, Differenzialblutbild, Leber- und Nierenfunktionstests;
Kombination mit Folsäure; sichere Kontrazeption während Gabe und bis zu 12 () bzw. 6 ( ) Monate nach Absetzen
Fieber, Halsentzündung, Infektzeichen dem Arzt melden
Sulfasalazin
Myelosuppression (Leuko-, Neutro- oder Thrombopenie, sehr selten Agranulozytose), Überempfindlichkeitsreaktionen (Anaphylaxie, exfoliative Dermatitis etc.)
regelmäßig Differenzialblutbild (vor Beginn, für 3 Monate monatlich), Leberfunktionstests, Blutungen, Fieber, Halsentzündung, Malaise dem Arzt melden
Hydroxychloroquin
Hautausschläge, verschwommene Sicht,
Retinopathie
vor Therapieaufnahme normale Leber- und Nierenfunktion sicherstellen, Augenuntersuchung vor Therapiebeginn, bei Visusbeeinträchtigung zum Augenarzt
Leflunomid
Hepatotoxizität, Hypertonie, Teratogenität, CYP-2C9-Hemmstoff
engmaschige Leberfunktionskontrolle für
6 Monate,
Blutdruckmonitoring; sichere Kontrazeption während Gabe und bis zu 2 Jahre () bzw.
3 Monate () nach Absetzen
Ciclosporin A
Nephrotoxizität, Induktion einer Hypertonie
Nierenfunktion (Creatinin-Clearance) überwachen, RR-Monitoring

Wird das Therapieziel mit dem zunächst gewählten Basistherapeutika nicht erreicht, kann mit einem weiteren Basistherapeutikum kombiniert werden, dabei ist jedoch vor allem auf eine additive Hepatotoxizität zu achten. In einem weiteren Schritt können Biologicals eingesetzt werden. Hier stehen zunächst die TNF-alpha-Inhibitoren Infliximab (Remicade®) Adalimumab (Humira®), Golimumab (Simponi®) Certolizumab (Cimzia®) und Etanercept (Enbrel®) im Vordergrund. Sie können als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat oder anderen DMARDs eingesetzt werden. Infliximab muss infundiert werden, alle weiteren Vertreter werden subcutan injiziert. Neben TNF-alpha-Antikörper stehen mit Anakinra (Kineret®) ein Interleukin-1-Rezeptorantagonist, dem Interleukin-20-Antikörper Rituximab (MabThera®) und dem Fusionsprotein Abatacept ( Orencia®) weitere Biologicals zur Verfügung. Bei der Applikation muss mit Infusionsreaktionen oder Reaktionen an der Injektionsstelle gerechnet werden. Die Anti-TNF-alpha-Therapie geht mit einer erhöhten Tuberkulose-Inzidenz einher. Deshalb muss vor Therapiebeginn eine latente Tuberkulose ausgeschlossen werden.


du



DAZ 2012, Nr. 7, S. 70

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