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"Akademische Ausbildungsapotheke" im Dschungel des föderativen Apothekerkammersystems

Seit 2010 gibt es in Baden-Württemberg ein deutschlandweit einzigartiges Projekt zur Verbesserung der Ausbildung unseres Berufsnachwuchses: die Akkreditierung von Akademischen Ausbildungsapotheken. Außer Baden-Württemberg planen die Apothekerkammern Westfalen-Lippe und Hamburg ähnliche Projekte.

Eine Akkreditierung setzt hohe Anforderungen an die teilnehmenden Apotheken. Dazu gehören die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems, regelmäßige Rezepturherstellung sowie die Teilnahme an Ringversuchen des Zentrallabors der Deutschen Apotheker und Pseudo-Customer-Besuche. Der Apotheker muss außerdem eine Weiterbildung in Allgemeinpharmazie bzw. klinischer Pharmazie nachweisen können, über ein gültiges Fortbildungszertifikat verfügen sowie an einem Einführungskurs der Apothekerkammer teilnehmen.

Zum ersten Mal werden hier Apotheken nicht alle über einen Kamm geschoren, sondern ausschließlich aufgrund einer nachzuweisenden Qualität akkreditiert. Dabei sind die Anforderungen ungewöhnlich hoch. Lebenslange Approbation und eine einmal erteilte Betriebserlaubnis reichen hierfür nicht mehr.

Ein solcher anspruchsvoller Ansatz ist genau richtig. Es macht keinen Sinn, wenn beispielsweise der einzige Nutzen einer an sich vorbildlichen Weiterbildung in Geriatrischer Pharmazie darin besteht, auf der Internetseite einer Apothekerkammer aufgeführt zu werden. Für die Versorgung eines Altenheims ist diese sehr anspruchsvolle Weiterbildung in Geriatrischer Pharmazie nicht obligatorisch, wieso eigentlich nicht?

Warum können wir also jetzt nicht zufrieden sein? Weil unser föderatives System verhindert, dass ein solches System bundesweit eingeführt wird. Teilnehmen dürfen nur Apotheken aus den beteiligten Bundesländern bzw., noch kurioser, nur aus dem westfälisch-lippischen Teil von Nordrhein-Westfalen. Und was machen die anderen Apotheken?

Aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Apothekertags 2011 wird die Bundesapothekerkammer eine Arbeitsgruppe einberufen, die sich mit einer unbürokratischen, bundeseinheitlichen Umsetzung beschäftigen wird. Bis es zu einer Einigung in dieser Arbeitsgruppe kommen wird und bis alle Apothekerkammern ein solch anspruchsvolles System wie das in Baden-Württemberg umsetzen werden (wenn überhaupt), wird aber leider noch jede Kammer machen können, was sie will.

So wurde mir von einer nicht teilnehmenden Apothekerkammer mitgeteilt, dass diese Kammer kein Interesse an solchen "Leuchtturmprojekten" hätte, sondern Projekte nur dann unterstützen würde, wenn sie allen Apothekern im betreffenden Kammerbezirk nutzten.

Ein solcher Ansatz ist falsch, auch und gerade im Jahr 2 von AMNOG. Eine Senkung der Anforderungen an die öffentliche Apotheke wegen AMNOG wäre fatal. Sie würde unseren Kritikern voll in die Hände spielen. Drogerieketten, Verfechter von Apothekenketten und andere Player im Markt warten nur darauf, dass die inhabergeführte öffentliche Apotheke aus rein ökonomischen Gründen Abstriche in ihrer Qualität macht. Diesen Gefallen dürfen wir diesen Marktteilnehmern nicht tun.

AMNOG darf nicht dazu führen, dass die inhabergeführte öffentliche Apotheke ausschließlich zur reinen Abverkaufszone für eine möglichst hohe Anzahl von Packungen wird. Neben einer hochwertigen Ausbildung unserer jungen Kolleginnen und Kollegen im praktischen Jahr brauchen wir endlich eine Differenzierung der öffentlichen Apotheken nach Qualitätsstandards – und zwar auch in der Honorierung.

Hoffen wir daher, dass die Arbeitsgruppe der Bundesapothekerkammer im Interesse unseres Berufsnachwuchses – aber auch im Interesse der inhabergeführten öffentlichen Apotheke – sehr schnell zu einem Ergebnis kommen wird.


Jochen Pfeifer

Apotheker Jochen Pfeifer ist Inhaber der Adler-Apotheke in Velbert. Er ist Doctor of Pharmacy (PharmD) und hat einen amerikanischen Abschluss in Pharmazie der University of Florida. Er ist zudem Clinical Assistant Professor, Professional Education, College of Pharmacy, University of Minnesota.



DAZ 2012, Nr. 6, S. 40

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