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Erneute Ausschreibungen

Keine einigung zwischen GKV und Apothekerverband in Schleswig-Holstein bei Grippeimpfstoffen

KIEL (ks). Die gesetzlichen Krankenkassen in Schleswig-Holstein schreiben die Beschaffung von Grippeimpfstoffen für die Impfsaison 2013/14 erneut aus. Hierfür entschieden sich die Kassen, nachdem sie ein vom Apothekerverband SchleswigHolstein vorgelegtes Angebot über eine Festpreisvereinbarung geprüft haben. Es habe zwar eine Annäherung stattgefunden, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung von Krankenkassen und Apotheker, eine Verständigung sei aber letztlich nicht möglich gewesen.

Angesichts der schlechten Erfahrungen in der laufenden Saison gab es seitens der Kassen Bemühungen, mit den Apothekern eine Regelung zu finden. Dass diese nun scheiterten, habe seine Ursache in den unterschiedlichen Bewertungen der Chancen und Risiken am Arzneimittelmarkt, verkündeten am 7. Dezember beide Seiten.

"Wir haben vollstes Verständnis für die Apotheker, die eine sorgfältige Risikoabschätzung aus ihrer Sicht vorgenommen haben. Auch die Krankenkassen haben sich gegenüber einem Ausschreibungsergebnis deutlich auf die Apotheker zubewegt", erklärte Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest. Dennoch: Am Ende lag für die Kassen das Ergebnis gegenüber den am Markt erzielbaren Preisen zu weit auseinander. Auch Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, äußerte sein Bedauern, dass es zu keiner Einigung gekommen ist. "Wir mussten erkennen, dass wir mit unserem Vertragspreismodell nicht in jene Preisbereiche vordringen können, die die Krankenkassen erwartet haben."

Neue Ausschreibung soll präziser erfolgen

Dennoch wollten die Kassen wohl ein Stück weit aus dem Impfstoff-Disaster der laufenden Saison gelernt haben: Die aktuelle Ausschreibung präzisiere die vertraglichen Vorgaben und Abläufe der Impfstoffversorgung, sodass künftig Probleme bei der Auslieferung durch die Pharmaindustrie ausgeschlossen werden könnten. Weiter heißt es, Krankenkassen und Apothekerverband seien sich einig, dass die Apotheken vor Ort eine wichtige Rolle für die Sicherstellung der Impfstoffversorgung in Schleswig-Holstein spielen. Deshalb werde die Verteilung in der kommenden Saison in enger Abstimmung zwischen Krankenkassen, Ärzten und Apotheken sowie dem Impfstoffhersteller organisiert.


Pro Generika: Grenze erreicht


Der Branchenverband Pro Generika appelliert angesichts der neuen Ausschreibungen für Grippeimpfstoffe an die Kassen, Konsequenzen zu ziehen: "Es ist nach den Erfahrungen dieses Jahres nicht nachzuvollziehen, dass die Krankenkassen weiterhin darauf setzen, auch bei Grippeimpfstoffen möglichst niedrige Preise durch Rabattverträge erzielen zu wollen", sagte Pro Generika-Geschäftsführer, Bork Bretthauer.

Die Engpässe in diesem Jahr, die durch Lieferprobleme eines großen Vertragspartners entstanden seien, hätten gezeigt, dass Rabattverträge zum Versorgungsproblem werden können. Bretthauer kritisiert, dass dies offenbar dennoch nicht zu einem Meinungswechsel bei den Kassen geführt habe. Sowohl die Barmer-GEK – federführend für die Krankenkassen in Sachsen-Anhalt – als auch die AOK Plus schrieben bereits neue Rabattverträge für die kommende Grippesaison aus. In Baden-Württemberg erteilte die AOK bereits im Auftrag aller gesetzlichen Krankenkassen Zuschläge für die nächsten zwei Jahre.

Sollten die Krankenkassen anderer Bundesländer – wie nun in Schleswig-Holstein, Hamburg, Westfalen-Lippe und Nordrhein bereits der Fall – dem Beispiel von AOK, Barmer-GEK und AOK Plus folgen, wird sich die Gefahr der Unterversorgung nach Auffassung Bretthauers noch weiter verstärken. Denn je mehr Gebiete durch Rabattverträge geregelt seien, desto störanfälliger werde die Versorgung der Versicherten. Sein Appell daher: "Spätestens bei komplexen biologischen Arzneimitteln haben Rabattverträge ihre Grenzen erreicht." Nachhaltigen Wettbewerb und Versorgungssicherheit gebe es nur bei einer Vielfalt der Anbieter.

NRW mit im Boot

Diesmal erfolgt die Ausschreibung für vier Gebietslose: Schleswig-Holstein, Hamburg, Westfalen-Lippe und Nordrhein. Über drei Millionen Impfdosen sind hier gefordert. In Gang gesetzt wurde die Ausschreibung bereits letzten Freitag.

Indessen hat sich die aktuelle Liefersituation in Schleswig-Holstein nach Angaben der Kassen und des Apothekerverbandes entspannt. Letzte Woche wurden die letzten der insgesamt 400.000 Impfdosen für Schleswig-Holstein verfügbar. Novartis, der Ausschreibungsgewinner, blieb allerdings bis zum Schluss ein Ausfall. Auch in Bayern – wo die GKV-Versicherten ebenfalls von Novartis mit Grippeimpfstoffen versorgt werden sollten – ist die Situation mittlerweile entspannter. Wer jetzt noch geimpft werden will, wird entsprechend versorgt. Noch ist keine Grippewelle über Deutschland eingebrochen. Eines dürfte aber sicher sein: Der ganze Trubel um die Vakzine dürfte in dieser Saison nicht dazu beigetragen haben, gesteckte Impfziele zu erreichen.



DAZ 2012, Nr. 50, S. 24

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