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Europaweit vernetzt

LONDON (wes). Der Stuttgarter Gesundheitskonzern Celesio will seine europäischen Apotheken fit machen für den Kampf gegen Drogeriemärkte und Supermarktketten. Im englischen Bicester wurde nun die erste Lloyds-Apotheke eingeweiht, die das neue Apothekenkonzept umsetzt, das alle Celesio-Apotheken in einem europäischen Apothekennetzwerk zusammenfassen soll. Noch im Dezember sollen weitere Apotheken in England und Italien folgen. Mit dem neuen Konzept wolle man endgültig weg vom "Billigheimer-Image", so Celesio-Sprecher Rainer Berghausen. Wann welche Teile des Konzepts in Deutschland umgesetzt werden, ist noch unklar.
Die Haut im Fokus Das neue Apothekenkonzept von Celesio will sich mit seinen Lloyds-Apotheken künftig auf die beiden Indikationen Haut und Schmerz konzentrieren. Ersteres sieht man sofort, wenn man die Pilot-Filiale im britischen Bicester nahe London betritt. Foto: Celesio

In dem neuen Konzept sollen die konzerneigenen Apotheken, beispielsweise in England und Irland, mit von Celesio betriebenen Apotheken wie in Italien und selbstständigen Apotheken in Kooperationen wie in Deutschland vernetzt werden. Kernstück des Konzepts bildet – neben einem modernen und freundlichen Ladenbaukonzept – die Konzentration auf die Indikationen Schmerz und Hautprobleme. Eine europaweite Befragung habe ergeben, dass dies die beiden Hauptprobleme von Apothekenkunden seien. Hier sollen die teilnehmenden Apotheken mit speziellen Angeboten und besonderer Qualifikation der Mitarbeiter glänzen.

In der neuen Vorzeige-Lloyds-Apotheke im englischen Bicester ist diese Spezialisierung auf den ersten Blick zu sehen. Ein "Pain Control Center" fasst alle OTC-Analgetika und andere Produkte wie Wärmepflaster oder Massagegeräte zusammen. Das speziell geschulte Apothekenpersonal erfasst mithilfe eines Schmerz-Assessments, wie sehr der Schmerz den Patienten beeinträchtigt und wie oft Nebenwirkungen der Analgetika aufgetreten sind. Diese Befragung wird nach einer vorher festgelegten Zeit wiederholt, um den Erfolg der Therapie zu messen. Bei Bedarf arbeitet die Apotheke mit Schmerz-Experten zusammen, die auch in regelmäßigen Abständen für Informationsveranstaltungen ("Pain Clinic") in die Apotheke kommen.

Auch der zweite Schwerpunkt problematische Haut ist in der Offizin deutlich sichtbar. Unter dem Motto "Haut ohne Kompromisse" nimmt die pflegende Kosmetik – wie in vielen deutschen Apotheken – einen Großteil der Regalfläche in Beschlag. An einem Hautscanner misst das Personal Wassergehalt, Talgproduktion und weitere Parameter der Haut. Mit der "maßgeschneiderten" Beratung und exklusiven Produkten will sich Lloyds von der Konkurrenz der Drogerie- und Supermärkte abgrenzen.

Moderne Technologien

Die Offizin wird dominiert von der sogenannten Gesundheits-Bar. Hier können sich die Kunden setzen und sich auf Tablet-PCs über Gesundheitsfragen und die Produkte informieren. Um individuell betreut zu werden, kann sich der Kunde an den Tablet-PCs mit seiner Kundenkarte und einem Passwort anmelden. Auch Termine mit Spezialisten kann er hier verabreden oder verschiedene Gesundheitstests machen. Das System ist Internet-basiert, so dass gewährleistet ist, dass der Kunde an allen Terminals und auf der Webseite von Lloyds stets die gleichen Informationen erhält.

Zwar präsentiert die Apotheke jede Woche ein "Angebot der Woche", das mit 40 Prozent Rabatt angeboten wird. Ansonsten sollen sich die Lloyds-Apotheken aber nicht über den Preis, sondern "durch Beratungskompetenz, qualifiziertes Personal, Einsatz neuester Technologien und ein qualitativ hochwertiges Produktangebot" von der Konkurrenz abheben, so Celesio-Vorstand Stephan Borchert.

Ein großer Vorteil eines europaweiten Netzwerks von Apotheken sei, dass es ein Innovations- und Exzellenz-Netzwerk sei, sagte Borchert. Die Mitgliedschaft könne den unabhängigen, inhabergeführten Apotheken wichtige Wettbewerbsvorteile bieten. Zum einen könnten sich Apotheken durch die Übernahme von Ideen und Konzepten, die in anderen Ländern gut funktionieren, neu positionieren. So plane Celesio gerade, ein englisches Betreuungsangebot für Asthmatiker in Frankreich einzuführen. Das in Irland schon gut etablierte Patienten-individuelle Verblistern unter dem Namen MyMed soll demnächst auch in England eingeführt werden. Mindestens genauso wichtig seien aber die so genannten Economies of Scale. Durch die Größe des Netzwerks und die Anzahl der Mitgliedsapotheken werde das Netzwerk ein gefragter Partner der Industrie – sowohl bei Marketing und Verkaufsförderung als auch bei Einkaufskonditionen.

"Effizienz-Werkzeuge"

Nicht nur bei Einkauf und Marketing, auch bei der Betriebsführung soll das neue Konzept die Apotheker unterstützen. Ein Software-Modul soll die Apotheker bei der Optimierung von Lagerhaltung und Bestellverhalten unterstützen. Ziel seien weniger Defekte und weniger Großhandelstouren mit größeren Packungsmengen pro Lieferung.

"Wir versorgen die Apotheken mit Effizienz-Werkzeugen", so Celesio-Vorstand Borchert. "Wir glauben, dass der Weg weg vom reinen Dispensieren und hin zu Beratung, Dienstleistung und Service geht." Das europäische Apothekennetzwerk stelle eine der Säulen der neuen Celesio-Strategie dar, die eine Konzentration auf das Kerngeschäft Apotheke vorsieht. "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserem neuen Konzept die Rolle der Apotheken und der Apotheker in den europäischen Gesundheitssystemen grundlegend stärken." Celesio wolle Lloyds zur führenden Apothekenmarke in Europa machen.

Deutschland-Start ungewiss

Noch im Laufe des Dezembers sollen drei weitere Lloyds-Apotheken nach dem neuen Konzept eröffnet werden, eine in England, zwei in Italien. Nach einer drei- bis sechsmonatigen Testphase wolle man dann das Konzept bis Ende 2014 auf alle Länder, in denen Celesio Apotheken betreibt oder Apothekenkooperationen anbietet, ausdehnen. Die Marke Lloyds soll dabei als Dachmarke funktionieren, wobei der Name Lloyds mit dem Begriff Apotheke in der jeweiligen Landessprache kombiniert werde.

Wann und in welchem Ausmaß das Konzept nach Deutschland kommt, scheint auch intern noch nicht vollständig geklärt zu sein. Celesio-Vorstand Borchert erklärte bei der Präsentation am Nikolaustag, der Name Lloyds werde vorerst nur den konzerneigenen Apotheken verliehen. Fast zeitgleich informierte jedoch die DocMorris-Kooperationszentrale ihre sogenannten Markenpartner, ihnen biete sich "selbstverständlich" die Möglichkeit, zur Lloyds-Apotheke zu werden. Nach einer Klarstellung, dass es vorerst keine Lloyds-Apotheken in Deutschland geben werde und man vor der Einführung des neuen Konzepts in Deutschland zuerst die Ergebnisse der Pilotphase abwarten wolle, bot man den bisherigen DocMorris-Franchise-Apotheken auf einem Treffen in Frankfurt/M. am gestrigen Mittwoch doch an, in naher Zukunft die Dachmarke Lloyds nutzen zu können.

Nähere Einzelheiten zur Einführung des Konzeptes in Deutschland wollte Celesio nicht nennen. Das Konzept sei modular aufgebaut, man müsse die Testphase abwarten um zu sehen, welche Module sich für die spezifischen deutschen Bedingungen eigneten. Dafür benötige man Zeit. "Im ersten Quartal 2013 wird der Name Lloyds noch nicht in Deutschland zu sehen sein", erklärte Celesio-Sprecher Rainer Berghausen gegenüber der DAZ.



DAZ 2012, Nr. 50, S. 34

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