Arzneimittel und Therapie

Erfolgreiche Sturzprophylaxe

Jedes Jahr stürzen rund 30% der über 65-Jährigen, oft mit fatalen Folgen. Viele Maßnahmen werden zur Sturzprophylaxe angeboten und um die Anzahl fallbedingter Knochenbrüche zu reduzieren. Wie effektiv die unterschiedlichen Herangehensweisen wirklich sind, untersuchte ein Cochrane-Review für den ambulanten Bereich. Das Ergebnis: Körperliche Aktivität im Alter ist ein entscheidender Faktor.
Das Sturzrisiko Älterer kann mit einfachen Mitteln reduziert werden. Am erfolgreichsten ist die Kombination mehrerer Maßnahmen wie etwa muskuläre Kräftigung und Koordinationstraining sowie Kraft- und Ausdauertraining. Empfehlenswert ist ein spezielles Balance- undKrafttraining für die Beinmuskelgruppen.Selbst einfache Vorkehrungen wie das Tragen rutschfester Sohlen können helfen, Stürze zu vermeiden.  Foto: Printemps – Fotolia.com

In dem Cochrane-Review wurden randomisierte Studien zur Sturzprophylaxe bei älteren Menschen im Rahmen einer Metaanalyse untersucht, die Daten wurden gepoolt und bewertet. Dabei wurde die Häufigkeit der Stürze in den Interventions- und Kontrollgruppen je Personenjahr miteinander verglichen. Das Fallrisiko wurde individuell für die jeweiligen Gruppen ermittelt. Insgesamt konnten die Daten von mehr als 79.000 Teilnehmern aus 159 Studien erfasst werden. In 59 Studien wurde allein ein Bewegungsprogramm als Intervention und in weiteren 40 Studien ein Programm durchgeführt, das mehrere Ansätze miteinander verknüpfte. Auch wenn ein leichter Bias (Nichteinhalten des Protokolls und vorzeitiges Ausscheiden von Teilnehmern) bei den meisten der Studien festzustellen war, erlauben die Ergebnisse eine Beurteilung der Effektivität verschiedener Sturzpräventionsansätze.

Bewegung, Sehhilfe und Arzneimittel

Sowohl Bewegungsprogramme in Gruppen als auch im häuslichen Umfeld senken das Sturzrisiko und die Zahl der Stürze. Zu diesen Übungsprogrammen zählen zum Beispiel Balance- und Gehtraining, funktionelles Training sowie Kraft- und Fitnesstraining. Dabei war es egal, ob die Senioren zu Hause allein oder in der Gruppe geübt hatten. Das Sturzrisiko und die Sturzrate konnten signifikant gesenkt werden, indem verschiedene Elemente kombiniert wurden. Schon die Teilnahme an einer Tai-Chi-Gruppe wirkte sich auch als Einzelmaßnahme sturzpräventiv aus, auch wenn die Anzahl der Stürze durch Tai Chi nicht signifikant verringert werden konnte. Spezifische Angebote kombiniert mit einem Sturzassessment reduzierten lediglich die Anzahl an Stürzen (Sturzrate = Stürze pro Person und Jahr), zeigten aber keinen positiven Effekt hinsichtlich des Sturzrisikos (= Verhältnis der gestürzten Personen in den Vergleichsgruppen). Keinen Effekt hatten die Gabe von Vitamin D oder eine reine Wissensvermittlung zur Sturzvermeidung. Wurden jedoch Maßnahmen zur Lebensumfeldgestaltung, insbesondere durch qualifiziertes Personal bei besonders sturzgefährdeten oder stark sehbehinderten Patienten durchgeführt, so reduzierten sich Sturzzahl und -risiko. Auch Maßnahmen, die die Sehprobleme der Patienten in den Fokus nahmen, führten zu geringeren Fallzahlen – hierbei ist interessant, dass beim Wechsel von multifokalen auf einfache Linsen vor allem diejenigen bei Aktivitäten außerhalb des Hauses profitierten, die regelmäßig auch vor dem Brillenwechsel häufig außer Haus unterwegs waren. In der Gruppe der "Stubenhocker" stieg sogar nach dem Brillenwechsel bei den gelegentlich stattfindenden Aktivitäten außerhalb des Hauses die Zahl der Stürze. Bei Kataraktoperationen reichte bereits die Behandlung von einem Auge aus, um positive Auswirkungen festzustellen, während die Operation des zweiten Auges keine Besserung nach sich zog. Spezielle Schuhe, die das Ausgleiten auf Eis reduzieren, führten ebenfalls zu einer Reduktion der Stürze. Nur vier der einbezogenen Studien beschäftigten sich mit dem Einfluss der Medikation auf das Sturzgeschehen. Da zahlreiche Arzneimittel das Sturzrisiko wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen wie Schwindel, Muskelrelaxation oder ähnlichem erhöhen, reduzierte sich erwartungsgemäß bei einer entsprechenden Anpassung die Häufigkeit der Stürze. Auch das schrittweise Absetzen bzw. langsame Dosisreduzierung psychotroper Medikamente konnte die Sturzrate senken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele Ansätze zu einer Verringerung der Stürze, einige auch zur Reduktion des Sturzrisikos beitragen. Bewegungsprogramme zeigen insgesamt einen positiven Effekt.


Quelle

Gillespie, L. D. et al.: Interventions for preventing falls in older people living in the community. Cochrane Collaboration (2012) 9.


Apothekerin Dr. Constanze Schäfer



DAZ 2012, Nr. 49, S. 47

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