Aus der Hochschule

Instrumentelle Analytik

Vor der Jahrestagung der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft 2012 in Greifswald veranstaltete die DPhG-Fachgruppe Arzneimittelkontrolle/Pharmazeutische Analytik am 10. Oktober ein Vorsymposium über "Spezielle instrumentelle Techniken für die Pharmazeutische Analytik". Auf der von den Vorsitzenden der Fachgruppe, Prof. Dr. Hermann Wätzig und PD Dr. Klaus Raith, organisierten Tagung kamen u. a. die NMR-Spektroskopie von Proteinen, die NIRS und die Chemilumineszenz zur Sprache.

NIRS – auch in der Apotheke?

Im ersten Vortrag warf Prof. Dr. Andreas Link, Greifswald, die Frage auf, ob die Nahinfrarotspektroskopie inzwischen reif und auch bezahlbar für den Einsatz in öffentlichen Apotheken sei. Er skizzierte den "Werdegang" der NIRS und erwähnte auch günstige Geräte (12.000 Euro), die allerdings nur den Messbereich zwischen 1000 und 1900 nm abdecken, während Geräte, die Spektren bis 2500 nm aufnehmen, wesentlich teurer sind.

Ein großer Vorteil der NIRS ist die minutenschnelle Routineanalytik mit einer nicht destruktiven Messung, die auch keine besondere Probenvorbereitung erfordert. Dies demonstrierte Link während des Vortrags mit einer NIRS-Messung von Pfefferminzblättern. Außer Teedrogen können auch Wirkstoffe direkt vermessen werden. Durch die deutliche Zeitersparnis bei der Prüfung der Ausgangsstoffe ist davon auszugehen, dass die Kosten der NIRS sich mittelfristig amortisieren. Etwas abschreckend ist die chemometrische Auswertung, die aber laut Link relativ einfach zu handhaben ist, wenn man eine vom Hersteller zur Verfügung gestellte Referenzbibliothek nutzt.

Die anwesenden Behördenvertreter begrüßten einhellig die Initiative zum Einsatz der NIRS, da sie eine erhebliche Verbesserung gegenüber der heute in der Apotheke üblichen Eingangskontrolle darstellt. Allerdings müssen Validierungsunterlagen vorgewiesen werden können, die üblicherweise der Hersteller zur Verfügung stellt.

Prof. Dr. Karsten Mäder, Halle, berichtete über seine Erfahrungen mit der Elektronenspinresonanzspektroskopie, besonders im pharmazeutischen Bereich. Im Gegensatz zur NMR-Spektroskopie wird bei dieser Technik der Elektronenspin gemessen; hierfür sensitiv sind Substanzen mit ungepaarten Elektronen. Durch Verwendung von sog. Spinsonden, Substanzen mit ungepaarten Elektronen, ist die Technik vielseitig einsetzbar, um physikochemische Eigenschaften auf molekularer Ebene zu untersuchen.

Wie sich Arzneiformen im Gastrointestinaltrakt in Echtzeit verfolgen lassen, zeigte Prof. Dr. Werner Weitschies, Greifswald, mit interessanten Aufnahmen. Hierfür verwendete er als bildgebende Techniken das Magnetic Resonance Imaging (MRI) und das Magnetic Marker Monitoring (MMM). Mithilfe stärkerer Magnete und eines sensitiveren Equipment, das sehr kleine Magnetfelder misst, optimierte er die Methoden.

Fälschungen auf der Spur

Vonseiten der amtlichen Arzneimitteluntersuchungsstellen (engl. Official Medicines Control Laboratories, OMCL) waren Referenten aus Deutschland, Polen und Schweden vertreten. Die OMCL beschäftigt zunehmend die Frage, wie dem Problem der illegalen Arzneimittel analytisch beizukommen ist. Der Leiter des Schwedischen OMCL, Dr. Torbjörn Arvidsson, legte dabei den Schwerpunkt auf die NMR-Spektroskopie, weil sie besonders geeignet ist, Strukturen unbekannter Substanzen aufzuklären und auch zu quantifizieren. Weiter beschrieb er den Einsatz massenspektrometrischer Methoden sowie den Abgleich mit Datenbanken.

Die Quantifizierung mittels HPLC versagt, wenn für illegale Substanzen kein Referenzstandard zur Verfügung steht. Benötigt wird daher ein Detektionsverfahren, das eine sichere Quantifizierung auch ohne Standard ermöglicht. Dr. Agata Błazewicz vom polnischen Arzneimittelinstitut in Warschau stellte diesbezüglich den Charged Aerosol Detector vor, und Dr. Christian Langfermann vom Arzneimitteluntersuchungsinstitut-Nord in Bremen präsentierte die Chemilumineszenzdetektion bei stickstoffhaltigen Verbindungen.

Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Würzburg, referierte über die neuesten Erkenntnisse zu Arzneimittelfälschungen weltweit und betonte, dass Arzneimittel mit 24% an erster Stelle der vom Zoll beschlagnahmten Güter stehen (Stand: Juni 2012). Ein Fall, der dieses Jahr viel Aufsehen erregt hat, waren wirkstofffreie Fälschungen des Zytostatikums Avastin (Bevacizumab), die in mehreren Arztpraxen und Kliniken in Kalifornien zum Einsatz kamen. Die importierten Präparate waren zu einem günstigen Preis angeboten worden. Wegen der vielen Zwischenhändler war es unmöglich, ihre Herkunft aufzuklären.

NMR-Spektroskopie und MS

Über die NMR-Spektroskopie in der Proteinanalytik referierte Prof. Dr. Christiane Ritter, Braunschweig. Die Technik kann auch für nicht kristallisierbare Proteine wie intrinsisch unstrukturierte Proteine oder auch für Membran- oder Faserproteine wie Amyloide eingesetzt werden. Neben der multidimensionalen NMR ist auch die Festkörper-NMR einsetzbar, allerdings nur, wenn die Proteine Partikel bilden, die groß genug sind, dass sie z. B. in einer Ultrazentrifuge pelletierbar sind. Zur Vereinfachung überfüllter Spektren und zur Identifizierung der Quartärstruktur von Proteinen dient die segmentelle Isotopenmarkierung mittels Protein trans-Splicing, die zu sehr guten Signalen führt.

Dr. Andrea Heinz, Halle, referierte über die MALDI-TOF/TOF-Massenspektrometrie zur Charakterisierung der Quervernetzungen von Elastin, einem hydrophoben Strukturprotein im menschlichen Organismus. Elastin ist je nach Gewebe unterschiedlich strukturiert.

Neues bei der HPLC

Neue, innovative Säulenmaterialien zum Einsatz in der Flüssigchromatografie stellte Prof. Dr. Michael Lämmerhofer, Tübingen, vor; er plädierte dafür, neben den bekannten Umkehrphasen auch Materialien mit anderer Selektivität einzusetzen, um Trennprobleme zu lösen. Die meisten neuartigen Materialien sind sogenannte "mixed-mode Phasen", die verschiedene Trennmechanismen kombinieren, insbesondere die Ionenaustausch- mit der RP-Chromatografie, was die Selektivität deutlich steigert. Es wurden auch spezielle stationäre Phasen zur Peptid- und Plasmid-DNA-Analytik entwickelt, die der Agarose- und Kapillargelelektrophorese ebenbürtig sind.

Wie schon in den Vorjahren regten die Vorträge zu spannenden Diskussionen und intensivem fachlichen Austausch an.

Die Organisatoren danken den Firmen AZ Biopharm, A&M Stabtest, Bene Arzneimittel und Schaper & Brümmer sowie der Fraunhofer-Gesellschaft für die Unterstützung.

Internet


Die Vortragsfolien werden auf der Internetseite der Fachgruppe zugänglich gemacht:

www.pharmchem.tu-bs.de/forschung/waetzig/#veranstaltungen


Sandra Grotefend und Hermann Wätzig, Braunschweig, Klaus Raith, Magdeburg



DAZ 2012, Nr. 48, S. 79

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