DAZ aktuell

Ausgezahlt wird nicht

Sozialgericht befasst sich mit Importquotenregelung im Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung

BERLIN (ks). Ein Apotheker hat keinen Anspruch auf Auszahlung einer Gutschrift, die ihm die Übererfüllung der Importquote eingebracht hat. Die entsprechende Gutschriftenregelung im Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V solle allein Schwankungen im Verkaufsvolumen importierter Arzneimittel kompensieren und vermeiden, dass eine Nichterfüllung der Quote in nachfolgenden Quartalen zu Kürzungen führt. Dies entschied kürzlich das Sozialgericht Berlin und wies damit die Klage eines Apothekers gegen eine Krankenkasse ab. (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 26. Oktober 2012, Az.: S 81 KR 2039/11 – nicht rechtskräftig)

Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages zur Arzneimittelversorgung verpflichtet, preisgünstige importierte Arzneimitteln abzugeben. § 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB V macht dabei Vorgaben, wann ein solcher Import als preisgünstig gilt. Genaueres regelt der Rahmenvertrag in § 5. So ist dort etwa normiert, dass Apotheken eine Importquote von 5 Prozent erfüllen müssen. § 5 Abs. 4 enthält zudem Regelungen zur Vergütungskürzung bei Schlechterfüllung der Importquote und zu Gutschriften bei Übererfüllung.

Im nun entschiedenen Fall hatte der Apotheker bei der beklagten Kasse eine Gutschrift gemäß § 5 Abs. 4 des Rahmenvertrages in Höhe von 6501,80 Euro angehäuft. Dies war zwischen den Beteiligten unstreitig. Als der Apotheker seine Apotheke veräußerte, forderte er von der Kasse die Auszahlung der Gutschrift. Dies lehnte die Krankenkasse ab. Daraufhin erhob der Apotheker Klage vor dem Sozialgericht Berlin – er blieb dort jedoch erfolglos.

Gutschrift im Sinne eines Positivsaldos

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Auszahlung der verbliebenen Gutschrift nach § 5 Abs. 4 S. 3 des Rahmenvertrages, so das Gericht. Die Regelung sehe die Auszahlung einer Gutschrift nicht vor. Während die Vertragsparteien bei Schlechterfüllung der vereinbarten Importquote in § 5 Abs. 4 S. 1 des Rahmenvertrages eine Kürzung des Vergütungsanspruchs geregelt haben, vereinbarten sie für den Fall der Übererfüllung in § 5 Abs. 4 S. 3 (lediglich) eine Gutschrift im Sinne eines Positivsaldos. Dieses Saldo soll nach der Vereinbarung lediglich auf etwaige Kürzungsbeträge nach Satz 1 angerechnet werden. Für den Fall des Verbleibens einer Gutschrift zum Ende eines Kalenderjahres ist zudem eine Übertragung in das Folgejahr vorgesehen. Nicht geregelt ist nach dem Wortlaut des Vertrages eine Auszahlung der Gutschrift bei Schließung oder Verkauf der Apotheke. Ebenso wenig, wie zu verfahren ist, wenn die Gutschrift besonders hoch anwächst.

Gericht sieht keine Regelungslücke

Eine Regelungslücke – wie sie der Kläger behauptet – kann das Gericht jedoch nicht erkennen. Es ist nach Auslegung des Rahmenvertrags der Auffassung, dass eine Kapitalisierung der Gutschrift durch die Vertragsparteien nicht gewollt war und daher auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Auszahlungsanspruch besteht. Die Vertragsparteien des Rahmenvertrages hätten den Fall der Schließung oder des Verkaufs der Apotheke durchaus gesehen, heißt es im Urteil. So wurde in § 5 Abs. 4 S. 2 vereinbart, dass in diesem Fall für die Bestimmung der Quotenerfüllung nicht die Quartalszahlen, sondern der letzte Abrechnungsmonat maßgeblich ist. Diese ausdrückliche Regelung spreche dafür, dass weitergehende Ansprüche bei Schließung oder Verkauf der Apotheke nicht geregelt werden sollten.

Kein Entgegenkommen, sondern Pflichterfüllung

Zudem ist das Gericht überzeugt, dass die Vergütungskürzung bei Nicht-Erreichen der Importquote nicht denknotwendig ein Verdienstpotenzial bei Übererfüllung begründet. Denn nach § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V habe der Gesetzgeber die Apotheker zur Abgabe von preisgünstigen Importarzneimitteln verpflichtet, um Einsparungen im Gesundheitswesen zu erreichen. Dass die Vergütung des Apothekers bei Nichterfüllung der gesetzlichen Pflicht gekürzt werden könne, stelle eine Sanktion dar und diene der Verhaltenssteuerung der Apotheker. "Die Erfüllung der Importquote stellt somit kein Entgegenkommen der Apotheker, sondern ihre gesetzliche Pflicht dar", heißt es im Urteil. Die Vertragsparteien hätten sich daher zur Erfüllung der gesetzgeberischen Vorgaben sogar darauf beschränken können, die Kürzung bei Schlechterfüllung zu regeln.

Die Gutschriftenregelung in § 5 Abs. 4 des Rahmenvertrages sei mithin allein eine Regelung zur Kompensation bei Schwankungen im Verkaufsvolumen importierter Arzneimittel. Damit gehe einher, dass die Gutschrift bei einer dauerhaften Übererfüllung der Importquote immer weiter anwachse – ein Vergütungsanspruch des Apothekers bestehe jedoch nicht. "Ein solcher ist auch nicht geboten, da die Apotheker bei (Über-)Erfüllung der Importquote die ihnen vertraglich zustehende Vergütung in voller Höhe erhalten", konstatiert das Gericht.



DAZ 2012, Nr. 47, S. 22

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