DAZ aktuell

20 Jahre FAH

Übergreifende Forschungen der Arzneimittelhersteller

BONN (cae). Im Jahr 1992 gründeten 15 meist kleinere Firmen der Pharmabranche die Forschungsvereinigung der Arzneimittel-Hersteller (FAH), um Innovationen zu fördern und für entsprechende Forschungsvorhaben öffentliche Gelder zu generieren. Seither hat die FAH mehr als 70 Projekte betreut. Dies war Anlass, am 8. November in Bonn Rückschau auf das Erreichte zu halten und laufende Projekte vorzustellen.

Dr. Stefan Wissel, Dr. Martin Tegtmeier, Dr. Barbara Steinhoff, Yvonne Proppert, Prof. Dr. Jörg Breitkreutz, Dr. Birgit Grohs und Dr. Frank Malz (von links). Foto: DAZ/cae

Die FAH-Vorsitzende Yvonne Proppert, die ihr Amt bereits seit der Gründung der FAH ausübt, schilderte, wie bei persönlichen Kontakten von industriellen Arzneimittelherstellern mit dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik in Quakenbrück die Idee geboren wurde, eine Forschungsvereinigung zu gründen, was dann auch Anfang 1992 geschah. Die Arzneimittelhersteller waren im Vergleich zu anderen Branchen Nachzügler, denn bereits im Jahr 1954 gab es so viele Forschungsvereinigungen, dass sie einen Dachverband gründeten: die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF). Auch die FAH trat der AiF bei, und im Juni 2012 wurde Proppert zur AiF-Präsidentin gewählt. Sie berichtete, dass die Bundesregierung die bewilligten Forschungsvorhaben der AiF-Mitglieder jährlich mit 135 Millionen Euro unterstützt.

Dr. Barbara Steinhoff, Geschäftsführerin der FAH, hielt Rückschau auf zwei Jahrzehnte Forschungskoordination durch die FAH. Das allererste Projekt betraf die "Entwicklung eines kontinuierlichen hydrothermischen Entkeimungsverfahrens für Arzneipflanzen". 1997 verlegte die FAH ihre Geschäftsstelle von Quakenbrück nach Sinzig und errichtete dort das Zentralinstitut Arzneimittelforschung (ZA) als GmbH; seit 2008 hat die FAH ihren Sitz in Bonn-Bad Godesberg. Ihr gehören heute rund 65 Firmen an, die davon profitieren, dass die FAH "firmenübergreifende, vorwettbewerbliche" Forschungen koordiniert und unterstützt und den Firmen die Ergebnisse dieser Forschungen vermittelt.

Prof. Dr. Jörg Breitkreutz, Universität Düsseldorf, sprach über "elektronische Zungen" und ihren Einsatz bei der Entwicklung neuer Arzneimittel sowie bei der routinemäßigen Qualitätssicherung und -kontrolle. Diese Geschmackstester wurden zuerst für Lebensmittel entwickelt, und zwar in Frankreich für Rotwein und in Japan für frischen Fisch (sushi). Ihre potentiometrischen Sensoren wandeln Geschmacksempfindungen in elektrische Potenzialsprünge im mV-Bereich um. So entstehen Signalmuster, die jeweils einem bestimmten Geschmack entsprechen.

Dr. Frank Malz vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit in Darmstadt referierte über die Fortschritte der 1 H-NMR in der quantitativen Analytik. So ist es mittlerweile möglich, mit dieser Methode Gehaltsbestimmungen bei Referenzsubstanzen vorzunehmen und chromatografische Methoden zu ergänzen oder auch teilweise zu ersetzen, denn das BfArM hat die quantitative NMR als gleichwertig mit der GC/HPLC anerkannt. Malz hat an ausgewählten Referenzsubstanzen ein neuartiges Verfahren zur externen Standardisierung getestet, das nicht die Probleme der internen Standardisierung bei der 1 H-NMR hat und bei der Evaluierung zu vergleichbaren Ergebnissen führt.

Dr. Stefan Wissel, Rülzheim, sprach über "lean innovation", d. h. "schlanke" Prozesse bei der Einführung von Innovationen in der Produktion. Das Thema findet bei allen Firmen besonderes Interesse, denn sie müssen sich gezielt und planmäßig weiterentwickeln, wenn sie sich im Markt von morgen behaupten wollen.

Dr. Birgit Grohs, hauptamtliche Mitarbeiterin der FAH, berichtete über ein vielfältiges Forschungsvorhaben: die Verbesserung des landwirtschaftlichen Anbaus von Kamille, Baldrian und Melisse. Das Landwirtschaftsministerium wünscht, bis zum Jahr 2020 die Anbaufläche von Arzneipflanzen in Deutschland auf 20.000 ha zu erweitern. Um dieses Ziel unter ökonomischen Bedingungen zu erreichen, müssen teilweise neue Sorten gezüchtet werden, die sich leichter ernten lassen, und es müssen neue Saat- und Erntemaschinen konstruiert werden, nachdem sich auf diesem Gebiet jahrzehntelang nichts getan hatte – eine große Herausforderung.

Mit einem Ausblick auf künftige Forschungsprojekte der FAH, den der wissenschaftliche Leiter Dr. Martin Tegtmeier gab, endete die Jubiläumsveranstaltung.


cae



DAZ 2012, Nr. 46, S. 32

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