DAZ aktuell

Anzag und Apobank zahlten je 15.000 Euro an Steinbrück

Vortragshonorare bringen SPD-Kanzlerkandidat in Bedrängnis

BERLIN (lk). Die Diskussion um Vortragshonorare für Peer Steinbrück reißt nicht ab. Mittlerweile hat der designierte SPD-Kanzlerkandidat seine Einkünfte aus Vortragshonoraren ins Internet gestellt. 1,25 Millionen Euro hat er demnach seit 2009 innerhalb von zwei Jahren als Vortragsreisender zusammengetingelt. Auch aus der Apothekenbranche erhielt Steinbrück einen fünfstelligen Betrag für zwei Vorträge: Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) buchte Steinbrück ebenso für einen Festvortrag wie der Großhändler Anzag. Beide zahlten jeweils 15.000 Euro Honorar.

Am 7. Februar 2011 sprach Peer Steinbrück im noblen Schweizer Skiort Davos im Kongresshaus vor geladenen Gästen der Apobank. Im Rahmen des Pharmacon ging es um das Thema "Deutschland, was bringt die Zukunft?" 15.000 Euro zahlte die Apobank laut dem Bericht von Steinbrücks Wirtschaftsprüfer – plus 1831,86 Euro für Nebenkosten. Damals hielt sich der Ex-Finanzminister an die Etikette und sprach über den Euro und die Bankenkrise. Kein Wort verlor der Gastredner über die Apothekenbranche. Angepriesen wurde der SPD-Kanzlerkandidat von der Apobank in ihrer Einladung damals als "nervenstarker Polit-Manager" in der großen Wirtschafts- und Finanzkrise.

Ein paar Wochen später, am 21. Mai 2011, sprach Peer Steinbrück auf Einladung des Großhändlers Anzag auf dem 3. Apotheker-Forum in Frankfurt über die verschiedenen Dimensionen des deutschen Sozialstaates als Kostenfaktor und als wichtigen gesellschaftlichen Integrationsfaktor. Honorar: 15.000 Euro. Bei seinem Vortrag im Theater-Saal des InterContinental Hotels Frankfurt sprach Steinbrück darüber, dass der Druck auf den Sozialstaat – vor allem durch die Zunahme des Lebensalters und die Erosion des Normalarbeitsverhältnisses – weiter wachsen werde. "Wichtig ist, dass von Ihnen selbst proaktiv Vorschläge zur Zukunftssicherung des Gesundheitssystems kommen. Denn ansonsten werden Ihnen Vorgaben in die Scheuer gefahren, die Sie nicht wollen", so Steinbrück im Mai 2011. Auch an die Adresse der Apotheker richtete Steinbrück eine Warnung: Es gebe allerdings auch eine hohe Zahl von Apotheken. Wenn es das Fremdbesitzverbot nicht gäbe, würde es zu einer völligen Marktbereinigung kommen, darüber sollten sich die Apotheker im Klaren sein. Damals regte sich offenbar niemand über Steinbrücks kritischen Seitenhieb auf.

Steinbrück kritisiert Apothekendichte

Anders im Februar dieses Jahres beim Neujahrsempfang der Wirtschaft Rheinland-Pfalz in der IHK des Landes: Nach launigen 45 Minuten kam Steinbrück am Ende seines Vortrags wieder auf seine Apotheken-Sicht zurück: "Bei mir in Bad Godesberg sind im Umkreis von 300 Metern sechs Apotheken", so Steinbrück. "Können Sie mir das einmal erklären?" Unter den Einladenden war auch die Landesapothekerkammer des Landes. "Können wir da mal etwas Marktwirtschaft einziehen lassen. Da bin ich der Marktwirtschaftler", provozierte Steinbrück munter drauf los. Nichts gegen die Einkommen der Apotheker, setzte Steinbrück seinen launigen Vortrag fort. "Ich will nicht gleich gesteinigt werden, aber dort werden Claims verteidigt. Das hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun."

"Das kann nicht unkommentiert bleiben"

Diese Passage ließ den Vize-Präsidenten der Kammer Rheinland-Pfalz, Peter Stahl, nicht ruhen und so schrieb er an Steinbrück einen Brief, da diese Worte "nicht unkommentiert bleiben" könnten. In seinem Schreiben führte Stahl Argumente gegen Steinbrücks Apothekenphilippika ins Feld. "Die Härte Ihrer Worte haben mich betroffen gemacht", so Stahl an Steinbrück: "Vielleicht liegt ihnen aber einfach nur ein Mangel an Kommunikation zwischen den Apothekern und Ihnen zugrunde." Einen Monat später antwortete Steinbrück, zeigte sich "verwundert ob der Wirkung meiner wenigen Worte" und bekräftige seine Einschätzung, dass es in Deutschland zu viele Apotheken gebe: Er sei "bewusst in Ihr Beet der Befindlichkeiten getreten". Auf einen weiteren Antwortbrief Stahls reagierte Steinbrück nicht mehr. Übrigens: Vor den Wirtschaftskapitänen aus Rheinland-Pfalz sprach Peer Steinbrück ohne Honorar, dafür Tacheles. Die Einladung kam auf Vermittlung der SPD zustande.


Apotheken-Attacke im Web


Wer Steinbrücks Apotheken-Attacke im Original betrachten will, kann auf www.rheinhessen.ihk24.de im Fenster Dokumentensuche die Nummer 5379 eingeben. Die Apothekenpassage findet sich in Teil 3 des Videos.

Keine Reaktion auf DAZ-Anfrage

Auch der DAZ gelang es nicht, Kommunikation mit dem SPD-Kanzlerkandidaten aufzunehmen. Mehrere Anfragen im Willy-Brandt-Haus blieben unbeantwortet. Steinbrück hat offensichtlich Gewichtigeres zu tun. Er kämpft um seine politische Reputation. Da bleibt für Apothekenthemen offenbar keine Zeit.



DAZ 2012, Nr. 44, S. 28

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