Deutscher Apothekertag 2012

Was ist ein Arbeitskreis?

Thomas Müller-Bohn

Einige Delegierte und andere Apotheker hatten sich sehr viel vorgenommen für den Apothekertag in München. Grundlegende Änderungen der Struktur und Satzung der ABDA standen auf ihrer Agenda. In der Diskussion zeigte sich, dass viele ihrer Anliegen deutlich einfacher zu erfüllen wären. Mehr Transparenz, mehr Information und mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Hauptversammlung klingen keineswegs revolutionär. Solche Änderungen im Apothekertagsprogramm werden gerne mit dem Verweis auf den Zeitplan zurückgewiesen. Doch der Apothekertag böte durchaus Zeit für mehr inhaltliche Diskussionen und fundierte Entscheidungen, wenn mit der Zeit effektiv umgegangen würde. Vor mehr als zehn Jahren boten die Arbeitskreise – nicht immer, aber zumindest im Ansatz – Raum für die differenzierte Auseinandersetzung mit komplexen Themen, um dann zu einer fundierten Entscheidung zu kommen. Inzwischen hat sich eingespielt, vielschichtige und komplexe Themen in einen Ausschuss zu verweisen. Die heutigen Arbeitskreise verfolgen offenbar andere Ziele. Schon beim ersten Arbeitskreis kostete der fachfremde Moderator etliche Zeit und noch mehr Nerven durch überflüssige Fragen. Noch mehr Zeit ging im zweiten Arbeitskreis verloren, um eingeladene und vermutlich auch bezahlte Gäste über die Aufgaben von Apothekern zu informieren und wenigstens die schlimmsten Fehleinschätzungen zu korrigieren. Doch was soll man einem Diskussionsteilnehmer sagen, der Wissen als Basis für die Beratung zwar "nicht völlig verkehrt" findet, ansonsten aber die Arzneimittelberatung offenbar lieber bei Patientenberatungsstellen angesiedelt sähe? Solche dicken Bretter zu bohren, hält den Apothekertag auf und von ernsthaften Fragen ab. Hier stellt sich die Frage, wozu Arbeitskreise dienen. Nach meinem Verständnis sollen sie weder eine Fortbildung für junge Delegierte (und Moderatoren!) zur Funktionsweise der Berufspolitik noch ein Showprogramm zur eingängigen Vermittlung von Internetkenntnissen oder anderen Informationen sein. Vielmehr sollten hier bereits durch ihre Vorbereitung gut informierte Delegierte gemeinsam mit Experten, die bestens mit dem Thema vertraut sind, schwierige Fragen diskutieren, um eine Grundlage für demokratische Entscheidungen zu strittigen Anträgen zu erarbeiten. Doch in diesem Jahr brachte es der Delegierte Professor Dr. Frank Runkel auf den Punkt, als er nach dem zweiten Arbeitskreis sagte: "Das waren zwei Stunden Arbeitskreis, aber ich habe nicht gearbeitet" und unter Applaus folgerte: "Diese zwei Stunden waren nicht hilfreich."

Mit veränderten Arbeitskreisen bliebe beim Apothekertag durchaus Zeit für die Hauptversammlung, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen und komplexe Fragen zu diskutieren, anstatt sie in irgendeinen Ausschuss zu verweisen. Als zusätzlichen Programmpunkt rege ich an, zu berichten, wie der zuständige Ausschuss die Anträge bearbeitet hat, die im vorigen Jahr dorthin verwiesen wurden. Letztlich könnten veränderte Arbeitskreise den Apothekertag insgesamt so aufwerten, wie es sich einige Reformer wohl versprochen hatten – und dies ganz ohne Satzungsänderung und sonstige Revolution.


Thomas Müller-Bohn



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DAZ 2012, Nr. 42, S. 62

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