Deutscher Apothekertag 2012

Unter Niveau!

Doris Uhl

Nein, das zukunftsweisende ABDA-KBV-Konzept, das hoffentlich bald an den Start gehen wird, war nicht primärer Gegenstand dieses Apothekertags. Sicher, die vielfältigen Auswirkungen der Apothekenbetriebsordnung stehen besonders im Fokus, weshalb das Thema dieses Arbeitskreises gut gewählt war. Doch eine für unseren Berufsstand ganz entscheidende Entwicklung, die Verankerung des Medikationsmanagements als pharmazeutische Tätigkeit in der neuen Apothekenbetriebsordnung, sie kam leider nur am Rande zur Sprache. Warum eigentlich?

Vor zwei Jahren wurde uns auf dem Deutschen Apothekertag ein ebenso ehrgeiziges wie anspruchsvolles Projekt vorgestellt, das ABDA-KBV-Modell. Es sollte die Arzneimitteversorgung revolutionieren. Ärzte und Apotheker hatten gemeinsam ein Konzept entwickelt, bei dem sie sich die Verantwortung für die Arzneimitteltherapiesicherheit und das Medikationsmanagement teilen wollten. Herzstücke dieses Konzepts sind die Wirkstoffverordnung durch den Arzt, die Auswahl des Arzneimittels anhand eines Wirkstoffkatalogs durch den Apotheker, die Erfassung aller auch im Rahmen der Selbstmedikation angewendeten Medikamente, die Erstellung eines Medikationsplans und last but not least, das Medikationsmanagement.

Das ABDA-KBV-Modell sollte zunächst flächendeckend eingeführt werden, nach langem Hin und Her wurde vonseiten der Politik der Weg für einen Modellversuch frei gemacht. Es begann die schwierige Suche nach Modellregionen. Nun soll in Sachsen und Thüringen die Praxistauglichkeit des Konzeptes geprüft werden. Es war und ist immer noch ein steiniger Weg, trotzdem war auch bei diesem Apothekertag immer wieder zu vernehmen, dass man hofft, 2013 mit dem Modellversuch beginnen zu können. Dr. Sebastian Schmitz, Hauptgeschäftsführer der ABDA beteuerte in seinem Geschäftsbericht: " Das ehrgeizige Ziel bleibt: Das Projekt soll Frühjahr 2013 an den Start gehen!"

Doch welche Herausforderungen kommen auf die teilnehmenden Apotheken zu? Wie führen sie ein Medikationsmanagement durch? Welches Wissen ist erforderlich, welche Fort- und Weiterbildungen sind notwendig?

Nach wie vor gibt es keine klare Auslegung der neuen pharmazeutischen Tätigkeit Medikationsmanagement. Ist darunter nur ein Check auf Arzneimittelinteraktionen zu verstehen und eine Überprüfung der Compliance oder Adhärenz anhand von Folgeverordnungen, so wie es immer wieder in Zusammenhang mit dem ABDA-KBV-Modell zu vernehmen ist? Oder ist eine ganz andere problem- und lösungsorientierte Vorgehensweise erforderlich, die ein besonderes Wissen in Klinischer Pharmazie voraussetzt?

Hierüber zu diskutieren, sich zu überlegen, wie die neu implementierte pharmazeutische Dienstleistung auch jenseits des ABDA-KBV-Modells mit Leben zu erfüllen ist, aufzuzeigen, welchen immensen Benefit die Patienten davon haben werden – das wäre eine wunderbare Ergänzung des Arbeitskreises zur Apothekenbetriebsordnung gewesen. Stattdessen wurde im Arbeitskreis 2 über Internet, Facebook und unseriöse Gesundheitsinformationen lamentiert. Vollkommen unter dem Niveau der anwesenden Delegierten und vollkommen daneben!


Doris Uhl



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DAZ 2012, Nr. 42, S. 58

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