Deutscher Apothekertag 2012

Arbeitskreis 3: Honorierung neu regeln?

Stärkung der Apotheken Konsens bei berufspolitischer Diskussion

Die Honorierung der apothekerlichen Leistungen war wie erwartet das prägende Thema der gesundheitspolitischen Diskussion ("Arbeitskreis 3") auf dem Apothekertag. Angesichts der nächstes Jahr anstehenden Bundestagswahlen versprachen die anwesenden Gesundheitspolitiker aller Bundestagsfraktionen, die inhabergestützte Apotheke zu stärken. Konkrete Zusagen wurden jedoch keine gemacht.
Schon im Wahlkampfmodus: die Gesundheitspolitiker auf dem Apothekertag. Fotos: DAZ/Alex Schelbert

Unter der Moderation von Nikolaus Blome, Leiter des Berliner Büros der "Bild"-Zeitung, diskutierten die gesundheitspolitischen Sprecher Jens Spahn (CDU), Karl Lauterbach (SPD), Birgit Bender (Grüne), Martina Bunge (Linke) und die behindertenpolitische Sprecherin der FDP, Gabriele Molitor, mit dem DAV-Vorsitzenden Fritz Becker, Karin Graf (ABDA-Vorstand) und den Besuchern des Apothekertags.

Für eine Diskussion über die Grundlagen der Apothekerhonorierung "im großen Rahmen" sprach sich Lauterbach aus. Verhandlungen über die Höhe alleine bezeichnete er als "Tarifverhandlungen", die den Herausforderungen nicht gerecht würden. Die Einführung des packungsbezogenen Fixhonorars sei richtig gewesen, nun aber in die Jahre gekommen und müsse weiterentwickelt werden. Dabei solle zukünftig eher die Beratung als die Abgabe entlohnt werden. Die hohe Kompetenz der hervorragend ausgebildeten deutschen Apotheker müsse besser eingebunden werden, vor allem bei der Beratung chronisch Kranker. "Und diese Leistungen müssen honoriert werden", so Lauterbach.

Auch Spahn forderte die Weiterentwicklung des Honorarsystems. Er warte auf Vorschläge der Apotheker, wie eine Entlohnung, die eine stärkere Differenzierung nach der Leistung der Apotheke erlaube, aussehen könnte.

"Lassen Sie uns gemeinsam über andere Formen der Honorierung reden."

Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Verständnis für Anliegen der Apotheker

Viel Beifall erhielt – wie schon auf dem letztjährigen Apothekertag – Martina Bunge. Sie könne die Proteste gegen die als zu niedrig empfundene Erhöhung des Honorars um 25 Cent nachvollziehen. Diese Erhöhung ermögliche ein Luftholen, dürfe aber noch nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten. Jetzt müsse über einen Automatismus der regelmäßigen Honoraranpassung geredet werden. In diesem Zusammenhang sprach sie sich für eine Bedarfsanalyse aus. Nur wenn man wisse, wie viele Apotheken in welcher Region nötig seien, könne man sagen, wo es wirklich zu wenige Apotheken gebe und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen.

Vom großen Beifall für Bunge irritiert zeigten sich Spahn und Lauterbach. Was die Linkspartei wolle sei, zu Ende gedacht, eine staatliche Bedarfsplanung, so Spahn. Die Apotheker sollten sich gut überlegen, das zu unterstützen. Er persönlich wolle das nicht, da die Bedarfsplanung zu einer Einschränkung der Niederlassungsfreiheit und letztendlich zum Apotheker als "halbem Beamten" führe. Ähnlich äußerte sich Lauterbach, der die Gefahr der Verstaatlichung des Gesundheitssystems beschwor. Bunge wies dies als "Totschlagargument" zurück, das 22 Jahre nach dem Ende der DDR erledigt sein sollte. Wenn es "dem Markt" nicht gelinge, die flächendeckende Versorgung sicherzustellen, müsse man "Instrumente zur Hand" haben.

Karin Graf betonte, dass nach der angekündigten Notdienstpauschale nun auch die vollkommen unzureichenden Zuschläge für Rezepturherstellung und Betäubungsmittelabgabe angepasst werden müssten. Auf die Bemerkung Spahns auf dem letzten Apothekertag anspielend, dass die Apotheker aufpassen müssten, nicht zu viele Bälle in der Luft zu haben, sagte sie, dass es sich nicht um neue Bälle handele, sondern um die weiteren Schritte nach den Schritten Honorarerhöhung und Notdienstpauschale. Spahn verwies auf die politischen Schwierigkeiten einer solchen Erhöhung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf.

"Problematische" Notdienstpauschale

Für den großen Aufreger des Vormittags sorgte Birgit Bender. Bei der Diskussion der geplanten Notdienstpauschale meinte sie, die Belastungen der Landapotheken entstünden eher durch die hohe Frequenz als durch die zu niedrige Entlohnung der Notdienste. Deshalb schlug sie vor, in den ärztlichen Bereitschaftspraxen Arzneimittel bereitzustellen, die der Arzt den Patienten mitgeben könne. Diese Arzneimittel könnten von der Apotheke geliefert und auch abgerechnet werden. "Die Einführung des ärztlichen Dispensierrechts macht mehr Probleme als sie löst", entgegnete Spahn, auch Lauterbach distanzierte sich umgehend. Graf und Becker lehnten den Vorschlag, der vom Publikum mit Unmutsäußerungen quittiert wurde, entschieden ab.

Spahn versprach, die Koalition werde die neue Notdienstpauschale zum Jahresbeginn einführen. Allerdings stelle sich die konkrete Ausgestaltung komplizierter dar als ursprünglich gedacht. Bender sagte, die Pauschale sei zwar ein richtiger Schritt, sie sehe aber die Gefahr von Mitnahmeeffekten. Sie bemängelte auch, dass die Apotheker den Gesundheitspolitikern keine Daten über die konkrete Zahl und Verteilung der Notdienste geliefert hätten.

Große Koalition? Jens Spahn (rechts) und Karl Lauterbach waren sich weitgehend einig.

"Stärkung der inhabergeführten Apotheke"

Dass der Bundestagswahlkampf seine Schatten vorauswirft merkte man daran, dass alle anwesenden Politiker betonten, wie wichtig die Apotheker und die Apotheken für das Gesundheitssystem seien. Ein Abrücken Benders und Lauterbachs von ihren Positionen zu Versandhandel oder Fremd- und Mehrbesitz war aber nicht zu erkennen.

Lauterbach sprach sich zwar ausdrücklich für eine Stärkung der inhabergeführten Apotheke aus. Er wollte dies auf Nachfrage der Deutschen Apotheker Zeitung jedoch nicht als ein Plädoyer für das Fremd- und Mehrbesitzverbot verstanden wissen. Die Beschlüsse des Parteitags, der relativ vage eine "Liberalisierung des Arzneimittelvertriebs" fordert, gälten selbstverständlich weiterhin, eine Liberalisierung bedeute ja auch "nicht automatisch eine Abkehr von der inhabergeführten Apotheke". Zum Zustandekommen von Parteitagsbeschlüssen äußerte er sich im Übrigen nicht.

Molitor betonte, wie bereits Daniel Bahr in seiner Rede zwei Tage zuvor, wie viel die FDP für die Apotheker getan habe. Mehr als die 25 Cent Erhöhung seien aber nicht durchzusetzen gewesen. Man müsse auch die Rahmenbedingungen berücksichtigen. Spahn betonte, die Spargesetzgebung sei nun zu Ende. "2011 und 2012 waren hart", gab er zu. Ab jetzt werde es besser, versprach er den Apothekern. In diesem Zusammenhang plädierte er auch dafür, die Rücklagen des Gesundheitsfonds zu erhalten, um einen zukünftigen Einnahmerückgang abfedern zu können.

Lauterbachs "Geheimzirkel"

Für Verwunderung auf dem Podium und im Saal sorgten wiederholte Äußerungen Lauterbachs, er treffe sich regelmäßig mit einer kleinen Gruppe Apotheker, mit denen er über eine Fortentwicklung der Aufgaben der Apotheke diskutiere. Weder wollte er verraten, wie sich diese Gruppe genau zusammensetzt noch worüber gesprochen wird. Auch lehnte er das Angebot von Karin Graf, sich gerne an diesen Diskussionen zu beteiligen, höflich aber bestimmt ab. Er werde die erarbeiteten Vorschläge zu gegebener Zeit präsentieren und dann gerne mit den Berufsorganisationen diskutieren.

Was würden Sie als Minister tun?

Was denn ihre erste Maßnahme die Apotheken betreffend wäre, wenn sie Bundesgesundheitsminister würden, wollte der souveräne Moderator Blome zum Abschluss von den Politikern wissen. Auch hier erhielt Bunge viel Beifall, als sie das Verbot des Versands mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als ersten Punkt nannte. Generell müsse die Attraktivität des Apothekerberufs gesteigert werden – was auch und vor allem eine Frage des Geldes sei. Die FDP werde, wenn sie das Ministerium behält, den eingeschlagenen Weg der Stärkung der inhabergeführten Apotheke weitergehen, betonte Molitor, ohne Einzelheiten zu nennen. Eine Gesundheitsministerin Bender würde die Beitragssatzautonomie der gesetzlichen Krankenkassen wieder einführen und die Praxisgebühr abschaffen. Zu ihren Plänen das Apothekenwesen betreffend äußerte sich Bender nicht. Spahn und Lauterbach betonten beide die Wichtigkeit der stärkeren Einbindung der Apotheken in die Versorgung und Beratung chronisch Kranker. Spahn möchte dies in der Honorierung berücksichtigen, Lauterbach meinte, dass es den Apothekern als Heilberuflern nicht nur ums Geldverdienen gehe, sondern sie auch entsprechend ihrer Kompetenzen eingebunden werden möchten – das werde er angehen.


wes



Lesen Sie dazu auch den Kommentar "Vom Saulus zum Paulus?".



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DAZ 2012, Nr. 42, S. 64

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