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Ministerium will Ärzten BtM-Abgabe ermöglichen

ApBetrO: Kippt die "Apotheke light"?

BERLIN (ks). Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will Ärzten in der ambulanten Palliativmedizin die Möglichkeit einräumen, bestimmte Betäubungsmittel direkt an ihre Patienten abzugeben. In der Tagespresse war die Rede von einem "historischen Schritt". Das Ministerium spricht allerdings von einer "Öffnung in engen Grenzen". Auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ABDA – erwartet keine historischen Veränderungen.

Der Kabinettstermin für die Apothekenbetriebsordnung rückt näher. Derzeit wird noch eifrig am Verordnungsentwurf gefeilt. Unter anderem soll es nun einen Hinweis geben, dass Ärzte bestimmte Betäubungsmittel (BtM) an Schwerkranke abgeben können – die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften sollen mithin in eng begrenzten Fällen geöffnet werden, erklärte ein Ministeriumssprecher gegenüber der DAZ. Die konkrete Umsetzung der BtM-Abgabe in der ambulanten Palliativmedizin müsse allerdings im Betäubungsmittelrecht erfolgen. Anstoß für die vorgesehene Änderung ist offenbar, dass die zeitnahe Versorgung während des Nacht- und Notdienstes zuweilen Probleme bereitet – ein Umstand, der auch in der Apothekerschaft erkannt wird.

Eine erste Lockerung für die BtM-Abgabe durch Ärzte erfolgte bereits im vergangenen Jahr. Nach einer Änderung in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung ist es in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und Hospizen nunmehr möglich, einen Notfallvorrat an BtM bereitzuhalten. Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung hatte schon damals eine weitergehende Öffnung verlangt.

ABDA: Keine Aufhebung des Dispensierverbots

Dass die ABDA den Presseberichten zufolge bereits ihr Einverständnis zu der Änderung signalisiert hat, sorgte teilweise für Irritationen – dies zeigen beispielsweise die Leser-Kommentare in der DAZ.online-Berichterstattung. Die ABDA betonte daraufhin, ihren Informationen zufolge plane das BMG nicht, das bestehende Dispensierverbot für Ärzte aufzuheben. Allerdings seien BMG, ABDA und andere Fachkreise derzeit in Gesprächen mit dem Ziel, die BtM-Versorgung von Schwerstkranken zu verbessern und eine rechtssichere Lösung für die behandelnden Ärzte zu finden.

Zur Lösung habe die ABDA dem BMG vorgeschlagen, die Bevorratungspflicht in den Apotheken zu erweitern. So sollen die Apotheken verpflichtet werden, geeignete schnell und stark wirksame Opioide in oraler und parenteraler Darreichungsform, sowie ein retardiert und stark wirkendes Opioid in oraler Darreichungsform zu bevorraten. Damit kann aus Sicht der ABDA die überwiegende Mehrzahl aller Patienten auch im Nacht- und Notdienst ausreichend versorgt werden. Falls dies allerdings nicht ausreiche, könnte sich die ABDA vorstellen, neben dieser erweiterten Bevorratungspflicht eine Anpassung der BtM-Verschreibungsverordnung mitzutragen. Eine Abgabe durch den Arzt könnte dann in Grenzen möglich sein. So etwa, wenn trotz der Bevorratungspflicht ein Notfall eintritt, ein zeitlich eng begrenzter Zeitraum zu überbrücken ist und das Arzneimittel durch die Apotheke ausgeliefert wurde.

KBV: Erleichterung, aber kein Dammbruch

Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) befürwortet man eine Änderung im Betäubungsmittelrecht. "Wir begrüßen alle Möglichkeiten, die die Behandlung schwer- und schwerstkranker Menschen erleichtern", so KBV-Sprecher Roland Stahl. Auch er will offenbar nicht von "historischen" Veränderungen sprechen: "Die angestrebte Regelung stellt keinen verbandspolitischen Dammbruch dar, sondern hilft in einer Ausnahmesituation schwer kranken Patienten."

Doch keine "Apotheke light"?

Die jüngsten BMG-Pläne könnten ein Hinweis auf weitere wichtige Änderungen am Entwurf zur Apothekenbetriebsordnung sein. Seit Tagen verdichten sich Informationen, dass Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) seine ursprünglichen Pläne für die "Apotheke light" fallen lässt. Die bislang im Verordnungsentwurf vorgesehenen Privilegierungen für Apotheken im Filialverbund beim Nacht- und Notdienst, bei der Rezeptur und der Laborausstattung könnten sich erübrigen. Gegen diese Pläne waren mit ihren schriftlichen Stellungnahmen und in der mündlichen Anhörung die meisten Apothekerverbände und -vertreter Sturm gelaufen. Außerdem hatte eine Mehrheit der Ländergesundheitsminister mit der Ablehnung der "Apotheke light" im Bundesrat gedroht. Aus gewöhnlich gut unterrichteten ABDA-Kreisen war ebenfalls eine Bestätigung für diese Spekulation zu erhalten: "Die Apotheke light ist vom Tisch." Der BMG-Sprecher erklärte hingegen nur: "Wir befinden uns in der Endabstimmung der Apothekenbetriebsordnung. Es ist noch nichts entschieden."



DAZ 2012, Nr. 4, S. 18

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