Rezeptur nach ApBetrO

Plausibilität überprüfen

Schritt 2 der Rezepturherstellung in sieben Schritten

Ulrike Fischer, Katrin Schüler | Grundanforderungen, die an Arzneimittel gestellt werden, sind Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität. Entsprechend darf nach ApBetrO § 7 ein Rezepturarzneimittel nicht hergestellt werden, wenn die Verschreibung bzw. die Kundenanforderung einen erkennbaren Irrtum enthält oder unleserlich ist oder sich sonstige Bedenken ergeben. Mit der Novellierung der ApBetrO wurden die Mindestinhalte der Plausibilitätsprüfung konkretisiert (§ 7 Abs. 1b). Im folgenden Beispiel wird die Plausibilität eines Rezeptes für Bufexamac-haltige Zäpfchen geprüft.
Abb. 1: Verordnung von Bufexamac-haltigen Zäpfchen für einen erwachsenen Patienten.

Die Plausibilitätsprüfung erfolgt in Verantwortung des Apothekers und ist von ihm oder im Vertretungsfall von der zur Vertretung berechtigten Person zu dokumentieren. Vorlagen dazu – sowie weitergehende Informationen – finden sich im Ordner "Rezeptur nach ApBetrO" [1]. Des Weiteren werden alle Punkte der Plausibilitätsprüfung im Fachbuch "Rezeptur – Qualität in 7 Schritten" [3] ausführlich erläutert.

Prüfung auf Vollständigkeit der Verordnung

Folgende Aspekte sollten beachtet werden:

  • Enthält die Verordnung Wirkstoffe und Hilfsstoffe sowie die erforderlichen Mengenangaben?

  • Sind die Wirk- und Hilfsstoffe bzw. Grundlagen eindeutig bezeichnet?

  • Ist die Gebrauchsanweisung bekannt?

Mengenangaben sind generell nur vollständig mit einer entsprechenden Einheit. Üblicherweise werden Rezepturbestandteile in g bzw. mg oder ml angegeben. Im DAB werden die Mengen der Bestandteile von Zubereitungen in Teilen angegeben. Wenn nichts anderes angegeben ist, sind damit Masseteile gemeint. Wenn eine Verordnung Mengenangaben ohne Einheiten enthält und keine Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt möglich ist, muss im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob die Verwendung von Masseteilen gerechtfertigt ist.

Nach ApBetrO darf eine Zubereitung keine anderen "als die in der Verschreibung genannten Ausgangsstoffe […] ohne Zustimmung des Verschreibenden" enthalten. Allerdings gilt das nicht für Ausgangsstoffe, die "keine eigene arzneiliche Wirkung haben und die arzneiliche Wirkung nicht nachteilig beeinflussen können". Insofern ist bei der Auswahl von notwendigen Hilfsstoffen, z. B. Zusatz von Konservierungsstoffen, Stabilisatoren oder ggf. Fließregulierungsmitteln, der Sachverstand des Apothekers gefragt.

Prüfung der Verordnung bezüglich des Therapiekonzeptes

Die Kenntnis von Dosierung und Applikationsart ist zur Beurteilung der Rezeptur notwendig. Für häufig in der Rezeptur verwendete Wirkstoffe sind therapeutische Normdosen bzw. obere Richtkonzentrationen publiziert. Ergibt die Prüfung der Verordnung, dass die Wirkstoffe nicht in therapeutisch üblichen Konzentrationen eingesetzt werden sollen, muss diese Unklarheit durch Rücksprache mit dem Arzt beseitigt werden.

Zu beachten ist, dass die Apotheke generell nicht berechtigt ist, in die ärztliche Therapie einzugreifen bzw. die ärztliche Therapiefreiheit einzuschränken. Das gilt nur, solange aus pharmazeutischer Sicht keine Aspekte gegen die Herstellung und Abgabe des Arzneimittels sprechen.

Weitere Plausibilitätsprüfungen der verordneten Zubereitung

Des Weiteren sind folgende Aspekte zur Plausibilitätsprüfung wichtig:

  • Sind bedenkliche Stoffe oder Stoffe mit negativer Nutzen-Risiko-Bewertung enthalten?

  • Kann die Rezeptur in der geforderten Qualität hergestellt werden, oder gibt es Unverträglichkeiten zwischen den Inhaltsstoffen?

  • Wie lange ist die Rezeptur haltbar – und ist sie über den Anwendungszeitraum chemisch, physikalisch und mikrobiologisch stabil?

  • Sind alle notwendigen Bestandteile in der geforderten Qualität vorhanden?

Im Rahmen der Plausibilitätskontrolle der Verordnung ist zu prüfen, ob alle aufgeführten Stoffe in Rezepturen verarbeitet und abgegeben werden dürfen. Problematisch sind insbesondere bedenkliche Stoffe, deren Abgabe nach §5 AMG verboten ist. Stoffe mit negativer Nutzen-Risiko-Bewertung dürfen nach individueller Bewertung durch den Arzt in Rezepturarzneimittel verarbeitet und abgegeben werden. Die Rücksprache sollte unbedingt dokumentiert werden.

Beispiel Bufexamac-haltige Suppositorien

Im Beispiel wurde Bufexamac als Wirkstoff verordnet (Abb. 1).

Aufgrund des Risikos schwerer Kontaktallergien sowie des unzureichenden Nachweises der Wirksamkeit wurden die Zulassungen Bufexamac-haltiger Fertigarzneimittel widerrufen (DAZ 2010, Nr. 19, S. 12). Der Arzneistoff gilt als bedenklich und wurde in die Liste der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) aufgenommen. Bei der Verordnung bedenklicher Zubereitungen gilt die Verpflichtung, ärztliche Verschreibungen unverzüglich zu beliefern (§ 17 ApBetrO), nicht. Dem steht auch die Therapiefreiheit des Arztes nicht entgegen. Somit führt die Plausibilitätsprüfung zu dem Ergebnis: Das Arzneimittel darf nicht hergestellt werden (Abb. 2).

Abb. 2a: Dokumentation der Plausibilitätsprüfung, 1. Seite.
Abb. 2b: Dokumentation der Plausibilitätsprüfung, 2. Seite.

Beim Gespräch mit dem verordnenden Arzt sollte der Apotheker, wenn möglich, geeignete Alternativen vorschlagen. In diesem Beispiel kann jedoch keine adäquate standardisierte NRF-Vorschrift angeboten werden [2]. Fertigarzneimittel zur Behandlung von Hämorrhoiden sind mit den verschiedenen Arzneistoffen verfügbar: mit basischem Bismutgallat/Titandioxid/Lidocain, Prednisolon- bzw. Hydrocortisonacetat oder Extrakten aus Hamamelis/Rosskastanie. Als Alternative für ein Rezepturarzneimittel kann der bedenkliche Wirkstoff entfernt werden. In diesem Beispiel hätte die Zubereitung mit Benzocain ohne Bufexamac allerdings nur eine schmerzstillende und keine entzündungshemmende Wirkung.

Soll in der Apotheke eine abgewandelte Rezeptur hergestellt werden, muss der Apotheker unter Umständen weitere Aspekte mit dem Arzt klären. Im Beispiel ist die Konzentrationsangabe nicht eindeutig, weil der Bezug zur Gesamtmasse fehlt: pro Zäpfchen oder für 20 Einzeldosen? Es erscheint sinnvoll, dass die für Erwachsene übliche Zäpfchenform (2 g) genutzt werden soll. Die übliche Dosierung für Benzocain pro Zäpfchen beträgt 100 mg – die Verordnung erfordert deshalb die Klärung mit dem Arzt. Die Angabe P. i. (Patient informiert) lässt offen, wie die genaue Gebrauchsanweisung lautet. Im Rahmen der Rücksprache mit dem Arzt können entsprechende Informationen eingeholt werden.

Bei der Erstellung der Herstellungsanweisung für eine abgewandelte Rezeptur kann der Apotheker den Vordruck "Suppositorien oder Ovula, nach Münzel-Verfahren" im Ordner "Rezeptur nach ApBetrO" [2] verwenden.


Lesen Sie auch den ersten Teil der Serie:

Schritt 1: Hygienestandard einhalten

in DAZ Nr. 37, Seite 62 bis 69.


Quellen

[1] Rezeptur nach ApBetrO. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2012.

[2] Neues Rezeptur-Formularium. Hrsg. ABDA, Stand 01.08.2012, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart / Govi-Verlag, Eschborn.

[3] Fischer U, Schüler K. Rezeptur – Qualität in 7 Schritten. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2012 (im Druck).


Autorinnen
Dr. Ulrike Fischer, Katrin Schüler, Dresden



DAZ 2012, Nr. 39, S. 73

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.