Praxis aktuell

Insolvenz? Schutzschirmverfahren hilft Apotheken

Neue Sanierungsmöglichkeiten von Apotheken nach dem neuen ESUG

Die Jahre seit Einführung der Insolvenzordnung (InsO) haben gezeigt, dass auch ein Apothekenbetrieb vor einer Insolvenz nicht mehr sicher ist. Schon immer gab es in der Insolvenzverwaltungspraxis den einen oder anderen Apothekenbetrieb. Deutlich erkennbar ist aber eine negative Tendenz in der Entwicklung: Die absolute Zahl der Apotheken in Deutschland ist im Jahr 2011 mit 21.238 Apotheken zum ersten Mal unter das Niveau von 2003 gesunken.
Rechtzeitig handeln, damit es nicht so weit kommt. Und wenn doch, dann kann heute ein neues Schutzschirmverfahren helfen, dass der Apotheker weiterhin Leiter in seiner Apotheke sein kann. Foto: h_lunke – Fotolia.com

Während die Zahl der Neueröffnungen seit dem Jahr 2003 kontinuierlich abnimmt, hat die Zahl der Apothekenschließungen im Jahr 2011 mit 424 einen Rekordwert seit 2003 erreicht. Die aktuellen Angaben der Treuhand Hannover GmbH bestätigen diese Entwicklung: Nach Auswertung der Jahresergebnisse für 2011 ist fast jede vierte Apotheke auf Dauer wirtschaftlich nicht überlebensfähig.

Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig.

Wie in jedem Wirtschaftsbereich gibt es auch bei Apotheken Unternehmer, denen das notwendige ökonomische Verständnis fehlt, um die erfolgreiche Entwicklung ihres Betriebes sicherzustellen bzw. Krisensituationen und -indikatoren frühzeitig zu erkennen. Daneben gibt es die persönlichen Schicksalsschläge, die häufig dazu führen, dass der Betrieb vom Apotheker über einen längeren Zeitraum nicht wie gewohnt fortgeführt werden kann und nach einer Phase der Vernachlässigung in eine Krise gerät. Solche Fälle gab es schon früher, und sie wird es auch in Zukunft geben.

Veränderungen im Gesundheitswesen

Richtungsweisend sind indes die veränderten objektiven Bedingungen des Apothekenalltags und ihre Auswirkungen. Diese sind in erster Linie auf die Veränderungen im Gesundheitswesen zurückzuführen, die auch maßgeblichen Einfluss auf die Arzneimittelbranche haben. Zahlreiche Reformen der letzten zehn Jahre haben zu erheblichen Umsatz- und Ertragseinbußen geführt. Die Eröffnung neuer Vertriebswege hat nur wenigen großen Marktteilnehmern Umsatzsteigerungen gebracht. Der kleiner gewordene Kuchen wird zunehmend anders verteilt, der Wettbewerb hat dadurch erheblich zugenommen und geht insbesondere zulasten der kleinen Apotheken. Der Ansturm auf den Versandhandel läuft an dem klassischen Apotheker von nebenan vorbei. Und dieser Vertriebsweg nimmt bis heute noch Fahrt auf. Die Inanspruchnahme der ortsansässigen Apotheken im Rahmen von Beratungsleistungen nimmt dementgegen nicht ab. Diese Entwicklung ist zum einen darauf zurückzuführen, dass viele, besonders jüngere Patienten nach Einführung der Praxisgebühr auf einen Arztbesuch bei leichteren Beschwerden verzichten und den Apotheker als Ersatzarzt in Anspruch nehmen. Zum anderen aber werden die Beratungen durch den Apotheker vor Ort auch von Kunden in Anspruch genommen, die ihre Medikamente in der Regel oder eben erst nach einer eingehenden Beratung durch den Apotheker vor Ort aus Kostengründen doch im Versandhandel beziehen.

Zu einer weiteren Belastung der Apotheken führte die Einführung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) zu Beginn des Jahres 2011, wodurch der seit 2004 geltende Festzuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) mit einem weiteren Abschlag zugunsten der Krankenkassen belastet wurde.

Hinzu kommt, dass die Einkaufskonditionen für die Apotheken derzeit ungünstig sind. Belastet mit dem Sparbetrag durch die Krankenkassen geben die Arzneimittelgroßhändler die höheren Kosten an die Apotheken weiter. Das sind nur einige Ursachen für den aktuellen Negativtrend. Jeder Marktteilnehmer könnte diese Aufzählung vermutlich beliebig fortsetzen.

Rechtzeitig handeln!

Doch was ist zu tun, wenn der eigene Apothekenbetrieb in die Krise gerät oder sich die Krise bereits abzeichnet? Die Empfehlung: Handeln, bevor es zu spät ist, so banal das auch klingt. Denn so negativ die derzeitige Entwicklung auch sein mag, es ist wichtig zu wissen, dass die Chancen, eine notleidende Apotheke vor dem wirtschaftlichen Ruin zu bewahren, noch nie so gut waren wie heute. Grund dafür ist das zum 1. März 2012 in Kraft getretene Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Dabei handelt es sich um die erste der drei angekündigten Stufen zur Modernisierung des deutschen Insolvenzrechts. Die Notwendigkeit solcher Reformbemühungen wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die Gesetzeslage in anderen europäischen Staaten, etwa in Großbritannien oder Frankreich, so viel günstiger ist, dass einige Unternehmen ihren Sitz ins Ausland verlegen, um Sanierungen auf Grundlage der dort geltenden Vorschriften schneller und einfacher zu ermöglichen.

Erleichterung der Unternehmenssanierung

Mit dem neuen Gesetz hat der Gesetzgeber in erster Linie das Ziel verfolgt, ein Insolvenzverfahren für den Schuldner planbarer zu gestalten und zur Entstigmatisierung der Insolvenz im Allgemeinen beizutragen. Bislang konnte der Schuldner bei der Einreichung des Insolvenzantrages in der Regel keinen Einfluss darauf nehmen, welche Entscheidung das Gericht treffen wird, und somit auch nicht, was mit seinem Unternehmen zukünftig geschehen wird, d. h. insbesondere, ob es weitergeführt oder zerschlagen wird. Diese maßgebliche Weichenstellung hängt aber vor allem davon ab, wie weit die Krise bei dem Schuldnerunternehmen fortgeschritten ist.

Verschweigen hilft nicht

Problematisch ist insofern, dass das Thema Insolvenz in Deutschland nach wie vor äußerst negativ belegt ist und häufig mangelndes wirtschaftliches Verständnis und die Unzuverlässigkeit des Unternehmers als Begründung des Vermögensverfalls herangezogen werden. Diese Assoziation führt dazu, dass Unternehmer die Krise ihres Unternehmens zunächst zu verschweigen versuchen und ihr gesamtes sonstiges Vermögen einsetzen, um die Krise abzuwenden. Hierbei verkennen die Betroffenen in der Regel, dass auch die planlose Mobilisierung kurzfristiger Liquidität meist nicht ausreicht, um ein Unternehmen nachhaltig in gesundes Fahrwasser zurückzuführen. Die Stigmatisierung notwendiger Sanierung führt im Ergebnis dazu, dass die Betroffenen erst dann professionelle Beratung in Anspruch nehmen, wenn sie endgültig alle in ihren Augen möglichen Handlungsoptionen ausgeschöpft haben. Finanzielle Reserven oder Sicherheiten zur Durchführung von Sanierungsversuchen stehen dann meist nicht mehr zur Verfügung. Je früher daher mithilfe erfahrener Berater Sanierungsbemühungen unternommen werden, desto erfolgversprechender sind diese.

Im Ergebnis hängt damit die Effizienz von Sanierungen erheblich vom richtigen Zeitpunkt ab.

Die durch das ESUG eingeführten Änderungen sollen zu einem Umdenken in den Köpfen aller Beteiligten führen und eine frühzeitige Sanierung krisenbehafteter Unternehmen ermöglichen.

Wichtig: Eigenverwaltung erhalten

Zwar sind nicht alle aktuellen Neuerungen des Insolvenzrechts für den Betrieb einer Apotheke relevant. Einige Kernpunkte der Reform sind aber gerade für die Sanierung freiberuflicher Existenzen ausschlaggebend und wegweisend. Diese wichtigen Neuerungen betreffen die Eigenverwaltung und das Insolvenzplanverfahren. Beide Verfahrensarten sind darauf ausgerichtet, dem Schuldner in der Sanierungsphase möglichst viel Entscheidungsfreiheit zu belassen, und tragen damit den Besonderheiten des Apothekenbetriebes Rechnung. Weder die Eigenverwaltung noch das Insolvenzplanverfahren wurden durch das ESUG ins Leben gerufen, sie sind vielmehr bereits in der im Jahre 1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung (InsO) vorgesehen und geregelt. Und dennoch führten beide Verfahrensarten bislang ein Schattendasein: Lediglich 1% aller Insolvenzverfahren wurde bisher im Rahmen eines Planverfahrens oder durch die Eigenverwaltung abgewickelt. Grund dafür ist zum einen die bereits angesprochene negative Einstellung zum Insolvenzverfahren, die der Möglichkeit, den Betrieb unter Einbeziehung seiner bisherigen Geschäftsleitung zu sanieren und damit die Einarbeitungszeit für den vorläufigen Insolvenzverwalter zu sparen, mit dem Vorwurf begegnet, man würde den Bock zum Gärtner machen. Zum anderen war das Insolvenzplanverfahren bisher sehr aufwendig und anfällig für konterkarierende Eingriffe von außen, da auch ein einzelner Gläubiger das gesamte Planverfahren durch sein Votum zu Fall bringen konnte.

Im Zuge der durchgeführten Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber das bisherige Insolvenzplanverfahren praxisnäher und effizienter gestaltet.

Das Schutzschirmverfahren

Insbesondere mit dem neuen Schutzschirmverfahren nach § 270 b InsO hat er ein Instrument eingeführt, das neben den Wirtschaftsunternehmen insbesondere den freien Berufen zugutekommt. Der konkrete Nutzen der Gesetzesänderung, insbesondere des Schutzschirmverfahrens, besteht darin, dass im Rahmen der Sanierung nunmehr vermehrt den berufsspezifischen Besonderheiten des Apothekenbetriebes Rechnung getragen werden kann. Hierzu gehört in erster Linie das im Apothekengesetz verankerte Fremdbesitzverbot, wonach die wirtschaftliche und pharmazeutische Leitung einer Apotheke in einer Person zu erfolgen haben.

Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf den Verwalter über. Dieser führt das Unternehmen anstelle bzw. zusammen mit dem Insolvenzschuldner fort. Was bei anderen Unternehmen eine Selbstverständlichkeit darstellt, ist bei einem Apothekenbetrieb nicht zulässig. Denn durch die Einsetzung des (ggf. vorläufigen) Insolvenzverwalters wird dem Apotheker die wirtschaftliche Verfügungsmacht entzogen, die eigenverantwortliche wirtschaftliche und pharmazeutische Leitung damit auseinandergerissen. Dieser Umstand führte bisher dazu, dass die Schließung der notleidenden Apotheke durch die Amtsapotheker den Regelfall darstellte. Mit der Ausgestaltung des Schutzschirmverfahrens hat der Gesetzgeber genau an der Stelle angesetzt, die für den wirtschaftlich angeschlagenen Apotheker in der Vergangenheit regelmäßig das Aus seiner freiberuflichen Tätigkeit darstellte. Denn das Schutzschirmverfahren ermöglicht in Verbindung mit einer Eigenverwaltung, dass die wirtschaftliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zunächst bei dem Apotheker verbleiben kann, sodass die Fortführung der Apotheke im Einklang mit den berufsspezifischen Vorgaben sichergestellt werden kann.

So wird das Schutzschirm-verfahren eingeleitet

Das gesetzliche Schutzschirmverfahren wird durch die Verbindung dreier gerichtlicher Anträge eingeleitet: den Insolvenzantrag, den Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung und den Antrag auf Bereitstellung des Schutzschirms. Voraussetzung ist also zunächst ein zulässiger Insolvenzantrag, der den allgemeinen Anforderungen des § 13 InsO entsprechen muss. Der Schuldner hat seinem Antrag ein Verzeichnis seiner Gläubiger nebst zugehöriger Forderungshöhen beizufügen. Soweit der Betrieb der Apotheke zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht aufgegeben wurde, was bei Beantragung der Eigenverwaltung verbunden mit dem Schutzschirm der Regelfall sein dürfte, hat der Schuldner die Forderungen der Finanzverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der betrieblichen Altersversorgung kenntlich zu machen. Entsprechendes gilt für die Forderungen der Hauptgläubiger. Bei Beantragung der Eigenverwaltung hat der Schuldner zudem nähere Ausführungen zu seiner Arbeitnehmersituation innerhalb der letzten zwölf Monate und zu seinen Umsatzerlösen innerhalb dieses Zeitraums zu machen. Diese Angaben sollen es den am Verfahren Beteiligten ermöglichen, sich schnellstmöglich einen Überblick über das Unternehmen des Schuldners zu verschaffen. Bereits in diesem Verfahrensstadium ist es dringend erforderlich, dass Anträge eingereicht werden, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, da anderenfalls das zuständige Insolvenzgericht auf die Unzulänglichkeit des Antrags hinweisen und diesen nach fruchtlosem Ablauf einer Stellungnahmefrist als unzulässig abweisen muss. Dies hätte eine weitere Verzögerung der in Aussicht gestellten Sanierung zur Konsequenz, die im Ergebnis zum gänzlichen Scheitern des angestrebten Sanierungsverfahrens führen kann. Denn ein Antrag auf Bereitstellung des Schutzschirms kommt nicht mehr in Betracht, wenn der Schuldner zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO ist. Von Zahlungsunfähigkeit ist dann auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen bereits eingestellt hat, allerdings nicht erst, wenn der Schuldner keinen Gläubiger mehr bedient. Ausreichend ist vielmehr, dass der Schuldner wesentlichen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt. In diesem Fall ist ihm der Zugang zum Schutzschirmverfahren verwehrt. Diese Konsequenz dokumentiert, dass auch der Gesetzgeber die Schuldner anhalten möchte, im Falle einer Krise schnellstmöglich zu reagieren, um den Sanierungserfolg nicht zu gefährden. Wegen dieser besonderen Antragsvoraussetzungen ist die Einschaltung eines auf dem Gebiet des Insolvenzrechts erfahrenen Beraters unumgänglich. Denn zum Nachweis, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Beantragung des Insolvenzverfahrens und des Schutzschirmverfahrens noch nicht zahlungsunfähig ist, hat er nach § 270 b Abs. 1 Satz 3 InsO eine Bescheinigung einer in Insolvenzsachen erfahrenen Person vorzulegen. Als geeignete Person im Sinne dieser Vorschrift kommen vor allem in Insolvenzsachen erfahrene Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Betracht. Aus der den Antragsformularen beizufügenden Bescheinigung muss sich für das Insolvenzgericht nachvollziehbar ergeben, dass der Schuldner nur drohend zahlungsunfähig ist und die beabsichtigte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Wird eine dem § 270 b Abs. 1 Satz 3 InsO entsprechende Bescheinigung nicht vorgelegt, sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Schutzschirmverfahrens nicht gewahrt, und es kommt zu weiteren, den Sanierungserfolg gefährdenden Verzögerungen.

Der Insolvenzplan

Sind die Voraussetzungen zur Anordnung des Schutzschirmverfahrens erfüllt, legt das Insolvenzgericht eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans fest und bestellt zugleich einen sog. vorläufigen Sachwalter. Die Frist zur Vorlage des Insolvenzplans beträgt höchstens drei Monate und ist nicht verlängerbar. Innerhalb der vom Insolvenzgericht festgesetzten Frist hat der Schuldner die Möglichkeit – nunmehr geschützt vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen – , einen Insolvenzplan mit seinen Gläubigern auszuhandeln und mit diesen zu erörtern, welche Sanierungsbeiträge diese zu erbringen bereit sind, z. B. Forderungsverzichte, Aushandeln neuer Einkaufskonditionen oder Gewährung neuer (Waren-)Kredite. Die Kombination eines Antrags auf Gewährung des Schutzschirms mit einem Antrag auf Eigenverwaltung ist aufgrund der bereits dargestellten, berufsspezifischen Besonderheiten bei Apothekern insbesondere im Zeitraum zwischen Insolvenzantragstellung und Insolvenzeröffnung von entscheidender Bedeutung. Denn ein Schutzschirmverfahren hilft dem Apotheker faktisch nur dann weiter, wenn – wie bereits dargestellt – die wirtschaftliche und pharmazeutische Leitung beim Apotheker verbleibt. Dies wird sichergestellt durch die Beantragung der Eigenverwaltung.

Die Eigenverwaltung

Hierbei wird mit Anordnung des Schutzschirms für den Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung zugleich vom Insolvenzgericht ein sog. vorläufiger Sachwalter eingesetzt. Der Vorteil gegenüber der bisherigen Rechtspraxis besteht darin, dass der Schuldner bei seinem Handeln nicht mehr einem Zustimmungsvorbehalt eines vorläufigen Insolvenzverwalters unterliegt, sondern grundsätzlich weiterhin ungehindert über sein Vermögen verfügen kann. Die Aufgaben des vorläufigen Sachwalters erschöpfen sich in der Überwachung des Schuldners. So hat der vorläufige Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners und dessen Ausgaben zu prüfen sowie dem Insolvenzgericht Mitteilung zu machen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig wird, die Sanierung noch vor Ablauf der Drei-Monatsfrist gescheitert ist, oder die Anordnung der Eigenverwaltung aus bestimmten Gründen mit Nachteilen für die Gläubiger verbunden ist. Ein weiterer Vorteil der Eigenverwaltung besteht darin, dass der Schuldner bei gleichzeitiger Beantragung des Schutzschirms eine konkrete Person als vorläufigen Sachwalter vorschlagen kann. Diesem Vorschlag muss das Gericht folgen, es sei denn die vorgeschlagene Person ist für die Übernahme des Amtes offensichtlich ungeeignet. Allerdings darf die vorgeschlagene Person nicht mit derjenigen identisch sein, die die Bescheinigung gemäß § 270 b Abs. 1 Satz 3 InsO ausgestellt hat. Der Schuldner erhält durch dieses Vorschlagsrecht die Möglichkeit, mit einem Berater seines Vertrauens gemeinsam die Weichen für eine erfolgreiche Sanierung zu stellen, eine Option, die dem bisherigen Recht in dieser Form nicht bekannt war.

Apotheken werden nicht zwangsläufig geschlossen

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der wesentliche Vorteil der Gesetzesänderung darin besteht, dass Apotheken im Falle eines Insolvenzverfahrens wegen des berufsspezifischen Fremdbesitzverbots nicht zwangsläufig durch den Amtsapotheker geschlossen werden müssen, sondern auch dieser Berufsstand zukünftig eine realistische Sanierungs-

chance hat. Voraussetzung hierfür ist jedoch in jedem Fall, dass der Apotheker die Augen vor seiner wirtschaftlichen Lage nicht verschließt und sich frühzeitig einem in Insolvenzsachen erfahrenen Berater anvertraut, um gegebenenfalls notwendige Maßnahmen schnellstmöglich einzuleiten.


Olga Hartung-Afify, Rechtsanwältin,
Henning May, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht,
Lehmkühler Rechtsanwälte Steuerberater, Bonn



DAZ 2012, Nr. 37, S. 78

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