Apothekenjubiläum

200 Jahre Adler-Apotheke in Schwaan

Im Jahre 1812 eröffnete Apotheker Christian Gottlieb Bergemann die Adler-Apotheke in Schwaan. Nach mehreren Bittgesuchen beim Großherzog Friedrich Franz in Schwerin wurde die Konzession zur Errichtung der ersten Apotheke in Schwaan erteilt.

200 Jahre Adler-Apotheke in Schwaan


Die Adler-Apotheke im Jahr 1897.Fotos: privat

"Nach Ableistung des medicinalordnungsmäßigen Apothekereides" am 14. Juli 1812 in der Ratsstube vor dem Schwaaner Magistrat begann die 200-jährige Geschichte der Apotheke am Markt 8.

Seit der Gründung wechselte die Apotheke achtmal den Besitzer, drei Pächter waren tätig und drei staatliche Leiter wurden nach der Enteignung im Jahre 1949 eingesetzt.

62 Jahre waren Ernst und Carl Bahlmann (Vater und Sohn) Eigentümer der Apotheke, 42 Jahre bis zur Enteignung war Arnold Kemper letzter Eigentümer.

Nur sieben Monate war Paul Dresing Besitzer der Apotheke (1908 – 1909) und zwei Jahre Oskar Selle (1909 – 1911).

Im Jahr 1911 übernahm Apotheker Arnold Kemper aus Halle die Apotheke.

In einer Chronik schreibt er: "Unter der wechselvollen Änderung des Besitzes wurde so gut wie nichts für die Apotheke getan, namentlich nicht von den Herren Bahlmann. Und so übernahm ich den museumsreifen Besitz, namentlich was die innere Einrichtung der Apotheke betrifft."

Größere Baumaßnahmen und Verbesserungen der Ausstattung wurden zwischen den zwei Weltkriegen getätigt (Heizungsanlage, Spültoiletten, Offizin, Fensterumbau, Fußböden).

Unterlagen über die Visitation der Apotheke (1929) geben Auskunft über die ordnungsgemäße Führung der Apotheke: "Gesamtergebnis und Schlußbemerkung: Die Apotheke befindet sich in recht gutem Zustand".

Aus Erzählungen und Kontakten der Nachfahren ehemaliger Apothekenbesitzer ist bekannt, dass auch die Apothekengeschäfte mal besser, mal schlechter florierten. Am 1. Oktober 1938 verpachtete Arnold Kemper die Apotheke an Albert Kümmel aus Neustadt an der Dosse. In der Begründung heißt es: "Die Anspruchnahme außerhalb der offiziellen Dienstzeit ist hier besonders stark." Sowohl Albert Kümmel als auch seine Frau Charlotte waren von Beruf Apotheker.

Der Pachtzins betrug anfänglich 8400 Reichsmark, später 9600 Reichsmark. Davon entfielen 9000 Reichsmark auf die Apothekenräume und 600 Reichsmark auf die Wohnung im Obergeschoss. Vereinbart wurde weiterhin, dass im Todesfalle des Pächters die Apotheke von seiner Frau Charlotte Kümmel weitergeführt wird.

In der Chronik von Arnold Kemper aus dem Jahr 1951 heißt es: "Ab Oktober 1938 verpachtete ich dieselbe an Albert Kümmel. Da dieser nicht aus dem Felde zurückkehrte, wird sie seit dieser Zeit von dessen Ehefrau, auch Apothekerin, einwandfrei verwaltet."

Die schwere Nachkriegszeit musste die junge Witwe mit zwei kleinen Kindern alleine meistern. In einem Schreiben an das Gesundheitsamt in Güstrow im August 1945 berichtet Frau Kümmel: "Ich habe bisher Arzneimittel für circa 7000 Einwohner zu liefern gehabt, jetzt ist die Zahl auf 13.000 angestiegen, dazu praktizieren anstelle von 3 Aerzten jetzt in Schwaan direkt 5 Herren, in den benachbarten Dörfern 2 weitere, so das der Arzneimittelbedarf ungeheuer gestiegen ist. Einheimische Kräuter sind genügend gesammelt worden. Verbandstoffe fehlen noch nicht, doch dürfte der geringe Vorrat bei sparsamstem Verbrauch nur noch circa 4 Wochen reichen …"

Mit der Enteignung im Oktober 1949 wurde der Versuch von Arnold Kemper, die Apotheke selbst weiterzuführen, zerschlagen. Frau Charlotte Kümmel war noch bis 1953 Verwalterin der Apotheke und verließ dann Schwaan. Von 1953 bis 1955 war Frau Gerda Penzig staatliche Leiterin der Apotheke in Schwaan. Am 1. August 1955 übernahm Walter Kollmorgen die staatliche Leitung der Adler-Apotheke und führte sie 30 Jahre durch "Höhen und noch mehr Engpässe".

"De olle Apteik" Außenansicht im Jahr 2012. "De olle Abteik" ist im Innenhof der Adler-Apotheke (Eingang Pfarrstraße). Geöffnet ist vorerst im September, Montag bis Freitag von 14.00 bis 17.00 Uhr. Extra Führungen auf Wunsch gerne nach Vereinbarung. E-Mail: olle-apteik@t-online.de, Internet: http://www.olle-apteik.de

Umfangreiche Reparaturen waren notwendig, später bauliche Veränderungen und Erweiterungen, Neuanschaffungen (Apparaturen, Geräte, Möbel ect.). Die Apotheke wurde stets korrekt und gewissenhaft geführt.

Am 22. April 1985 wurde ich, Achim Borchwardt, zum staatlichen Leiter der Adler-Apotheke bestellt. Ich leitete die Apotheke mit zwölf Mitarbeitern, verwaltete den Mangel, war froh über die enorme Vorratswirtschaft meines Vorgängers und ständig bemüht, im Austausch mit benachbarten Apotheken die Versorgung zu gewährleisten.

Mit der Wende 1989 stellte sich die bange Frage, was wird aus der Apotheke? Schnell wurden Kontakte geknüpft, Überlegungen getroffen und wieder verworfen, recherchiert und Anträge gestellt. Mit einer Inventur am 1. Dezember 1990 begann unser Einstieg in die Privatwirtschaft.

Von da an wurde wieder gebaut, saniert, abgerissen, neugebaut, ausgebaut.

Seit Januar haben meine Frau und ich mal wieder etwas "umgebaut". Auf dem Apothekeninnenhof ist in zwei Räumen eine kleine Ausstellung untergebracht. Gezeigt wird eine Apotheke, wie sie vor ca. 100 Jahren aussah und eine Apothekenkammer etwa um 1950. Ich kann Ihnen versichern, die gute alte Apothekenzeit, der Geruch von Holz, Kräutern und Gewürzen wird Ihnen bekannt vorkommen.

Meine Frau und ich laden Sie, so Sie einmal Schwaan besuchen, herzlich in "De olle Apteik" ein.

Das Team der Adler-Apotheke
De olle Apteiker un sin Fru
Apotheker Achim Borchwardt und Frau Monika

(Verfasser: Achim Borchwardt)

DAZ 2012, Nr. 36, S. 162

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