Arzneimittel und Therapie

Von der WHO zugelassene Antimalariamittel wirkungslos

Zu geringer Wirkstoffgehalt durch Produktionsmängel

Auf die Gefährlichkeit von gefälschten und gepanschten Arzneimitteln gegen Malaria und die Bedeutung für die Zunahme von Resistenzbildungen bei Plasmodium-Stämmen ist kürzlich hingewiesen worden. Wie eine amerikanische Studie jetzt zeigt, enthielten etwa 10% der von der WHO zugelassenen Antimalaria-Medikamente nicht die geforderte Menge an Wirkstoff. In einer weiteren Studie wurden ebenfalls von der WHO zugelassene Präparate gegen Tuberkulose und andere bakterielle Infektionen untersucht, auch fast 7% dieser Produkte wurden als mangelhaft eingestuft.
Anophelesmücke In einer aktuellen Studie wiesen zahlreiche von der WHO zugelassene Antimalaria-Präperate einen zu geringen Artemisinin-Gehalt auf. Dies könnte zu einer weiteren Zunahme der Resistenzbildung führen.

In zahlreichen asiatischen und afrikanischen Ländern werden Artemisinin-haltige Präparate sowie Abkömmlinge dieses Wirkstoffs gegen Malaria eingesetzt. Von der WHO werden die im Rahmen einer Kombinationstherapie (Artemisinin-based combination therapy) eingesetzten Präparate als Mittel der ersten Wahl für die Akutbehandlung der Malaria empfohlen. Zur Therapie der komplizierten Malaria tropica ist Artesunat jetzt auch für die AG Malaria der Paul-Ehrlich-Gesellschaft das Mittel der ersten Wahl.

Qualitative Mängel auch bei anderen Antiinfektiva

In einer Studie zu von der WHO zugelassenen Antimalaria-Arzneimitteln wurden jetzt mehr als 100 verschiedene Artemisinin-Präparate aus Apotheken in Nigeria und Ghana untersucht. Etwa 10% dieser Medikamente zeigten einen zu geringen Wirkstoffgehalt. Bei einer Vielzahl der qualitativ minderwertigen Produkte handele es sich nicht schlicht um Fälschungen, so die Autoren der Studie; vielmehr seien mangelhafte Produktionsprozesse für die Qualitätsmängel verantwortlich. Sie sprechen sich daher für Arzneimittel-Kontrollen auch in ärmeren Nationen aus, die der in den Industrienationen vergleichbar sind. Eine zu geringe Wirkstoff-Konzentration könnte neben einer zu kurzen Therapiedauer ein weiterer Grund für die ständig zunehmende Zahl von Artemisinin-resistenten Plasmodien sein, die sich derzeit besonders in der Grenzregion von Thailand und Myanmar ausbreiten. Bereits im Mai dieses Jahres wies die WHO auf die zunehmende Problematik der Artemisinin-resistenten Malaria hin.

Sie betrifft jedoch nicht nur die Antimalaria-Präparate. In einer weiteren umfassenderen Studie untersuchten die Wissenschaftler Produkte, die von regionalen regulatorischen Behörden oder der WHO zur Therapie von Tuberkulose und anderen bakteriellen Infektionen sowie der Malaria zugelassen sind. In die Studie wurden mehr als 2600 Arzneimittel aus Afrika, Brasilien, Russland, China, Indien und Thailand sowie der Türkei einbezogen, die vor Ort aus Apotheken bezogen wurden. Zur Rate qualitativ nicht-akzeptabler Präparate zählten solche mit zu geringem Wirkstoffgehalt oder Fälschungen. Fast 7% der von der WHO zugelassenen Produkte wurden dieser Gruppe zugeordnet. Die Rate minderwertiger oder gefälschter Produkte war besonders hoch bei in Afrika und China hergestellten Arzneimitteln. Nach Mitteilung der Autoren setze sich jetzt die WHO auch mit dieser Problematik auseinander.


Quelle

Schmidt, A.: „Weckruf“ im Kampf gegen Malaria? Dtsch. Apoth. Ztg. 2012; Tagesnews v. 24. 05. 2012.

Bate, R.; et al.: Subsidizing artemisinin-based combination therapies: a preliminary investigation of the Affordable Medicines Facility - malaria. Res. Rep. Trop. Med. 2012; 3: 63-68.

Bate, R.; et al.: Anti-infective medicine quality: analysis of basic product quality by approval status and country of manufacture. Res. Rep. Trop. Med. 2012; 3: 57 – 61.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2012, Nr. 30, S. 38

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