DAZ aktuell

Apothekenabschlag: „Jeder Einzelanspruch ist zu prüfen“

Urteilgründe des Bundessozialgerichts liegen vor – nun ist das Landessozialgericht erneut am Zug

KASSEL (ks). Im März hatte das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass Apotheker einen Anspruch auf Rückzahlung einbehaltener Rabatte haben, wenn eine Krankenkasse eine zu Unrecht gekürzte Rechnung nicht rechtzeitig vollständig beglichen hat. Es sah sich allerdings nicht in der Lage, über die Höhe des Zahlungsanspruchs zu befinden. Die hierzu nötigen Feststellungen habe die Vorinstanz nicht getroffen. Die Kasseler Richter wiesen die Sache daher zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht Hamburg (LSG) zurück. Seit letzter Woche liegen die Urteilsgründe vor. Darin zeigt das BSG detailliert auf, was es nun vom LSG erwartet. (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. März 2012, Az.: B 1 KR 14/11 R)
Rechenaufgabe Das Landessozialgericht muss im Streit zwischen der City BKK und dem Hamburger Apothekerverein über Apothekenrabatte eine Menge „nacharbeiten“. Jeder Einzelanspruch muss geprüft werden. Foto: Pixelot - Fotolia.com

Dem Urteil liegt ein Streit zwischen dem Hamburger Apothekerverein und der City BKK über Apothekenrabatte zugrunde. Die von der City BKK genutzte Abrechnungsstelle hatte eine Sammelrechnung des Norddeutschen Apotheken-Rechenzentrums (NARZ) erhalten und kürzte diese – unstreitig – fehlerhaft um 48.478,73 Euro. Den ausstehenden Betrag überwies die Kasse erst 16 Monate später. Die betroffenen Apotheker traten dem Apothekerverband für das folgende Klageverfahren ihre Ansprüche ab. Streitig war, ob der Kasse der Apothekenrabatt zustand, obwohl sie die Rechnung nicht innerhalb von zehn Tagen – wie es § 138 Abs. 3 SGB V vorsieht – vollständig bezahlt hatte.

Apothekenrabatt verfällt bei verspäteter Zahlung

Das BSG meint: Nein. Es führt in seinem Urteil aus, dass der Vergütungsanspruch eines Apothekers für an gesetzlich Krankenversicherte abgegebene Arzneimittel in Höhe des Apothekenrabatts unter der auflösenden Bedingung einer vollständigen fristgerechten Erfüllung steht. Eine bloße Teilzahlung, wie sie im vorliegenden Fall erfolgte, genüge nicht, um den Eintritt der Bedingung zu bewirken.

Dennoch trafen die Kassler Richter in dem Verfahren kein abschließendes Urteil, sondern verwiesen die Sache an die Vorinstanz zurück. Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen könne nicht entschieden werden, ob und in welchem Umfang die an den Kläger – den Apothekerverband – abgetretenen, Vergütungsansprüche der Apotheker bestehen. Insbesondere hielt es der Senat nicht für möglich, darüber zu entscheiden, wann für jeden der geltend gemachten Ansprüche die Frist des § 130 Abs. 3 S. 1 SGB V zu laufen begann. Denn wann die Rechnungen genau zugegangen waren, war nicht festgestellt geworden. Auch wenn die Apotheker in formularmäßig gestalteten Verträgen ihre Vergütungsansprüche abtreten, bestehe die Notwendigkeit, jeden Einzelanspruch zu überprüfen, so das BSG. Durch eine Zusammenfassung der einzelnen Restvergütungsansprüche zu einem Betrag verlören die einzelnen Forderungen der Apotheker nicht ihr jeweils eigenes rechtliches Schicksal.

Einzelansprüche der Apotheker identifizieren

Das BSG macht dem LSG deutlich, was es nun von ihm erwartet – und das ist nicht wenig. Das LSG müsse zunächst den Zeitpunkt des Rechnungseingangs bei der City BKK feststellen. Sodann sei für jeden einzelnen abgetretenen Restvergütungsanspruch zu prüfen, ob die Kasse dort jeweils einen unberechtigten Einbehalt aus der Gesamtsumme vornahm. Die erforderliche Prüfung setze in einem ersten Schritt voraus, zunächst diejenigen Einzelansprüche der Apotheker zu identifizieren, die von dem Gesamteinbehalt erfasst wurden. In einem zweiten Schritt habe das LSG zu prüfen, welche dieser Ansprüche die Beklagte zeitgerecht vollständig beglich.

Hinsichtlich aller dann festgestellten Vergütungsansprüche, die vollumfänglich und zeitgerecht beglichen wurden, sei die Klage unbegründet. Auch Forderungen von Apothekern, die ihre Ansprüche nicht an den Kläger abgetreten haben, bleiben außen vor. Es verbleiben somit die berechtigten Einzelansprüche derjenigen Apotheker, die ihre Forderungen abgetreten haben. Die Summe dieser Forderungen ergebe den Betrag, den die beklagte Kasse dem Kläger noch zu zahlen habe.

Könne das LSG nach Ausschöpfung der gebotenen Beweiserhebung nicht feststellen, dass der Vergütungsanspruch innerhalb der Zehntagesfrist beglichen wurde, trage die Kasse die Beweislast für diese ihr vorteilhafte Tatsache.


Das Urteil im Volltext finden Sie in der Service-Rubrik "DAZ Recht"/Rechtsurteile.



DAZ 2012, Nr. 30, S. 19

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