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"Aus dem tiefen Tal heraus"

Diagnostica-Industrie verzeichnet steigende Umsätze

BERLIN (as/ks). Nach einem Einbruch 2010, konnten sich die Anbieter von Schnelltests im vergangenen Jahr wieder über steigende Umsätze freuen. Wie der Verband der Diagnostica- Industrie (VDGH) letzte Woche in einer vorläufigen Markteinschätzung bekannt gab, verzeichnete dieser Spezialbereich der Diagnostika "ein Wachstum aus dem tiefen Tal heraus".

Während das Jahr 2010 für einen Umsatzeinbruch um 2,8 Prozent im Bereich der Schnelltests sorgte, ging es 2011 wieder um 3,3 Prozent nach oben. Damit steht diese Diagnostik-Sparte noch besser da als die Labordiagnostik, die 2011 nur um 1,4 Prozent wuchs. Mit Beginn der Diskussion über die Verordnungsfähigkeit von Blutzuckerteststreifen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Ende 2009 fielen die Umsatzzahlen für Schnelltests damals drastisch ab. Und das, obwohl die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Harn- und Blutzuckerteststreifen für nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker aus dem GKV-Leistungs katalog zu streichen, noch gar nicht in Kraft war. Der Vorstandsvorsitzende des VDGH, Matthias Borst, erklärte dies mit einer Ver unsicherung und einem "vorauseilenden Gehorsam" der Ärzte.

Das Jahr 2011 scheint in dieser Hinsicht eine Kehrtwende gebracht zu haben. Zwei Gründe führt der Verband als Erklärung an: Zum einen wachse die Schnelltestsparte in anderen Bereichen wie den Produkten zur Eigenanwendung (z. B. Schwangerschaftstest, Tests zur Blutgerinnung) oder den "Point-of-care-Diagnostika" ("handliche Diagnostik nah am Patienten"). Zum anderen scheine bei der Verordnung von Blutzuckerteststreifen die Talsohle überwunden. Spannend bleibe jedoch der Blick auf das letzte und entscheidende Quartal 2011: Denn seit dem 1. Oktober 2011 ist der G-BA-Beschluss zu den Teststreifen in Kraft. Alle bisher analysierten Zahlen zeigten vorweggenommene Effekte. Ob das "Tal der Tränen" schon dauerhaft durchschritten sei, könne man heute noch nicht sicher sagen, so Borst.

Optimistischer Blick in die Zukunft

Trotz der moderat anmutenden Wachstumszahlen blickt die Diagnostika-Industrie zuversichtlich in die Zukunft. Schließlich stehen die deutschen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von knapp 2,16 Mrd. Euro europaweit klar an der Spitze. Gefragt nach ihren Erwartungen erklärten mehr als drei Viertel der Unternehmen, sie rechneten 2012 wieder mit steigenden Umsätzen. Mehr als die Hälfte will zudem ihr Personal aufstocken, 40 Prozent ihre Investitionen erhöhen – und das vor allem in die Forschung. Das Trendthema personalisierte Medizin spielt heute für die Mehrzahl der Diagnostika-Unternehmen noch keine Rolle – perspektivisch gesehen wächst die Bedeutung jedoch an.

Borst führt den Optimismus in der Branche auf den Vertrauensbonus für den Standort Deutschland zurück – insbesondere was den Bereich der Forschung betrifft. Hier findet sich qualifiziertes Personal, die gute Zahlungsmoral und das hohe Versorgungsniveau tun ihr Übriges. Doch es gibt auch Hemmnisse: Etwa einen hohen Preisdruck – anders als die Pharmaindustrie hat die Diagnostikaindustrie ihre Preise schon immer verhandeln müssen – und eine starke Konzentration auf der Kundenseite. So beherrschten heute sechs Anbieter 55 Prozent des Marktes, so der VDGH-Vorstandsvorsitzende.



DAZ 2012, Nr. 3, S. 38

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