Arzneimittel und Therapie

Dexamfetamin bei ADHS

Neue Reservemedikation für Kinder

Dexamfetamin (Attentin®) ist im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren indiziert, wenn andere medikamentöse und nicht-medikamentöse therapeutische Maßnahmen nicht ausreichend wirksam sind.

Der neue Wirkstoff kann im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren angewendet werden, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben, beispielsweise eine Behandlung mit Methylphenidat und Atomoxetin. Bei Erwachsenen ist das Präparat nicht zugelassen. Dexamfetamin fällt unter das Betäubungsmittelgesetz.

Zentral stimulierende Wirkung

Dexamfetamin ist ein sympathomimetisches Amin mit einer zentral stimulierenden und anorektischen Wirkung, das zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) indiziert ist. Durch die zentral stimulierende Wirkung kann es Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit fördern.

Langzeitanwendung kann zu Abhängigkeit führen

Die empfohlene Anfangsdosis beträgt einmal täglich 5 bis 10 mg. Die Tagesdosis kann wöchentlich in Schritten von 5 mg bis auf maximal 20 mg erhöht werden. In seltenen Fällen können bei älteren Kindern Dosen von 40 mg täglich für eine optimale Einstellung notwendig sein.

Die Tabletten sollten immer in der gleichen Weise in Bezug auf die Mahlzeiten eingenommen werden, vorzugsweise zu oder direkt nach dem Essen. Eine Langzeitanwendung von Dex amfetamin kann zu Abhängigkeit führen und muss vermieden werden. Nach längerer Einnahme von Dexamfet amin kann eine ausschleichende Therapie nötig sein.

Dexamfet amin wird schnell aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Die Einnahme einer Tablette führt bei gesunden Probanden im Durchschnitt nach 1,5 Stunden zu maximalen Blutspiegeln. Die Halbwertszeit liegt bei rund zehn Stunden.

Kardiovaskuläre Nebenwirkungen

Dexamfetamin hat zahlreiche unerwünschte Wirkungen. Dazu gehören Herz- und Kreislauf- Erkrankungen, wie Kardiomyopathie, Myokardinfarkt, Palpitationen, Tachykardie und eine Erhöhung des Blutdrucks. Vor Beginn der Therapie sollte eine Familienanamnese von plötzlichen Herzerkrankungen und unerwartetem Tod erhoben werden. Kinder mit Herzerkrankungen sollten den Wirkstoff nicht oder nur nach Beurteilung durch einen Kinderkardiologen erhalten. Nicht angewendet werden darf Dexamfetamin bei verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie, Herzinsuffizienz und angeborenen Herzfehlern. Vorsicht ist geboten bei der Behandlung von Patienten, deren Gesundheitszustand durch Erhöhung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz beeinträchtigt werden könnte.

Kontraindiziert ist der neue Wirkstoff während der Behandlung mit nicht selektiven, irreversiblen Monoaminoxidasehemmern (MAO-Hemmern) oder innerhalb von mindestens 14 Tagen nach Absetzen solcher Substanzen, da dann das Risiko einer hypertensiven Krise besteht. Auch die gleichzeitige Anwendung von trizyklischen Antidepressiva kann das Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen erhöhen.

Dexamfetamin kann die Wirkung von Antihypertensiva abschwächen; die gleichzeitige Anwendung von Betablockern kann zu einer schweren Hypertonie führen. Betablocker, Lithium, Methyldopa und Phenothiazin können die Effekte von Dexamfetamin abschwächen. Wegen eines möglichen Blutdruckanstiegs sollte Dexamfet amin mit Vasopressoren vorsichtig angewendet werden.


Steckbrief: Dexamfetamin


Handelsname: Attentin

Hersteller: Medice Arzneimittel, Iserlohn

Einführungsdatum: 1. Dezember 2011

Zusammensetzung: 1 Tablette enthält 5 mg Dexamfetaminhemisulfat. Sonstige Bestandteile: Isomalt, Crospovidon, Magnesiumstearat (Ph. Eur.).

Packungsgrößen, Preise und PZN: 20 Tabletten, 31,33 Euro, PZN 9303274; 50 Tabletten, 76,65 Euro, PZN 9303280

Stoffklasse: Psychopharmaka; zentral wirkendes Sympathomimetikum. ATC-Code: N06BA02.

Indikation: Therapierefraktäre Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die auf eine ausreichend lange Behandlung mit Methylphenidat und Atomoxetin in maximaler und verträglicher Dosis nicht ansprach, bei Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren.

Dosierung: Initialdosis täglich 5 bis 10 mg; die Tagesdosis kann in Abhängigkeit von der Verträglichkeit und dem beobachteten Grad der Wirksamkeit jeweils wöchentlich in Schritten von 5 mg erhöht werden; maximale Tagesdosis 20 mg, in Ausnahmen bis zu 40 mg.

Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichkeit oder Idiosynkrasie gegenüber sympathomimetischen Aminen; Glaukom; Phäochromozytom; während der Behandlung mit nicht selektiven, irreversiblen Monoaminoxidasehemmern (MAO-Hemmern) oder innerhalb von mindestens 14 Tagen nach Absetzen solcher Substanzen; Hyperthyreose oder Thyreotoxikose; Diagnose oder Anamnese von schwerer Depression, Anorexia nervosa/anorektischen Störungen, Suizidneigung, psychotischen Symptomen, schweren affektiven Störungen, Manie, Schizophrenie, psychopathischen/Borderline-Persönlichkeitsstörungen; Tourette-Syndrome oder ähnliche Dystonien; Diagnose oder Anamnese von schweren und episodischen (Typ I) bipolaren affektiven Störungen (die nicht gut kontrolliert sind); vorbestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen einschließlich mittelschwerer und schwerer Hypertonie, Herzinsuffizienz, arterieller Verschlusskrankheit, Angina pectoris, hämodynamisch signifikanter, angeborener Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokardinfarkt, potenziell lebensbedrohender Arrhythmien und Kanalopathien; zerebrovaskuläre Erkrankungen; Porphyrie; Vorgeschichte von oder derzeitige Drogenabhängigkeit oder Alkoholismus; Schwangerschaft und Stillzeit.

Nebenwirkungen: Kardiomyopathie, Myokardinfarkt, Palpitationen, Tachykardie, Erhöhung des Blutdrucks, seltener Verminderung des Blutdrucks; Mydriasis, Sehstörungen; abdominelle Krämpfe, ischämische Kolitis, Diarrhö, Mundtrockenheit, Übelkeit; Brustschmerz, Tod durch kardiovaskulären Kollaps, Wachstumsretardierung, Hyperpyrexie, Überempfindlichkeit einschließlich von Angioödem und Anaphylaxie, plötzliche Todesfälle; Azidose, Anorexie, Gewichtsabnahme; Rhabdomyolyse; Ataxie, choreoathetoide Bewegungen, Konzentrationsstörungen, Konvulsionen, Benommenheit, Dyskinesie, Dysgeusie, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hyperaktivität, Hyperreflexie, intrakranielle Hämorrhagie, malignes neuroleptisches Syndrom, Schlaganfall, Tremor, Tourette- Syndrom; aggressives Verhalten, Angst, Verwirrtheit, Delir, Depression, Drogenabhängigkeit, Dysphorie, emotionale Labilität, Euphorie, Halluzinationen, Beeinträchtigungen der Leistungen in kognitiven Tests, Insomnie, Irritabilität, veränderte Libido, Nervosität, Nachtangst, Zwangsverhalten, Panikzustände, Paranoia, Psychose/psychotische Reaktionen, Ruhelosigkeit, nervöses Zucken (Tics); Nierenschädigung; Impotenz; Alopezie, Hautausschlag, Schwitzen, Urtikaria; kardiovaskulärer Kollaps, zerebrale Vaskulitis.

Wechselwirkungen: Die gleichzeitige Anwendung von trizyklischen Antidepressiva kann das Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen erhöhen. Dexamfetamin sollte mit Vasopressoren vorsichtig angewendet werden. Dexamfetamin kann die Wirkung von Antihypertensiva abschwächen; die gleichzeitige Anwendung von Betablockern kann zu einer schweren Hypertonie führen. Betablocker, Lithium, Methyldopa und Phenothiazin können die Effekte von Dexamfetamin abschwächen. Die gleichzeitige Anwendung von Haloperidol schwächt die zentral stimulierende Wirkung von Dexamfetamin ab. Stoffe, die den pH-Wert im Gastrointestinaltrakt senken, führen zu einer verminderten Aufnahme von Dexamfetamin; Stoffe, die den Urin ansäuern, zu einer Zunahme der renalen Ausscheidung; beides führt zu niedrigeren Blutspiegeln von Dexamfetamin. Disulfiram kann den Metabolismus und die Ausscheidung von Dexamfetamin hemmen. Stoffe, die den pH-Wert im Gastrointestinaltrakt erhöhen, führen zu einer gesteigerten Aufnahme von Dexamfetamin; Stoffe, die den pH-Wert im Urin erhöhen, führen zu einer Abnahme der renalen Ausscheidung; beides führt zu erhöhten Blutspiegeln von Dexamfetamin. Dexamfetamin kann die adrenerge Wirkung von Noradrenalin verstärken. Die Absorption von Antikonvulsiva kann verzögert werden. Die analgetische Wirkung von Morphin kann durch gleichzeitige Anwendung von Dexamfetamin verstärkt und der atemdepressive Effekt vermindert werden. Alkohol kann die ZNS-Nebenwirkungen von psychoaktiven Arzneimitteln einschließlich Dexamfetamin verstärken.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Vorsicht ist geboten bei der Behandlung von Patienten, deren Gesundheitszustand durch Erhöhung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz beeinträchtigt werden könnte. Bei jeder Dosisanpassung ist zu kontrollieren, ob sich psychiatrische Störungen entwickelt oder verschlechtert haben; besondere Vorsicht ist bei der Anwendung von Dexamfetamin zur Behandlung von ADHS bei Patienten mit bipolaren Begleiterkrankungen geboten. Bei Langzeitanwendung von Dexamfetamin bei Kindern wurde über mäßig verringerte Gewichtszunahme und Wachstumsverzögerung berichtet. Dexamfet amin kann die Krampfschwelle senken; wenn die Anfallshäufigkeit zunimmt oder neue Anfälle auftreten, sollte Dexamfetamin abgesetzt werden; Dexamfetamin darf nur mit Vorsicht bei Patienten mit Epilepsie angewendet werden.

Vorsicht bei psychiatrischen Erkrankungen

Auch zahlreiche psychiatrische Erkrankungen und Störungen des Nervensystems gehören zu den Nebenwirkungen. Daher sollte die Entwicklung neuer oder die Verschlechterung bereits bestehender psychiatrischer Störungen überwacht werden. Bei jeder Dosisanpassung ist zu kontrollieren, ob sich psychiatrische Störungen entwickelt oder verschlechtert haben und ob eine Unterbrechung der Behandlung angebracht ist.

Während der Behandlung mit Dexamfetamin sind die Patienten regelmäßig auf die Entstehung oder die Verschlimmerung von Tics zu überwachen; beim Auftreten von Tics sollte Dexamfet amin abgesetzt werden. Besondere Vorsicht ist bei der Anwendung von Dexamfetamin zur Behandlung von ADHS bei Patienten mit bipolaren Begleiterkrankungen geboten, da hier Bedenken wegen einer möglichen Auslösung eines gemischten/-manischen Schubs bestehen.

Dexamfetamin kann die Krampfschwelle senken. Wenn bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese und bei Patienten mit EEG-Auffälligkeiten ohne Krampfanfälle in der Anamnese die Anfallshäufigkeit zunimmt oder neue Anfälle auftreten, sollte Dexamfetamin abgesetzt werden. Bei Patienten mit Epilepsie darf Dexamfetamin nur mit Vorsicht angewendet werden.

Nicht angewendet werden darf Dexamfetamin bei einer Vorgeschichte von oder einer derzeitigen Drogenabhängigkeit oder Alkoholismus. Bei Patienten mit Epilepsie darf Dexamfetamin nur mit Vorsicht angewendet werden.

Dexamfetamin kann Wachstum und Appetit hemmen. Weitere unerwünschte Wirkungen sind Mydriasis, Sehstörungen und Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, wie abdominelle Krämpfe, ischämische Kolitis, Diarrhö, Mundtrockenheit und Übelkeit. Während Schwangerschaft und Stillzeit ist Dexamfetamin kontraindiziert. Weitere Kontraindikationen sind Glaukom, Phäochromozytom, Porphyrie, Hyperthyreose oder Thyreotoxikose.


Quelle

Fachinformation Attentin® , Stand Juli 2011.


hel



DAZ 2012, Nr. 3, S. 40

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.