BMG handelt richtig
Das BMG handelt hier richtig. Hier liegt kriminelles Handeln des Herstellers vor, das letztendlich von der französischen Überwachungsbehörde – aber auch von der Benannten Stelle – schon viel früher hätte festgestellt werden können. Das europäische und deutsche Medizinprodukterecht zielt – wie bei Arzneimitteln – auf die Zweckbestimmung, Sicherheit und Schutz von Patienten, Anwendern und Dritter. Die "Zulassungsbestimmungen sind vergleichbar, inkl. klinische Prüfung/Bewertung. Die CE-Kennzeichnung ist kein Siegel sondern ein rechtlich definiertes "Zulassungszeichen" nach der Definition in den EU-Medizinprodukte-Richtlinien i. V. mit dem dazugehörenden allg. EU-Recht für CE-Kenn zeichen. Siehe dazu auch Medizin produkte Journal 2011, S. 9.
Der ehemalige PIP-Chef (Hersteller) sagte offen, dass und wie er betrogen hat. Dies müsste den Behörden und der Benannten Stelle auch aus der Aktenlage bei den Inspektionen erkennbar gewesen sein: z. B. Menge des bezogenen Silikons in Relation zur Anzahl der verkauften Produkte, Umsatzzahlen in Relation zum Umfang der Fabrikation und Personal, Qualitätssicherungsprotokolle von Untersuchungen des bezogenen Silikons, Risikomeldungen und deren Verfolgung im Unternehmen sowie Weitergabe an Behörden der EU-Mitgliedstaaten.
Dazu kommt noch, dass die EU-Kommission bereits 2001 auf die besonderen Risiken bei Brustimplantaten und den sich daraus ergebenden besonderen Verpflichtungen der nationalen Behörden hingewiesen hat (Mitteilung KOM (2001) 666 endgültig). Außerdem wurde die EU-Richtlinie zu Brustimplantaten (2003/12/EG) auf Veranlassung von F und UK erlassen. Somit wussten sehr wohl die französischen Behörden ob der Risiken. Warum haben sich die Behörden nicht entsprechend verhalten und insbesondere bei diesen von ihnen als Hochrisiko-Produkten eingestuften Produkten und deren Herstellung die Überwachung nicht verschärft? Zudem gibt es noch die EU-VO 765-2008 zur Akkreditierung und Überwachung, die unmittelbar auch für Frankreich gilt.
Dr. Gert Schorn, E-Mail: gert.schorn@online.de
DAZ 2012, Nr. 3, S. 90