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"Mehr als ein Unternehmen"

Peter Ditzel

Recht hat sie, die Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens, wenn sie die Auffassung vertritt, dass die Apotheke "mehr als ein Unternehmen ist". In einem engagierten und motivierenden Vortrag auf der letzten Kammerversammlung der Apothekerkammer Nordrhein forderte sie die Apotheken auf, die Sicherung der flächendeckenden gesundheitlichen Versorgung aktiv mitzugestalten (siehe "Mehr als ein Unternehmen … – NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens sprach in der Kammerversammlung Nordrhein"). Neben der Arzneimittelversorgung wird die Apotheke vor Ort in Zukunft auch weitere Aufgaben erfüllen müssen, davon ist sie überzeugt. Möglicherweise denkt hier Steffens auch an die Funktion der Apotheke als soziale Drehscheibe, die der Apotheke durchaus zukommt und in Zeiten einer immer älter werdenden Bevölkerung immer mehr übernehmen wird. Dabei nützt dies nicht nur den Kunden und Patienten, sondern kann auch eine positive Rückkopplung für die Apotheke selbst bedeuten. Steffens regte zudem an, offen und kreativ über Möglichkeiten der Vernetzung, der Telemedizin und andere Ansätze nachzudenken. In der Tat, auch hier steckt auf jeden Fall noch Potenzial und eine Menge an Herausforderungen. Genauso wie in zahlreichen Dienstleistungen, die eine Apotheke anbieten kann, "mehr als ein Unternehmen".

Diesen Aufruf ernst zu nehmen, das passt auch zur neuen Apothekenbetriebsordnung. Sie gibt den Apotheken für die nächsten Jahre eine Stoßrichtung vor, die sich kurz zusammenfassen lässt mit: mehr Qualität und mehr Beratung. Auch wenn der eine oder andere Knackpunkt noch in der neuen Verordnung auftauchen wird, so ist der Grundgedanke richtig. In einem Interview mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ulrike Flach, konnte ich einige kritische Punkte der neuen ApBetrO ansprechen (siehe DAZ-Interview mit Ulrike Flach). Aus ihren Antworten ging hervor, dass sich alle Diskussionen zur Apothekenbetriebsordnung von diesen Grundgedanken, ein Mehr an Qualität und Beratung in den Apotheken zu verankern, leiten ließen. Selbst wenn die eine oder andere Bestimmung der Apotheke möglicherweise mehr Arbeit auferlegt – Flach ist überzeugt, dass diese Verordnung die Apotheke zukunftsfest macht.

Die Apotheke, "mehr als ein Unternehmen", ja, aber damit bleibt sie dennoch ein Unternehmen. Dazu passt auch die erstmalige Verankerung der apothekenüblichen Dienstleistungen in der neuen Apothekenbetriebsordnung. Dienstleistungen, wie beispielsweise die Durchführung einfacher Gesundheitstest oder die Vermittlung gesundheitsbezogener Informationen. Auch das Engagement einiger Apotheken in Richtung Vorsorge und Präventionsleistungen passt nach meiner Ansicht sehr gut zu diesem Punkt. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg hat hierzu einen neuen Service ins Leben gerufen, der Vorbildcharakter haben könnte: Die Mitglieder können sich online einen Überblick über das mögliche zusätzliche Beratungs- und Serviceangebot in Apotheken verschaffen. Grundlage dafür ist die Online-Ausgabe des Leistungskatalogs für Beratungs- und Serviceangebote in Apotheken (LeiKa). Er ist Leitfaden für alle individuellen Dienst- und Serviceleistungen, um sie in gleicher und höchster Qualität umsetzen zu können: angefangen bei Beratungsthemen bis hin zur Bestimmung physiologischer Parameter und anderer Messwerte. Zusätzlich bietet LeiKa auch einen Rechner, der die von den Patienten und Kunden zu tragenden Gebühren für die zusätzlichen Leistungen individuell ermittelt (siehe "LeiKa online – LAV Baden-Württemberg startet elektronisches Verzeichnis für Apothekenleistungen).

Übrigens, laut einer Umfrage des Instituts für Handelsforschung im Auftrag von Apothekerkammer und -verband Nordrhein sehen auch die Bundesbürger die Apotheke in zentraler Rolle. Über 90 Prozent "wünschen sich die Apotheke weiterhin als schnell und leicht zu erreichenden Ansprechpartner und Wegweiser im Gesundheitswesen" (für 46 Prozent trifft dies voll und ganz und für 45 Prozent eher zu). Und, "da ärztliche Gesundheitsleistungen immer weiter gekürzt werden, wird der Apotheker für meine Gesundheit immer wichtiger" – dem stimmten 24 Prozent voll und ganz und 46 Prozent eher zu. Außerdem glauben knapp 30 Prozent der Befragten, dass die Beratung zur Selbstbehandlung leichter Beschwerden zukünftig an Bedeutung gewinnt genauso wie die Beratung zu Medikamenten (32 Prozent).

So gesehen stimmt die Richtung mit der neuen Apothekenbetriebsordnung: mehr Beratung, mehr Qualität. Nutzen Sie die Chancen – auch im Bereich der Selbstmedikation!


Peter Ditzel



DAZ 2012, Nr. 25, S. 3

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