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Auf Pflanzenjagd im Taubertal

Pharmakobotanische Exkursion der Uni Frankfurt

Rutschfeste Schuhe, Verpflegungspaket und Pflanzenbestimmungsbuch – mit dieser Ausrüstung machten sich 18 Pharmaziestudierende der Universität Frankfurt auf zur alljährlichen Bio-Exkursion. Unter der Leitung von PD Dr. Ilse Zündorf fuhren sie ins Taubertal, wo sich die Pflanzenspezialisten Dr. Eric Martin, Andreas Protte und Prof. Markus Veit zu ihnen gesellten.

Bei Tauberbischofheim ging es direkt mit großen Schritten durch das Naturschutzgebiet Haigergrund. An seinen Steilhängen zeigt sich der Muschelkalk, und seine Hügel sind teilweise mit Halbtrockenrasen bedeckt; dort wachsen über 348, meist wärmeliebende Pflanzenarten. Neben den bekannten Spezies wie Galium odoratum (Waldmeister), Convallaria majalis (Maiglöckchen) und Plantago lanceolata (Spitzwegerich) sahen wir viele typische Arten des Halbtrockenrasens wie Dictamnus albus (Diptam), Hippocrepis comosa (Schopfiger Hufeisenklee), verschiedene Euphorbiaceen und mehrere Orchideen, insbesondere Orchis militaris , das Helmknabenkraut.


Naturschutzgebiet Haigergrund mit Frankfurter Pharmaziestudierenden und den Exkursionsleitern Andreas Protte und Dr. Ilse Zündorf (außen links) sowie Prof. Markus Veit und Dr. Eric Martin (außen rechts).
Foto: Nikodym

Heimische Orchideen

Highlights der Exkursion waren der seltene Frauenschuh (Cypripedium calceolus), dessen außergewöhnliche, große Blüte einem Damenschuh aus früheren Zeiten ähnelt, sowie die Spinnen- und Fliegenragwurz (Ophrys sphegodes und O. insectifera). Ragwurz-Arten sind faszinierende Beispiele für die Co-Evolution von Tieren und Pflanzen, denn sie imitieren mit der Form ihrer Blüten ihre bestäubenden Insekten und produzieren auch deren Sexuallockstoffe.

Der Orchideen-Reichtum des Gebietes ist leider in den letzten Jahren aufgrund widriger Wetterbedingungen, unter anderem wegen des letztjährigen sehr trockenen und zu warmen Frühlings und der diesjährigen sehr späten Winterfröste, stark geschwunden. In den nächsten Jahren dürfte die Pflanzenpracht jedoch zurückkehren, denn Orchideen können mit ihren Wurzelknollen mehrere Jahre im Erdreich überdauern.

Die Pflege des artenreichen Halbtrockenrasens ist eine Aufgabe des Naturschutzes; sie verhindert die natürliche Sukzession, die zu einer Verbuschung (z. B. durch Schlehdorn) führen würde, schont aber seltene Gehölze wie die Sorbus -Arten Mehlbeere und Elsbeere.

In den Gehölzen des Haigergrunds sind Wald- und Schwarzkiefer (Pinus sylvestris und P. nigra) häufig anzutreffen, denn in den mainfränkischen Trockengebieten haben sie Standortvorteile gegenüber der ansonsten in Mitteleuropa dominierenden Rotbuche (Fagus sylvatica). Beide Kiefernarten dienen der Gewinnung von Kiefernnadel- und Terpentinöl, die – im Gegensatz zum Latschenkiefernöl – technische Rohstoffe sind.

Morphologie und Biochemie

Zahllose Pflanzen, denen wir begegneten, haben wir anhand ihrer morphologischen Merkmale bestimmt, systematisch eingeordnet und gegebenenfalls auch bezüglich ihre pharmazeutisch relevanten Eigenschaften gewürdigt. Als Beispiel sei der Diptam genannt: Er zählt zur Familie Rutaceae; seine morphologischen Besonderheiten sind: behaarter Stängel mit zahlreichen schwarzen Drüsen, unpaarig gefiederte Blätter und in Trauben stehende Blüten mit rosa Kronblättern. Seine biologisch aktiven Inhaltsstoffe sind Furanocumarine, die enzymhemmend wirken und bei Kontakt mit der Haut deren Lichtempfindlichkeit erhöhen. Dazu zählt auch das 8‑Methoxypsoralen (Methoxsalen), das als Reinsubstanz in Kombination mit einer UV-A-Bestrahlung zur Behandlung der Psoriasis (Schuppenflechte) eingesetzt wird (PUVA-Therapie).

Insgesamt war diese Exkursion ein voller Erfolg, zumal die Teilnahme dank der finanziellen Unterstützung durch Prof. Popp (Fa. Bionorica) kostenlos war. Es hat allen Spaß gemacht, beim Wandern durch die Natur zu lernen. Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, kann sehen, welche Vielfalt und Schönheit die Natur bietet und welch großer pharmazeutischer Nutzen in den Pflanzen steckt.


Lukas Nikodym, Frankfurt



DAZ 2012, Nr. 25, S. 80

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