Arzneimittel und Therapie

Mit zunehmendem Alter verringerte Harnblasenfunktion

Besondere Probleme bei neurologischen Störungen

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, Funktionsstörungen der Harnblase zu entwickeln, die schließlich in eine manifeste Harninkontinenz münden können. Wie die Behandlung zu gestalten ist und inwieweit Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie einem Morbus Parkinson oder einer multiplen Sklerose betroffen sind, wurde bei der 23. Jahrestagung der Deutschen Kontinenz Gesellschaft in Köln diskutiert.
Eine instabile Blase tritt weitaus häufiger auf als bisher angenommen. Sie wird nicht in allen Fällen optimal behandelt, und das Arsenal therapeutischer Möglichkeiten wird häufig nicht ausreichend genutzt. Foto: Boehringer Ingelheim/Pfizer

Die Häufigkeit von LUTS (Lower Urinary Tract Symptoms) sowie der OAB, also der überaktiven Blase (Overactive Bladder) steigt mit zunehmendem Lebensalter. Die beiden Störungen treten nicht selten zusammen auf, wie Prof. Dr. Klaus Höfner, Oberhausen, beim 23. Jahreskongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft in Köln betonte. Denn zum einen steigt mit zunehmendem Alter bei Männern die Inzidenz der benignen Prostatahyperplasie (BPH), zum anderen kommt es oftmals gleichzeitig zu Veränderungen der Detrusorfunktion aufgrund metabolischer oder neurogener Erkrankungen.

Kombinations- statt Monotherapie

Die Patienten wurden bislang überwiegend mittels einer Monotherapie behandelt. Inzwischen wird allerdings häufiger eine Kombination aus Alphablocker und 5-alpha-Reduktasehemmer verordnet und ist zudem auch leitliniengerecht. "Nicht selten ist ferner eine Kombination von Alphablockern und Anticholinergika sinnvoll", berichtete Prof. Dr. Stephan Bross aus Bruchsal. Auch die Kombination von Anticholinergika und 5-alpha-Reduktasehemmer ist bei der Behandlung von LUTS und OAB möglich. Durch die Kombinationstherapie kann laut Bross die Symptomatik oft besser als durch die Monotherapie gelindert werden. Allerdings sind Begleiterkrankungen zu berücksichtigen. So können – ganz unabhängig von den höheren Therapiekosten – beispielsweise kognitive Einschränkungen die Therapiemöglichkeiten limitieren.

Stehen obstruktive Symptome im Vordergrund, so kommen nach Bross vor allem Alpha rezeptorenblocker und 5-alpha-Reduktasehemmer zum Einsatz und können das Progressionsrisiko einer Prostatahyperplasie deutlich senken. Bei irritativen Symptomen wird neben dem Alphablocker eher ein Anticholinergikum verordnet. Noch unklar ist demgegenüber der Stellenwert einer Kombination von Alphablocker und Phosphodiesterase-5-Hemmer, erläuterte der Urologe.

Harninkontinenz bei neuro logischen Erkrankungen

Besondere Probleme können sich bei neurologischen Störungen wie dem Morbus Parkinson und der multiplen Sklerose ergeben. Patienten mit diesen Erkrankungen weisen andererseits überproportional häufig eine Harninkontinenz auf, was massive Einschränkungen der Lebensqualität bedingt, wie Dr. Jürgen Pannek aus Notwil darlegte. Bei der multiplen Sklerose treten neurogene Blasenfunktionsstörungen nach seinen Worten in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium bei rund 80% der Patienten auf. Die Störungen sind mit Antimuskarinika oder auch Botulinumtoxin-Injektionen zu behandeln mit eventuell notwendiger intermittierender Katheterisierung oder generell mittels einer Harnableitung via Katheter. Als Alternativen nannte der Mediziner die externe Elektrostimulation, das Beckenbodentraining und/oder die sakrale Neuromodulation.

Beim Morbus Parkinson kommt es nach seinen Ausführungen vor allem zu einer Detrusor hyperaktivität und es ist eine anticholinerge Medikation indiziert, die allerdings gut auf die Antiparkinson-Behandlung abgestimmt werden muss, um nicht den Therapieerfolg bei der Grunderkrankung zu beeinträchtigen. Auch bei der Parkinsonschen Krankheit gibt es nach Pannek erste Hinweise, dass möglicherweise eine Botulinumtoxin-Behandlung hilfreich sein kann. Als besonders wichtig hob der Urologe hervor, dass sowohl beim Morbus Parkinson wie auch der multi plen Sklerose vor jeder interventionellen Therapie eine urodynamische Abklärung erfolgen muss, um neurogene und morphologische Ursachen der Inkontinenz zu differenzieren.


Medizinjournalistin
Christine Vetter



DAZ 2012, Nr. 2, S. 45

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