DAZ aktuell

Flucht aus der PKV?

Private Krankenversicherung wehrt sich gegen GKV-Behauptungen

BERLIN (lk). Mit einer Medienoffensive haben sich die privaten Krankenkassen gegen Behauptungen der gesetzlichen Konkurrenz zur Wehr gesetzt, im Jahr 2011 habe eine massive Abwanderung von Privatversicherten zu den gesetzlichen Krankenkassen eingesetzt. Der Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), Volker Leienbach, wies entsprechende Berichte zurück und betonte, dass alljährlich noch immer deutlich mehr Menschen aus der GKV in die PKV wechselten als umgekehrt.

Aus den Reihen der gesetzlichen Krankenkassen wurde hingegen berichtet, es habe im Jahr 2011 eine verstärkte Abwanderung aus der PKV gegeben: "Bei uns häufen sich die telefonischen Anfragen von Privatversicherten, die zur AOK kommen wollen", sagte beispielsweise der Chef der AOK Rheinland/Hamburg, Wilfried Jacobs, dem "Spiegel".

Solche Behauptungen, so Leienbach, seien "absurd und nachweislich falsch". Tatsächlich zeige der Saldo der Wanderungsbewegungen zwischen GKV und PKV Jahr für Jahr einen großen Abstand zugunsten der PKV. Auch wenn es noch keine abschließenden Zahlen für das Jahr 2011 gebe – schon die Zwischenberichte zeigten, dass von einem Abwanderungstrend nicht die Rede sein könne. "Das Gegenteil ist richtig" so Leienbach.

Der PKV-Verband listete als Beweis Zahlen zu Wanderungsbewegungen auf. So habe es 2010 rund 227.700 Übertritte zur PKV gegeben, während nur 153.200 Abgänge zur GKV zu verzeichnen gewesen seien – ein Saldo von plus 74.500 zugunsten der Privaten. Im Jahr 2009 lag dieser Saldo laut PKV-Verband gar bei 141.700: Damals wechselten 288.200 von der GKV in die PKV, 146.500 gingen den umgekehrten Weg. Die Liste reicht zurück bis ins Jahr 2006, wobei in jedem Jahr ein Überschuss zugunsten der PKV aufgezeigt wird.

Leienbach verwies weiterhin darauf, dass die meisten Wechsel zur GKV infolge zwingender gesetzlicher Vorgaben erfolgten – "vielfach sogar gegen den erklärten Willen der Versicherten". Demgegenüber erfolge jeder Wechsel von der GKV zur PKV komplett freiwillig, heißt es in der Pressemeldung des Verbandes.

Die Barmer GEK gab jedoch an, im Laufe des vergangenen Jahres seien rund 27.600 Versicherte von der privaten Konkurrenz gewechselt, neun Prozent mehr als im Vorjahr. Eine ähnliche Tendenz bestätigte die Techniker Krankenkasse: Dorthin wechselten im vergangenen Jahr 68.000 Versicherte, fast zwölf Prozent mehr. "Es scheint sich langsam herumzusprechen, dass das schöne Werbebild der PKV von ‚stets besser und billiger‘ der Realität nicht entspricht", fachte GKV-Verbandssprecher Florian Lanz die Diskussion an. "Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ist uns jeder willkommen."

Zu den Berichten über Kassenwechsler gab es zeitgleich Meldungen über erhebliche Prämien erhöhungen in der PKV zum Jahresbeginn um bis zu 50 Prozent. Laut PKV-Sprecher Stefan Reker handelt es sich dabei nur um Einzelfälle.

Zum Beweis legte der Branchenführer, die Debeka Krankenversicherung aus Koblenz, ihre Zahlen offen: "Einzelne Negativbeispiele, etwa beim Thema Beitragserhöhungen, werden aber von Mitbewerbern aus dem Bereich der GKV gerne in pauschale Urteile für eine gesamte Branche umgewandelt und für politische Zwecke genutzt", erklärt Uwe Laue, Vorstandsvorsitzender der Debeka. Das sei unseriös und spiegele weder Wahrheit noch Wirklichkeit wider. So seien bei der Debeka die Tarife für Angestellte und Selbstständige zum Jahresanfang überhaupt nicht, für Beamte erstmals nach zwei Jahren nur um rund 3,6 Prozent erhöht worden. Nach Erhebungen des Analysehauses Morgen & Morgen liegen die Beitragserhöhungen der Branche für das Jahr 2012 im Schnitt bei 4,4 Prozent. Immer wieder sorgen jedoch Berichte über extreme Prämienerhöhungen in Einzelfällen für Diskussionsstoff.



DAZ 2012, Nr. 2, S. 30

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