Feuilleton

Artenschutz an der Pleiße

Ausstellung im Museum Mauritianum in Altenburg

Die Pleiße in Leipzig und seinen südlichen Vororten war zur Zeit der DDR der Inbegriff eines völlig verschmutzten Flusses. Nach der Flutung der meisten Braunkohlegruben ("Leipziger Neuseenland") und der Stilllegung chemischer Industriebetriebe ist sie wieder relativ sauber, und weiter flussaufwärts gibt es sogar fast ein Paradies: die Pleißewiesen bei Windischleuba. Eine Sonderausstellung im Naturkundlichen Museum Mauritianum in Altenburg informiert bis zum 4. März über die jüngsten, sehr erfolgreichen Maßnahmen, die Lebensbedingungen für bedroh te Tier- und Pflanzenarten in den Pleißewiesen zu verbessern.

Ausstellung

Naturkundliches Museum Mauritianum
Parkstraße 1, 04600 Altenburg
Tel. (0 34 47) 25 89; www.mauritianum.de
Geöffnet: Dienstag bis Freitag 13 – 17 Uhr, Samstag und Sonntag 10 – 17 Uhr

Extensiv genutzte Wiesen und Tümpel Viele selten gewordene Tiere fühlen sich nur in dieser "Kulturlandschaft von gestern" wohl.
Foto: Kipping

Die Europäische Gemeinschaft hatte bereits 1992 beschlossen, unter der Bezeichnung "Natura 2000" ein Netz von Flora-Fauna-Habitaten (FFH) und Vogelschutzgebieten zu schaffen. In der Bundesrepublik machen sie heute gut 15% der Landesfläche aus, in Thüringen sogar 17%. Im Landkreis Altenburger Land betreut das Mauritianum gemein sam mit der NABU-Stiftung die beiden FFH "Pleißewiesen Windischleuba" (219 ha) und "Haselbacher Teiche und Pleiße aue" (240 ha).

In der Pleißeaue hat der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) seine Population während der vergangenen drei Jahre auf 2000 Individuen verzehnfacht. Dies ist nur eines von vielen Ergebnissen des Projekts "Pleißeaue Altenburger Land", das von 2008 bis 2011 durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt des Projekts stand die Erhaltung der historischen Kulturlandschaft, um die an diesen speziellen Lebensraum angepassten, aber durch die Intensivierung der Landwirtschaft selten gewordenen Tier- und Pflanzenarten zu schützen oder wieder heimisch zu machen.

Großer Wiesenknopf und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der Falter lebt mit dem Kraut und bestimmten Ameisenarten in Symbiose. Foto: Kipping

Der Freistaat Thüringen stellte der NABU-Stiftung Mittel aus dem ELER-Fonds der Europäischen Union (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) zur Verfügung, damit sie zwei größere Teilflächen der FFH-Gebiete (70 ha bzw. 6 ha) erwerben konnte.

Haselbacher Teiche

Bereits 2004 hatte der NABU die Haselbacher Teiche gepachtet, um sie auf eine extensive Fischwirtschaft umzustellen. Seitdem finden dort Kleinfische wie das Moderlieschen" (Leucaspius delineatus) und zahlreiche Wasserinsektenarten wieder zusagende Lebensbedingungen. Seit wenigen Jahren ist in den Gewässern sogar – einmalig in Thüringen – das Große Nixkraut (Najas marina) zu finden. Auch ist der Anfang der 60er Jahre letztmals im Landkreis gesichtete Fischotter zurückgekehrt. Zudem brüten wieder regelmäßig ein Fischadler- und ein Seeadler paar, die in den Teichen genügend Nahrung finden.

Durch die Wiederherstellung der historischen Hälterteiche konnte der Lebensraum für Teichmolche, Rotbauchunken und Erdkröten zurückgewonnen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die ersten Kammmolche in den künstlichen Klein gewässern ablaichen. Mittlerweile wurden sogar erste Rufe der seltenen Knoblauchkröte gehört. Seit 2010 können wieder Eisvögel bei der Nahrungssuche und Libellen beim Balzflug beobachtet werden.


Der Laubfrosch – einst allgemein verbreitet, heute eher selten. Foto: Kipping

Pleißewiesen

Die Pleißewiesen werden teilweise von Kühen beweidet, teils werden sie gemäht, aber erst, nachdem die meisten Kräuter reife Samen gebildet haben. Dadurch hat sich manche bedrohte Pflanzenart wieder erholt und ausgebreitet, z. B. der Kleine Klappertopf (Rhinanthus minor), ein einjähriges, halbparasitäres Sommerwurzgewächs.

Für Amphibien legte das Projekt team sechs Laichgewässer an. Bereits im Frühling 2011 waren in zwei Tümpeln erstmals die Rufe der Wechselkröte zu vernehmen, die fast nur noch in Sekundärhabitaten wie gefluteten Kiesgruben und Tagebauen vorkommt. Die Gerstenbachaue südlich von Unterzetzscha gilt als einziges Primärhabitat ganz Mitteldeutschlands. Dort gibt es auch eine große Population der Knoblauchkröte.

Neben dem Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling profitieren noch knapp 20 weitere Tagfalterarten und etwa ebenso viele Heuschreckenspezies von den Naturschutzmaßnahmen. Der aus südlichen Regionen stammende Distelfalter flog im Mai 2009 ungewöhnlich zahlreich ein. Auf sechs Probeflächen wurden 41 (teils seltene) Laufkäferspezies nachgewiesen.

Wasserbüffel verhindern, dass der Rohr kolben die Laichgewässer überwuchert. Foto: Kipping

Seit dem Frühling 2011 stehen auf der Wiese bei Remsa zwölf erwachsene Karpatenbüffel und zwei Kälber. Weil die robusten Tiere das feuchte Element lieben, grasen sie auch am Ufer der Tümpel und verhindern, dass der Rohrkolben alles überwuchert; so erhalten sie die Laichzonen für Wechselkröten. Auch bei Unterzetzscha sollen in absehbarer Zeit Büffel die Ufer zonen beweiden.

Damit die Einwohner den Sinn der Schutzmaßnahmen verstehen und akzeptieren, wurden am Wiesenweg von Remsa nach Windischleuba Informations tafeln aufgestellt. Die Resonanz sei überaus positiv, berichtet Projektleiter Jens Kipping. Er plant bereits ein weiteres Projekt an der Pleiße: südlich von Alten burg bis Gößnitz.


Reinhard Wylegalla

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