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Kein Geld für Apotheker?

Peter Ditzel

Der Gesundheitsminister verteilt "unbeirrt Millionen an Ärzte und Kliniken", daher "explodieren im System die Kosten", schreibt Deutschlands Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner letzten Ausgabe. 280 Millionen Euro will Bahr den Krankenhäusern an zusätzlichem Geld zukommen lassen. 600 Millionen Euro mehr an Honoraren erhalten die niedergelassenen Ärzte laut Spiegel-Bericht bereits in diesem Jahr. Neue Honorarverhandlungen mit den Ärzten seien bereits geplant, in die Gespräche gingen die Ärzte "traditionell mit Milliardenforderungen". Auch bei den Arzneimitteln werde fast alles teurer, weiß der Bericht und verweist auf die ersten drei Monate dieses Jahres, in dem die Arzneimittelausgaben um 4,5% auf rund sieben Milliarden Euro gestiegen seien.

Die "Macht der Pharma-Lobby", heißt es da im typischen Spiegel-Jargon, wollte die FDP brechen. Mit den Zwangsrabatten für die Arzneimittelhersteller habe es anfangs auch gut ausgesehen, aber deren Wirkung sei mittlerweile verpufft. Und ob die Sparpläne mit der Nutzenbewertung und der daraus folgenden Festlegung und Veröffentlichung der Preise aufgingen, dürfte noch nicht feststehen. Der Beitragssatz der Krankenkassen sei seit 1980 um gut ein Drittel gestiegen. "Allein der medizinische Fortschritt und die alternde Gesellschaft können daran nicht schuld sein. Der Großteil des Geldes fließt an Pharma-Konzerne, Apotheker und Ärzte. Je einflussreicher die Lobby, desto höher der Gewinn", schlussfolgert der Spiegel.

Ein Satz, der mich ärgerlich werden lässt. Wer heutzutage im Zusammenhang mit Geld und Gewinn die Apotheker noch in einem Atemzug mit den Pharmakonzernen und Ärzten nennt, hat schlecht recherchiert oder ist bösartig und will Stimmung machen. Apotheken werden immer noch für die Arzneimittelausgaben mitverantwortlich gemacht. Es ist unser Schicksal, dass die Produkte der Pharmakonzerne über unseren Tisch gehen. Dass wir die teuren Arzneimittel der Hersteller an die Patienten abgeben und wir damit automatisch bei Journalisten von Spiegel, Handelsblatt und anderen im Boot der Pharmaindustrie sitzen. Wer genau hinschaut, sollte wissen, dass die wirklich einzigartige Distributions-, Beratungs- und Arzneimittelsicherheitsleistung der Apotheken mit lächerlichen 2,3% der GKV-Ausgaben zu Buche schlägt (Wertschöpfungsanteil der Apotheken nach AMpreisV). Und dieser Wert ist im Laufe der letzten Jahre sogar gesunken.

Wer noch genauer hinschaut, wird auch feststellen, dass es die Apotheker sind, die von jeder Honorarerhöhung seit 2004 abgekoppelt sind, ganz zu schweigen von einer Anpassung der Notdienst- und BtM-Gebühr und einer seit Jahren überfälligen Anpassung der Rezepturarbeitspreise. Rechnet man die Arbeitspreise auf einen Stundensatz um, zeigt sich, dass dafür kein Klempner, kein Elektriker und erst recht kein Arzt oder Zahnarzt auch nur irgendeine Leistung erbringen würde. Geschweige denn eine Leistung, an die nach der neuen Apothekenbetriebsordnung noch höhere Anforderungen hinsichtlich Prüfung und Dokumentation gestellt werden als bisher (siehe hierzu auch unsere Beiträge zur Rezeptur und Defektur in dieser Ausgabe, S. 42 und S. 46). Und wenn man zu Zeiten der alten Arzneimittelpreisverordnung – als der Apotheker am Arzneimittelpreis mitverdiente – noch von einer Art Mischkalkulation reden konnte und die Rezepturarbeitspreise subventioniert wurden: spätestens mit Inkrafttreten der derzeit gültigen Arzneimittelpreisverordnung war dies vorbei. Parallel zur Umstellung auf 8,10 Euro wäre auch eine reale Anpassung der Rezepturarbeitspreise und Notdienstgebühr notwendig gewesen. Zwar wurden die Arbeitspreise seinerzeit "verdoppelt", aber dies bedeutete noch lange nicht, dass sie eine gerechte Entlohnung darstellten. Ähnlich wäre die Situation auch heute: Selbst wenn heute der Arbeitspreis für Rezepturen verdoppelt würde, wäre er nicht kostendeckend.

Und nach Inkrafttreten der neuen Apothekenbetriebsordnung mit ihren erhöhten Anforderungen zur Rezeptur und Defektur: Werden sich die Apotheken Deutschlands auf die Herstellung einer Salbe oder auf das Gießen von Suppositorien freuen? Werden sie mit Freude den herstellerischen und bürokratischen Aufwand betreiben, den nun die Anfertigung von Salben, Cremes und Co. erfordern? Man dürfte nicht verkehrt liegen, wenn die Freude auf eine Rezeptur getrübt ist. Herstellungsanweisung, Plausibilitätsprüfung, Inprozesskontrollen und Dokumentation werden den Zeitaufwand für die Rezeptur erheblich vergrößern – ohne adäquate Entlohnung.

Wie geht es weiter? Die gleichzeitige Anhebung der Entgelte für Notdienst, BtM und Rezeptur sowie eine Erhöhung des Apothekenhonorars hat der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, ausgeschlossen, es sei nur "entweder oder" möglich. Unsere Berufsvertretung hat sich entschlossen, zunächst für eine Anhebung des Apothekenhonorars zu kämpfen. Es darf nur der erste Schritt sein ….


Peter Ditzel



DAZ 2012, Nr. 19, S. 3

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