DAZ aktuell

Griechenland: Bürokratie, Schulden, Streiks

Eine griechische Apothekerin ist trotz allem optimistisch

MIRES (dk/rb). Griechenland bleibt weiterhin ein Sorgenkind in Europa. Bei der Wahl am vergangenen Sonntag wurden die großen Volksparteien abgestraft. Linke und rechte Splitterparteien erhielten Zuwächse. Wie die neue Regierung aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Ungeklärte Verhältnisse gibt es auch bereits seit Monaten im Gesundheitswesen. Die DAZ hatte Gelegenheit, mit Evangelia Pratikaki, die in Mires auf Kreta eine Apotheke betreibt, ein kurzes Gespräch zu führen. Der griechische Staat schuldet ihr Geld – doch sie blickt, jetzt nach den Wahlen, optimistisch in die Zukunft.
Apotheken in Griechenland haben keinen Namen, so wie wir es in Deutschland kennen. Sie heißen grundsätzlich nach ihren Inhabern – in diesem Fall also "Apotheke Evangelia Pratikaki".

DAZ: Die griechischen Apotheker müssen zurzeit mit vielen Änderungen leben. Was ist für Sie in Ihrer Apotheke das größte Problem?

Pratikaki: Das größte Problem ist die Bürokratie, die immer aufgeblähter wird. In den Apotheken ist zwar ein neues elektronisches Abrechnungssystem eingeführt worden, doch zur Ausgabe jedes einzelnen verschriebenen Medikaments müssen nun unzählige Papiere ausgefüllt und Etiketten mit Barcodes aufgeklebt werden, und der Patient muss unterschreiben. Ich nehme mir häufig Arbeit mit nach Hause, weil die ganze Bürokratie sonst nicht zu bewältigen wäre.

Ein weiteres Problem ist, dass wir nicht mehr alle Medikamente bekommen. Früher hatten wir viele Original-Medikamente zur Verfügung, jetzt müssen wir häufig auf Generika zurückgreifen.


DAZ: In Deutschland war zu lesen, dass der griechische Staat den Apotheken Geld schuldet und Arzneimittel nur noch gegen Barzahlung an die Kunden abgegeben werden. Wie ist das bei Ihnen?

Pratikaki: Ja, der Staat schuldet mir Geld. Und ich gebe in der Regel auch Arzneimittel nur gegen Barzahlung ab. Allerdings haben wir auch Kunden, die nicht sofort bezahlen müssen, sondern 20 Tage Zeit dafür haben, oder sie begleichen einmal im Monat die Rechnung für alles, was angefallen ist.


Bei der Ausgabe jedes einzelnen verschreibungspflichtigen Medikaments muss Apothekerin Evangelia Pratikaki unzählige Papiere ausfüllen. Etiketten mit Barcodes müssen abgescannt werden und der Patient muss das erhaltene Medikament schriftlich quittieren. Fotos: Doris Köhl

DAZ: In unserer Presse wurde auch berichtet, dass die griechischen Apotheker gestreikt haben bzw. weiter streiken wollen. Beteiligen Sie sich an diesen Streiks?

Pratikaki: Ja, wir haben gestreikt. Ich unterstütze diese Streiks und habe mich auch daran beteiligt. Wir müssen demonstrieren, dass wir mit der Politik nicht einverstanden sind.


DAZ: Was müsste sich Ihrer Meinung für die griechischen Apotheken ändern?

Pratikaki: Die übertriebene Bürokratie müsste vereinfacht werden. Die ganze Politik muss sich ändern. Wir machen unsere Arbeit wie jeder andere in jedem anderen Land, aber die Politik legt uns nur Steine in den Weg.


DAZ: Sehen Sie noch optimistisch in die Zukunft?

Pratikaki: Ja, ich bin trotz allem optimistisch. Wir hatten gerade Wahlen, und ich hoffe, dass sich jetzt etwas zum Positiven ändert.


Doris Köhl, Grafikerin und freie Mitarbeiterin des Deutschen Apotheker Verlags, führte das Interview im Auftrag der DAZ-Redaktion.



DAZ 2012, Nr. 19, S. 28

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