DAZ aktuell

E-Zigaretten: Nicotinhaltige Liquids sind kein Arzneimittel

Oberverwaltungsgericht weist NRW-Gesundheitsministerium in die Schranken

MÜNSTER (ks). Ende letzten Jahres warnte die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in einer Pressemitteilung vor den Gefahren des E-Zigaretten-Konsums. Sie hielt die hierbei verwendeten nicotinhaltigen Liquids für Arzneimittel, die einer Zulassung bedürften. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat dem Land Nordrhein-Westfalen diese Warnungen nun per einstweiliger Anordnung untersagt. Die Richter sind der Auffassung, dass die E-Zigarette und ein nicotinhaltiges Liquid weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz unterfallen. (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. April 2012, Az.: 13 B 127/12)

Das NRW-Gesundheitsministerium hatte in einer Pressemeldung vom 16. Dezember 2011 erklärt, dass nicotinhaltige E-Zigaretten als Arzneimittel einzustufen seien. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung besitzen sie jedoch nicht. Am selben Tag informierte das Ministerium die Bezirksregierungen über die nach seiner Meinung bestehende Rechtslage. Nicotin sei eine pharmakologisch wirkende Substanz und nicotinhaltige Liquids unterlägen als Funktionsarzneimittel dem Arzneimittelrecht. Die E-Zigarette als Applikator unterliege dem Medizinproduktegesetz. Der Erlass wurde auch allen Apotheken im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein zur Kenntnis gegeben, und zwar mit dem Zusatz "Bitte informieren Sie auch Ihre Mitarbeiter/innen".

Eine Produzentin und Vertreiberin von E-Zigaretten beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, dem Ministerium diese Äußerungen im Wege einer einstweiliger Anordnung zu untersagen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht hat dies mit seinem aktuellen Beschluss nun geändert – es gab dem Begehren der Antragstellerin im Wesentlichen statt.

Die Entscheidungsgründe lagen zu Wochenbeginn noch nicht vor. In der Pressemeldung des Gerichts heißt es aber, mit Rücksicht auf die Berichterstattung in den Medien zur Verkehrsfähigkeit der E-Zigarette spreche mehr dafür, dass die streitigen Äußerungen des Ministeriums wie ein Verbot wirkten. Deshalb sei die rechtliche Einschätzung des Ministeriums nicht nur auf seine Vertretbarkeit zu überprüfen, wie durch das Verwaltungsgericht geschehen. Vielmehr habe das Gericht eine eigene rechtliche Wertung am Maßstab des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes vorzunehmen. Danach seien die in der Pressemeldung des Ministeriums und in dem Erlass enthaltenen Äußerungen rechtswidrig. Die E-Zigarette und ein nicotinhaltiges Liquid unterfielen weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz, so das Oberverwaltungsgericht. Das Liquid erfülle schon nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Bei ihm stehe es nicht im Vordergrund, vom Nicotinkonsum zu entwöhnen oder die Abhängigkeit zu lindern. Die E-Zigarette nebst Zubehör habe zudem keine für ein Arzneimittel erforderliche therapeutische oder prophylaktische Zweckbestimmung.

Beim Verband des eZigarettenhandels (VdeH) freut man sich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln (Urteil vom 20. März, Az. 7 K 3169/11) sei mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nun das zweite Mal gerichtlich bestätigt worden, dass E-Zigaretten nicht als Arzneimittel einzuordnen sind. Dies sei ein wichtiges Ergebnis für alle Händler und Konsumenten.



DAZ 2012, Nr. 17, S. 43

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