Klinische Pharmazie

Projekt Zukunft

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Klinische Pharmazie und die Umsetzung in öffentlichen Apotheken

Ein Meinungsbeitrag von Jochen Pfeifer | Die inhabergeführte öffentliche Apotheke gewährleistet derzeit eine patientennahe, sichere und rasche Arzneimittelversorgung. Allerdings fragen sich viele Kolleginnen und Kollegen angesichts der Herausforderungen durch Rabattverträge und AMNOG, ob es überhaupt noch Sinn macht, in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation neue pharmazeutische Betreuungsprojekte in der öffentlichen Apotheke zu etablieren.

Auf dem Kongress zum 150. Jubiläum der Deutschen Apotheker Zeitung in Berlin im Juli 2011 wurden aus diesem Grund Vorschläge für eine neue Rolle der öffentlichen Apotheke in der Arzneimittelversorgung unterbreitet [1].

Diesen Vorschlägen, unter anderem von Prof. Dr. Hartmut Derendorf, Gainesville/Florida, und Prof. Dr. Gerd Glaeske, Bremen, war gemeinsam, dass neuartige Versorgungsformen durch Apotheker gefragt sind.

Um eine neue Rolle für den öffentlichen Apotheker zu definieren, ist es erforderlich, folgende Fragen zu beantworten:

  • Warum ist es der Apothekerschaft bis heute nicht gelungen, die in der Fach- und Verbraucheröffentlichkeit anerkannten und vor allem gefragten Fachleute zu allen Aspekten der Arzneimittelanwendung zu werden? Im deutschen Fernsehen beispielsweise treten bei Fragen zu Arzneimitteln in der Regel Ärzte, Professoren oder Vertreter von Verbraucherzentralen auf, selten öffentliche Apotheker.

  • Warum nutzen die Apotheker nicht die Chancen der Spezialisierung wie etwa zum Fachapotheker für Geriatrische Pharmazie? Liegt es vielleicht daran, dass diese sehr anspruchsvolle Weiterbildung für die Versorgung eines Altenheims nicht obligatorisch ist? Und warum ist sie das eigentlich nicht?

  • Warum gibt es in Deutschland keine multimorbiditätsorientierten Leitlinien, in denen das Wissen des Apothekers bei der Arzneimitteltherapie zur Minimierung problematischer Polypharmazie berücksichtigt wird und Wege aufgezeigt werden, wie das Wissen zu nutzen ist?

  • Warum belegen die Apotheker nicht endlich auch in Deutschland den Mehrwert ihrer Arbeit beispielsweise aus der Vermeidung von Interaktionen? Die Zahlen aus dem ABDA/KBV-Modell zeigen den richtigen Weg, müssen aber anhand von Studien in Deutschland mit spezialisierten Apothekern auch verifiziert werden.

  • Warum werden die öffentlichen Apotheken nicht im Rahmen eines Behandlungsnetzes oder einer integrierten Versorgung zu Beratungszentren in der Arzneimitteltherapie ?

Andere Länder zeigen uns, dass Apotheker diese Forderungen als kompetente Partner des Arztes umsetzen und als Medikationstherapiemanager in der Betreuung der Patienten arbeiten können [2]. Das wirft die Frage auf, warum wir uns in Deutschland damit so schwer tun.

Pharmazeutische Beratung oder Pharmazeutische Betreuung?

Ein Grund hierfür ist, dass in Deutschland die Begriffe "Pharmazeutische Beratung" und "Pharmazeutische Betreuung" häufig nicht sauber voneinander getrennt und manchmal sogar durcheinandergeworfen werden [3].

Nicht alles, was im Rahmen von pharmazeutischer Beratung in einer öffentlichen Apotheke zurzeit in Deutschland durchgeführt wird, ist auch eine pharmazeutische Betreuung.

Der Begriff der pharmazeutischen Betreuung kommt im deutschen Apothekenrecht überhaupt nicht vor – wohl hingegen der Begriff der "Beratung".

§ 20 Abs 1 Apothekenbetriebsordnung schreibt vor, dass der Apotheker Kunden und die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen zu informieren und zu beraten hat, soweit dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist. Durch die Information und Beratung der Kunden darf aber die Therapie der zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen nicht beeinträchtigt werden. Soweit Arzneimittel ohne Verschreibung abgegeben werden, hat der Apotheker dem Kunden darüberhinaus die zur sachgerechten Anwendung erforderlichen Informationen zu geben.

Diese Leistungen der pharmazeutischen Beratung werden schon jetzt in deutschen öffentlichen Apotheken erbracht.

Verpasste Chance: Medikationsmanagement in Neufassung der Apothekenbetriebsordnung

In der vom Bundesrat am 30. März 2012 verabschiedeten Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung wird zum ersten Mal das Medikationsmanagement als pharmazeutische Tätigkeit im Sinne der Apothekenbetriebsordnung definiert [4]. Gemäß § 1a Abs 3 Nr. 6 ist Pharmazeutische Tätigkeit im Sinne dieser Verordnung auch das Medikationsmanagement, mit dem die gesamte Medikation des Patienten, einschließlich der Selbstmedikation, wiederholt analysiert wird mit den Zielen, die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Therapietreue zu verbessern, indem arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst werden. § 3 Abs 4 legt fest, dass die Bewertung der Analyse und die Beratung im Rahmen eines Medikationsmanagements durch einen Apotheker der Apotheke erfolgen müssen.

Eine solche in § 1a Abs 3 Nr. 6 enthaltene Definition befindet sich in abgewandelter Form bereits in § 20 ApoBetrO (alte Fassung), wonach der Apotheker verpflichtet ist, den Patienten zu informieren und zu beraten mit dem Ziel, die Arzneimittelsicherheit sicherzustellen und zwar einschließlich der Selbstmedikation. Neu ist nur die "wiederholte Analyse" zur Erhöhung der Therapietreue sowie der Begriff des "Medikationsmanagements".

Diese Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit und die Erhöhung der Therapietreue könnten nach der Definition von Schulz [5] als "Pharmazeutische Betreuung" angesehen werden. Hiernach ist Pharmazeutische Betreuung die "konsequente Wahrnehmung der Mitverantwortung des Apothekers bei der Arzneimitteltherapie mit dem Ziel, bestimmte therapeutische Ergebnisse zu erreichen, die die gesundheitsbezogene Lebensqualität des Patienten verbessern".

Leider bleiben sowohl in dieser Definition von Schulz als auch in der Ausgestaltung des Medikationsmanagements durch den Verordnungsgeber die Art der notwendigen Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen, insbesondere mit dem Arzt, unklar. Diese Definitionen sind daher zu eng.

Das in der neuen Apothekenbetriebsordnung eingeführte Medikationsmanagement darf auch nicht mit den im Ausland bereits erfolgreich umgesetzten neuartigen pharmazeutischen Betreuungsformen des Medication Therapy Management (MTM) in den USA oder des australischen Home Medicines Review verwechselt werden. Medikationsmanagement als Teil der pharmazeutischen Betreuung sollte daher weiter gefasst werden.

Pharmazeutische Betreuung (auch manchmal als Pharmazeutische Fürsorge bezeichnet) ist vielmehr die konsequente Wahrnehmung der Mitverantwortung des Arzneimitteltherapiespezialisten mit dem Ziel, konkrete therapeutische Ergebnisse zu erzielen, die geeignet sind, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern [6].

Der Begriff der "Mitverantwortung" des Apothekers am Therapieerfolg für den Patienten kommt in der Neufassung der Apothekenbetriebsordnung überhaupt nicht vor. Der Apotheker sollte dennoch auch in Deutschland in die Lage versetzt werden – anders als beim Medikationsmanagement nach der neuen Apothekenbetriebsordnung – zu prüfen, ob die verordneten Medikamente bei dem einzelnen Patienten für die vom Arzt diagnostizierte Erkrankung die optimale Medikation darstellen, ob die Dosierung zutreffend ist, ob eventuell notwendige Medikamente im Therapieplan fehlen oder verordnete Medikamente überflüssig sind und ob die verordnete Medikation auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten die optimale Lösung ist [7]. Hierzu wurden neuartige Formen der pharmazeutischen Betreuung durch den Apotheker entwickelt und auf das deutsche System adaptiert [8] (Tab.). Dabei liegt die Therapiehoheit immer beim Arzt. Apotheker und Arzt dürfen dem Patienten gegenüber nur gemeinsam als Team auftreten.

Kategorien der Pharmazeutischen Betreuung

Kategorie 1
Durchführung einer umfassenden Patientenanalyse im Hinblick auf Arzneimittel und Krankheitsgeschichte in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt.
z. B.: Medication Therapy Management (USA), Home Medicines Review (Australien)
Kategorie 2
Analyse der Arzneimitteltherapie jeder medizinischen Indikation eines Patienten als Beratungsleistung für den behandelnden Arzt unter Berücksichtigung der Grundsätze der Evidence Based Medicine.
Pharmakotherapie-Beratung der Ärzte
Kategorie 3
Apotheker wird involviert, bevor der Arzt die Arznei verordnet.
Direkte und fortlaufende Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker bei der Behandlung des Patienten unter Beachtung der Therapiehoheit des Arztes.

Wie so etwas in der Praxis aussehen kann, zeigt das neue australische Modell einer zusätzlichen Honorierung für Apotheker [9]. Mit neuartigen Formen der pharmazeutischen Betreuung – wie beispielsweise der sog. Pharmacy Practice Initiative, eines Medikationsmanagements beim Patienten in der Wohnung – sowie einer Reform der Ausbildung der Apotheker wurde in Australien ein Standard entwickelt, der weltweit herausragend ist und der vor allem auch extra honoriert wird. Die Umsetzung solcher Projekte in der Praxis setzt sehr hohe Anforderungen an die klinisch-pharmazeutischen Kenntnisse und die kommunikativen Fähigkeiten der beratenden Apotheker voraus. So müssen sich beispielsweise in Australien die Apotheker, die solche Leistungen auch abrechnen wollen, akkreditieren lassen.

Diese australischen Strukturen bieten interessante und nachahmenswerte Aspekte auch für die deutsche öffentliche Apotheke. Eine entsprechende Umsetzung in Deutschland wird allerdings nur mit einer Verschärfung der Anforderungen an die Kompetenz des betreuenden öffentlichen Apothekers erfolgen können.

Leider hat der Verordnungsgeber die Chance versäumt, diese bereits im Ausland erfolgreich umgesetzten neuartigen Formen der pharmazeutischen Betreuung auch in Deutschland einzuführen.

Umsetzung in der öffentlichen Apotheke

Jede Apotheke ist nach den apothekenrechtlichen Bestimmungen verpflichtet, einen bestimmten Mindeststandard an Qualität und Service zu erfüllen. Sie kann darüber hinaus aber ganz unterschiedliche Leistungen anbieten.

Nach dem Sozialgesetzbuch V sind die Apotheker als Leistungserbringer im Gesundheitswesen außerdem zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der erbrachten Leistungen entsprechend dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse verpflichtet.

Mit den Leitlinien zur Qualitätssicherung der ABDA wurde ein solcher Rahmen definiert. Diese Leitlinien stellen Empfehlungen für apothekerliches Handeln in charakteristischen Situationen dar und dienen dem Ziel, die Qualität der pharmazeutischen Leistungen ständig zu verbessern [10].

Diese Leitlinien der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung sind dabei aus rechtlichen Gründen nur als Empfehlungen zu verstehen [6]. Sie entbinden den Apotheker nicht von seiner heilberuflichen Verantwortung, d. h. sie haben weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung. Auf der anderen Seite stellen sie aber nachprüfbare Standards dar, mit denen die Qualität apothekerlichen Handelns überprüft werden kann.

Zu beachten hierbei ist allerdings, dass die in den Leitlinien ebenfalls aufgeführten pharmazeutischen Betreuungsleistungen in der öffentlichen Apotheke wünschenswert, aber keine Bestandteile der in den Leitlinien definierten Standardleistungen sind.

Es handelt sich vielmehr bei diesen neuartigen pharmazeutischen Betreuungsleistungen um zusätzliche Serviceangebote des Apothekers in seiner öffentlichen Apotheke.

"Barmer Hausapotheken-Urteil" und die Folgen

Auf dem Interpharm-Kongress in Frankfurt am 10. März 2012 wurde im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung über das ABDA/KBV-Modell und neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten auch auf das Urteil des Bundessozialgerichts zum Barmer Hausarzt- und Hausapothekenvertrag [11] eingegangen.

Daher soll im Folgenden untersucht werden, welchen Einfluss diese Entscheidung des Bundessozialgerichts auf neue Formen der pharmazeutischen Betreuung in der öffentlichen Apotheke haben könnte.

Diese Gerichtsentscheidung betraf die Frage der Zulässigkeit eines integrierten Versorgungsvertrages nach § 140a ff SGB V. Das Gericht ging nicht explizit auf die Frage der Honorierung von zusätzlichen Leistungen der Apotheker ein. Allerdings kann aufgrund dieses Urteils von Folgendem ausgegangen werden:

Solange die Leistungen der Apotheker ganz überwiegend innerhalb des bisherigen Versorgungssystems abgewickelt werden und lediglich möglicherweise durch einzelne zusätzliche Elemente ergänzt werden, handelt es sich um eine sogenannte "Regelversorgung". Regelversorgungsleistungen dürfen aber grundsätzlich nicht zum Gegenstand von sogenannten integrierten Versorgungsverträgen nach § 140a ff SGB V gemacht werden.

Neuartige Leistungen der Apotheke, die keine Regelleistung darstellen

Eine optimierte Gesundheitsversorgung setzt sowohl eine Kooperation unter den Leistungserbringern als auch zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen voraus. Erforderlich sind außerdem klar geregelte Verbindlichkeiten, die den fachspezifischen Qualifikationen der an den Prozessen gesundheitlicher Leistungserstellung Beteiligten Rechnung tragen [12].

Im Arzneimittelbereich geht es nach Auffassung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen [9] sowohl um die Einsparmöglichkeiten im Sektor Arzneimitteltherapie durch die Nutzung preiswerter, aber vergleichbar nützlicher Arzneimittel als auch um die Effizienzoptimierung von Behandlungsabläufen durch die Substitution und/oder Vermeidung teurer Behandlungsstrategien durch eine konsequente Arzneimitteltherapie, deren Kosten dann aber typischerweise ansteigen. In Deutschland ist die erste Variante durch die Rabattverträge schon eingeführt. Die zweite sogenannte transsektorale Betrachtungsweise [13] ist hingegen – anders als etwa in den USA – noch wenig verbreitet.

Der Grund hierfür liegt in einer deutschen Besonderheit, an der letztendlich auch das Medco-Celesio-Projekt [14] in Deutschland gescheitert sein dürfte.

In der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung werden noch immer eher die sektoralen "Töpfe" und deren Entwicklung betrachtet als die gesamten Krankheitskosten und deren Einsparpotenziale. Aus diesem Grund wird zurzeit in Deutschland das Rationalisierungspotenzial durch eine optimale Arzneimitteltherapie nur unzureichend ausgenutzt. Nur eine systematische Betrachtungsweise aller Faktoren kann zu einer optimierten Arzneimitteltherapie und zu einer dringend notwendigen Effizienzverbesserung führen.

Neue Rolle für den öffentlichen Apotheker

Eine solche neuartige Leistung des Apothekers wäre die Implementierung der Klinischen Pharmazie in den Alltag einer öffentlichen Apotheke. Dies würde nach der obigen Definition keine Regelleistung darstellen.

Da es in Deutschland bisher noch keine flächendeckende Umsetzung von Projekten mit dem Schwerpunkt in Fragestellungen der Klinischen Pharmazie gibt, besteht zurzeit keine Möglichkeit eines Vergleichs mit anderen Apotheken in Deutschland – Stichwort Benchmarking. Ein Benchmarking mit öffentlichen Apotheken in den USA, die bereits ein solches System eingeführt haben, verbietet sich aufgrund der unterschiedlichen Strukturen der Gesundheitssysteme in beiden Ländern.

Falsch wäre auch eine Untersuchung mit der Fragestellung, wie die Einführung eines solchen Projekts sich auf die Zahl der abverkauften Packungen in der Apotheke auswirkt. Eine solche Analyse würde die Einführung dieser neuen Dienstleistung unter die bereits angebotenen pharmazeutischen Leistungen subsummieren.

In anderen Ländern konnte bereits nachgewiesen werden, dass durch diese neue Form der pharmazeutischen Betreuung sowohl eine Verbesserung für die Gesundheit des Patienten als auch eine Kostensenkung erreicht werden konnten [15]. Bisher gibt es in Deutschland noch keine allgemein anwendbaren Indikatoren, die als Basis für die Ergebnisqualität und damit auch für mögliche neue Honorierungsmodelle in der öffentlichen Apotheke herangezogen werden könnten.

Seit der amerikanischen Asheville-Studie [16] ist es in den USA unbestritten, dass solche Dienstleistungen von hochspezialisierten Pharmazeuten nicht nur zu einer Verbesserung der Gesundheit der Patienten führen, sondern gleichzeitig auch zu einer sehr hohen Einsparung für die Krankenkassen. Leider gibt es solche Studien (noch) nicht für Deutschland.

Die Zeit drängt

Sehr viel Zeit können sich die öffentlichen Apotheker bei der Umsetzung dieser neuen Projekte allerdings nicht mehr lassen. Grund hierfür ist, dass auch andere Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, wie etwa die Ärzteschaft, die Bedeutung dieses neuen Bereichs in der pharmazeutischen Versorgung der Patienten erkannt haben und schneller umsetzen als die Apothekerschaft.

Seit dem 1. April 2012 sieht beispielsweise ein neuer Add-on-Vertrag der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein mit der AOK Rheinland/Hamburg [17] vor, dass die Hausärzte für einen fundierten Arzneimittel-Check 80 Euro und bei Hinzuziehen eines Facharztes 160 Euro erhalten werden, Apotheker kommen in diesem Vertrag nicht vor.

Apotheker und Ärzte sollten sich allerdings nicht von Krankenkassen oder anderen interessierten Parteien gegeneinander ausspielen lassen.

Patient Centered Medical Home

Vielmehr sollte auch in Deutschland das Modell des Patient Centered Medical Home [18] etabliert werden. Entscheidend ist hierfür die Sicherstellung von Strukturen, durch die sich eine verbesserte Kooperation der Gesundheitsberufe untereinander sowie eine intensivierte Kommunikation sowohl unter den Angehörigen der Leistungserbringer als auch zwischen Leistungserbringern und Patientinnen und Patienten umsetzen lassen.

Dafür ist es aber notwendig, dass endlich auch im deutschen Gesundheitswesen die transsektorale Betrachtungsweise aller Leistungen der Leistungserbringer einziehen wird, die in anderen Ländern schon längst vollzogen wurde.

Es wäre allerdings von Seiten der öffentlichen Apotheker falsch, mit der Einführung der neuen pharmazeutischen Betreuungsprojekte zu warten, bis solche transsektoralen Honorierungsmodelle etabliert worden sind. Die Apotheker werden wohl in Vorleistung treten müssen, weil dies im Sinne einer optimalen pharmazeutischen Betreuung der Patientinnen und Patienten erforderlich ist.


Literatur

[1] Deutsche Apotheker Zeitung Online (2011): 150 Jahre Deutsche Apotheker Zeitung. http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/misc/daz-plus/150-jahre-daz.html (letzter Zugriff: 23.03.12).

[2] Cipolle, RJ, Strand,L, Morley P: Pharmaceutical Care Practice: The Patient-Centered Approach to Medication Management. 2012. 3. Auflage, McGraw Hill

[3] Pfeifer J ,Förster AN: Apotheker auf dem Weg zum Therapiemanager. Dtsch. Apoth. Ztg. 2011; 96: 5064-5070.

[4] Bundesrat Drucksache 61/12 (Beschluss)vom 30.03.12

[5] Schaefer M, Schulz M: Manuale zur Pharmazeutischen Betreuung Band 1, S. 13, Govi-Verlag 2000.

[6] Hepler CD, Strand L, Derendorf H: Der Apotheker und die Arzneimittelversorgung – Zukunftschancen und Verantwortung. Pharm. Ztg. 1990; 135: 3087 – 3092.

[7] Pfeifer J: Medication Therapy Management: Profilierungschance gegenüber Versandapotheken, dm und Co, Pharmazeutische Zeitung Online 2008, http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=5690 (letzter Zugriff 20.03.12)

[8] Pfeifer J, Foerster, AN: The Global Perspective: Germany, In: Cipolle RJ, Strand LM, Morley PC: Pharmaceutical care practice: the patient-centered approach to medication management(3rd edition), pp 525-542, McGraw Hill, New York, 2012.

[9] Pfeifer J, Foerster AN: Australien: Extra-Honorar für Extra-Kompetenz, Pharmazeutische Zeitung Online 2012, http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=40779 (letzter Zugriff 20.03.12)

[10] Bundesapothekerkammer: Leitlinien zur Qualitätssicherung, http://www.abda.de/leitlinien0.html (letzter Zugriff 20.03.12).

[11] Bundessozialgericht, Entscheidung vom 06.02.2008, Az.: B 6 KA 27/07 R, Kassenärztliche Vereinigung Thüringen ./. BARMER Ersatzkasse.

[12] Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2007). Kooperation und Verantwortung: Voraussetzungen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung, Gutachten, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft.

[13] Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2009). Sondergutachten 2009: Koordination und Integration – Gesund-heitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft.

[14] Deutsche Apotheker Zeitung online (2011): Medco Celesio Joint Venture. Deutsche Apotheker Zeitung online, http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/wirtschaft/news/2011/09/27/joint-venture-medco-celesio-steigt-aus.html (letzter Zugriff 23.03.12).

[15] Pfeifer,J, Förster, AN: Extrahonorar für Extra Kompetenz, Pharmazeutische Zeitung Online http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=40779 (letzter Zugriff: 20.03.12).

[16] Bunting BA, Smith BH, Sutherland SE:. The Asheville Project: clinical and economic outcomes of a community-based long-term medication therapy management program for hypertension and dyslipidemia. J. Am. Pharm. Assoc. 2008; 48(1):23 – 31.

[17] Ärzte Zeitung Online (2012): Nordrhein: Mehr Geld für Hausarztvertrag. http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/berufspolitik/article/807455/nordrhein-geld-hausarztvertrag.html?sh=2&h=-2024943653 (letzter Zugriff 20/03/12).

[18] American Academy of Family Physicians: Patient Centered Medical Home: http://www.aafp.org/online/en/home/membership/initiatives/pcmh.html (letzter Zugriff 23/03/12).


Autor

Jochen Pfeifer, PharmD, MRPharmS; Clinical Assistant Professor, Professional Education; University of Minnesota, College of Pharmacy; Doctor of Pharmacy, University of Florida; Member Royal Pharmaceutical Society, London Member, American Society of Consulting Pharmacists; Member, Féderation Internationale Pharmaceutique; Apotheker, Schweizerische Eidgenossenschaft; Fachapotheker für Allgemeinpharmazie; Inhaber und Chefapotheker, Adler Apotheke Velbert, Friedrichstr. 185, 42551 Velbert



DAZ 2012, Nr. 15, S. 52

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