Interpharm 2012

Homöopathie kann vielfach unterstützend wirken

Die Leber aus Sicht der Homöopathie

Die Bedeutung von homöopathischen Arzneimitteln bei Lebererkrankungen erläuterte Dr. Markus Wiesenauer, Kernen-Stetten, im Rahmen der Interpharm-Vortragsreihe zur Komplementärmedizin. Er betonte den Stellenwert der Homöopathie als Begleitmedikation bei chronischen und akuten Entzündungen der Leber sowie als Mittel der Selbstmedikation bei Verdauungsbeschwerden, die mit einer Leberfunktionsstörung einhergehen können.
Dr. Markus Wiesenauer zeigte an vielen Beispielen, wie Homöpathika die Therapie von Lebererkrankungen unterstützen können. Foto: DAZ/Darren Jacklin

Die Leber ist das größte Stoffwechselorgan des Körpers. Hier wird durch die Speicherung und Freisetzung von Glucagon der Blutzuckerhaushalt mit beeinflusst und der zur Verdauung nötige Gallensaft produziert. Außerdem finden hier wichtige Entgiftungsprozesse statt, die unter anderem auch zur Metabolisierung und Ausscheidung von Arzneistoffen führen. Liegen Lebererkrankungen vor, werden daher viele Stoffwechselprozesse beeinträchtigt.


Bei den meisten chronischen Lebererkrankungen handelt es sich um Entzündungen, die durch Viren ausgelöst werden. Eine Therapie mit Interferonen wird durchgeführt, um die Viruslast zu senken. Doch die Behandlung schwächt den Körper, grippeähnliche Symptome treten auf, die Patienten leiden an Schlafstörungen sowie Konzentrations- und Leistungsschwäche. Hier können homöopathische Arzneimittel ergänzend eingesetzt werden: Taraxacum D6, Phosphorus D12 und Solanum lycopersicum D6 können kurmäßig über einen längeren Zeitraum gegeben werden (siehe Tabelle).

Bei Krebserkrankungen mit Metastasenbildung in der Leber oder bei einer Erhöhung der Transaminasen durch Behandlung mit Psychopharmaka (z. B. Haloperidol, Amitryptilin) und Antiepileptika (z. B. Valproat, Carbamazepin) können homöopathische Arzneimittel ebenfalls ergänzend gegeben werden. Infrage kommen hier Picrorhiza D6 oder Flor de Piedra D6 (Lophophyrum leandri). Diese beiden homöopathischen Arzneimittel können sehr gut im wöchentlichen Wechsel eingesetzt werden.

Spezielle Lebererkrankungen wie die Neugeborenengelbsucht und das Pfeiffersche Drüsenfieber können ebenfalls ergänzend mit Homöopathika behandelt werden. Sechzig Prozent aller Säuglinge entwickeln kurz nach der Geburt eine mehr oder minder stark ausgeprägte Gelbsucht, die dadurch entsteht, dass die Enzyme zum Abbau des Bilirubins noch nicht ausreichend vorhanden sind. Normalerweise ist die Neugeborenengelbsucht vorübergehend und harmlos, überschreitet das Bilirubin jedoch die Blut-Hirn-Schranke, kann es sich in den Basalganglien des Gehirns ablagern und unter Umständen deren Funktionsfähigkeit dauerhaft schädigen.

Behandelt wird eine Neugeborenengelbsucht mittels Phototherapie (Bestrahlung mit Licht der Wellenlänge 460 nm). Hierdurch wird eine Doppelbindung im Bilirubin gespalten, wodurch wasserlösliches Lumirubin entsteht. Dieses kann auch ohne Beteiligung der Leber über den Urin ausgeschieden werden. Die Phototherapie wird üblicherweise dann durchgeführt, wenn ungefähr 72 Stunden nach der Geburt ein Schwellenwert von 20 mg Bilirubin/dl Blut festgestellt werden kann. Unterstützend zur Phototherapie kann dem Neugeborenen auch 2 x täglich ein Globulus Natrium sulfuricum D12 gegeben werden.

Bei Pfeifferschem Drüsenfieber handelt es sich um eine Viruserkrankung, die ursächlich nicht behandelbar ist. Symptomatisch muss auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet, das auftretende Fieber sollte mit senkenden Medikamenten behandelt werden. Ruhe ist entscheidend für die Genesung des Patienten! Kurmäßig über mehrere Wochen (siehe Tabelle) kann Ceanothus americanus D6 in der Dosierung 3 x täglich fünf Globuli vor dem Essen ergänzend eingenommen werden.

Eine Leberfunktionsstörung, die mit starkem Völlegefühl, Schmerzen in der Lebergegend (rechte Körperhälfte) und Blähungen einhergeht, kann mit Lycopodium D12 zweimal täglich fünf Globuli behandelt werden.

homöopathika bei Lebererkrankungen.
homöopathisches arzneimittel Causa/Lokalisation Leitsymptome einnahmehinweise
Natrium sulfuricum D12 Neugeborenen-Gelbsucht (man- gelnde Enzyminduktion der Leber nach der Geburt) sichtbare gelbliche Verfärbung der Haut des Neugeborenen nach der Geburt 2 x täglich 1 Globulus (Kügelchen) unterstützend zur Phototherapie
Ceanothus americanus D6 Pfeiffersches Drüsenfieber; Erkrankungen, die mit einer ver- größerten Milz zusammenhängen Appetitlosigkeit
mangelnde Leistungsfähigkeit, Herzklopfen und Atemnot bei geringer Anstrengung  Neigung zu breiigem Stuhl
3 x täglich 5 Globuli
10 Minuten vor dem Essen kurmäßige Anwendung
3 Wochen Einnahme
1 Woche Pause
3 Wochen Einnahme eventuell wiederholen
Taraxacum D6 Folgen einer akuten Hepatitis (v. a. Hepatitis A) Widerwille gegen fette Speisen Abgeschlagenheitsgefühl in den Muskeln
wenig Appetit Gelbfärbung der Haut
3 x täglich 5 Globuli kurmäßige Anwendung (siehe Ceanothus amercianus)
Solanum lycopersicum Begleittherapie bei Hepatitis (v. a. Hepatitis C) Stauungen im Verdauungstrakt  
Phosphorus D12 Begleittherapie bei chronischer Hepatitis wässrige Durchfälle
rasche Erschöpfungszustände
neigt zu spontanen Hauteinblutungen meist ausgeprägtes Durstgefühl
2 x täglich 5 Globuli
„wait and see“ - Dauer der be- gleitenden homöopathischen Therapie nach Entwicklung der Beschwerden
Picrorhiza D6 Begleittherapie einer Chemothera- pie oder medikamentöser Behand- lung, die mit einer Transamina- senerhöhung einhergeht (Antiepi- leptika, Psychopharmaka) Müdigkeit kein Appetit
Druckschmerzen im Oberbauch trockene Haut, Hautjucken
3 x täglich 5 Globuli kurmäßige Anwendung oder jeweils einen Tag in der Woche Pause
Therapiedauer bis zu einem halben Jahr
Flor de Piedra D6 Supportivtherapie bei Lebermetas-     rechtsseitige Bauchschmerzen, auch tasen;                                               Sodbrennen
chronische Lebererkrankungen           gelblich gefärbter, oft weicher Stuhl
rheumatische Beschwerden meist am rechten Arm oder Bein
starkes Hautjucken (Kopf/Bein), oft mit trockenem Ausschlag
Kann gut im wöchentlichen Wechsel mit Picrorhiza einge- nommen werden
Lycopodium D12 Konstitutionsmittel bei Leberfunk- tionsstörung betonte „Rechtsseitigkeit“ von Be- schwerden (Halsschmerzen rechts- seitig, Kopfschmerzen begrenzt auf die rechte Schläfe)
Beschwerden nehmen zum Nach- mittag/Abend hin zu
starkes Völlegefühl mit Schmerzen Überempfindlichkeit des Bauchraums Heißhunger mit raschem Sättigungs- gefühl
2 x täglich 5 Globuli

Grenzen der homöopathischen Selbstmedikation

Die Homöopathie versteht sich bei Lebererkrankungen als Begleittherapie. Sollten starke, kolikartige Schmerzen auftreten, der Verdacht auf das Vorliegen von Gallensteinen bestehen, Appetitlosigkeit, anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung sowie eine Gelbfärbung der Haut – besonders der Augen – eintreten, muss die homöopathische Behandlung abgebrochen und unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Für die homöopathische Selbstmedikation gilt, dass ausschließlich akute Erkrankungen therapiert werden sollten. Die Behandlung von Kindern, Schwangeren oder Menschen mit chronischen Erkrankungen sollte nur sehr sorgfältig, am besten nach Empfehlung eines Arztes oder eines Homöopathen, erfolgen. Auch (fiebrige) Infekte können nur dann selbst behandelt werden, wenn genügend Erfahrung in der Behandlung mit homöopathischen Mitteln vorliegt.


as



Zurück zum Inhaltsverzeichnis Interpharm 2012



DAZ 2012, Nr. 12, S. 93

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.