Interpharm 2012

Apotheker sparen sich zu Tode

Apothekervergütung zwischen Anspruch und Wirklichkeit

"Die Apotheker sparen sich zu Tode. Sie müssen etwas tun, um aus dieser Falle herauszukommen." Mit diesem dramatischen Fazit rief der Unternehmensberater und Apothekenexperte Dr. Uwe Hüsgen als Fazit seines Vortrages "Vergütung der Apotheker: Anspruch und Wirklichkeit" auf der Wirtschafts-Interpharm dazu auf, energischer für die wirtschaftlichen Interessen der Apotheker zu kämpfen.

Dr. Uwe Hüsgen

Eine Dynamisierung der Apothekervergütung sei "längst fällig". Denn "irgendwann geht es nicht mehr, dann bricht alles zusammen", so Hüsgen. Angesichts der Entwicklung des Apothekenhonorars seit 2004 fehle nun die Motivation für den Apothekerberuf. Es sei "tragisch",, dass der Politik der Wille zur Dynamisierung des Apothekenhonorars fehle, kritisierte Hüsgen. Der Apothekenexperte verwies darauf, dass für die Honorierung Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zuständig ist: "Sie müssen zu Rösler. Die Politik weiß nicht wie es um Sie steht." Auch Hüsgen appellierte an die ABDA bei der Interessenvertretung eine schärfere Gangart einzuschlagen. Zwar habe er Zweifel am Erfolg von Streikdrohungen, aber er schlug einen anderen Weg vor: "Sie müssen Ihre Kunden mit reinziehen."

Und einen weiteren Rat hatte Hüsgen in den Frankfurter Vortragsraum "Illusion" mitgebracht: "Halten Sie an der pharmazeutischen Hochschulausbildung fest. Landen Sie nicht an der Fachhochschule." Die Apotheker hätten gerade vor dem Hintergrund der Demografie noch "große Ausgaben" als erste Anlaufstelle für Patienten im Gesundheitswesen zu erfüllen, vor allem in der "sozialen Kommunikation". Hüsgen: "Da gibt es noch ganz viel für Sie zu tun."

Honoraranpassung Fehlanzeige

In seinem vorausgegangen Vortrag erinnerte Hüsgen an die Entwicklung der Apothekenhonorierung. Per Gesetz seien die Apotheker für die Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln zuständig. Das rechtfertige den Anspruch auf eine angemessene Honorierung. Und im Gesetz sei festgeschrieben, dass das Apothekenhonorar entsprechend der Kostenentwicklung bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen sei. Hüsgen: "Seit 2004 hat sich aber hier nichts getan."

Im Gegenteil: Die Betriebskosten der Apotheker seien gestiegen, der Rohertrag entsprechend gesunken. Nach Hüsgens Zahlen von 17,9 Prozent im Jahr 2004 auf nur noch 15,2 Prozent im Jahr 2011. Der eigentliche Profiteur der Entwicklung sei der Finanzminister aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent. Seit 2004 seien die Mehrwertsteuereinnahmen des Staates um 56,3 Prozent gestiegen. Hüsgen: "Der Staat verdient an der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel mehr als die Apotheker an Honorar."

Nach Abzug aller steuerlich anzurechnender Kosten vom seit 2004 gesunkenen Rohertrag verblieben den Apothekern unterm Strich nur noch rote Zahlen, so Hüsgen. Aber auf Dauer könnten nur wirtschaftlich rentable Apotheken die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung erbringen.

Minus macht sich bereits bemerkbar

Das negative wirtschaftliche Vorzeichen macht sich laut Hüsgen bereits bemerkbar: Die Zahl der Apotheken sinkt rascher als die der Bevölkerung, zumindest in Kammerbezirk Nordrhein. Dort sei die Zahl der Apotheken seit 1990 mit steigernder Dynamik seit 2004 um insgesamt gut 20 Prozent bereits gesunken. Statt 28,5 öffentliche Apotheken auf 100.000 Einwohner gebe es heute nur noch 25,8. Und allein aufgrund der Alterswelle auch bei den Apothekern sei in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Apothekenschließungen zu rechnen. Um diesen Prozess zu stoppen, ist aus Hüsgens Sicht eine Anhebung der Apothekenhonorierung zwingend erforderlich. Denn: "Der Apothekenberuf ist und bliebt hoch attraktiv. Nur die Vergütung stimmt nicht." Die Klagen der Apotheker seien daher berechtigt und keinesfalls überzogen, schloss Hüsgen seinen Vortrag mit einem bitteren Scherz: "Übrigens", sagte der Diensthabende zu seinem Kollegen, "der Simulant von Zimmer 12 ist soeben verstorben."


lk


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DAZ 2012, Nr. 11, S. 63

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