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Organspende: Jeder Bürger soll entscheiden

Erste Befragung mit Ausgabe der eGK – Wiederholung alle zwei Jahre

BERLIN (lk). Nach 15 Jahren Debatte hat sich eine große Mehrheit der im Bundestag vertretenen Fraktionen auf eine Regelung zur Organspende geeinigt: Jeder Erwachsene in Deutschland wird künftig regelmäßig per Brief aufgefordert, sich für oder gegen eine Spende nach dem Tod zu entscheiden. Angesichts des drastischen Organmangels soll diese grundlegende Reform die geringe Zahl der Spender spürbar und schnell erhöhen. Einen Zwang zur Entscheidung wird es nicht geben. Bislang müssen die Menschen ihre Bereitschaft zur Spende aus eigener Initiative erklären – per Organspendeausweis oder gegenüber den Angehörigen.

Sobald der geplante Gruppenantrag im Sommer Gesetz geworden ist, sollen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen ihre Versicherten schriftlich nach ihrer Spendenbereitschaft fragen. In der Praxis wird dies mit der anstehenden Ausgabe der neuen GKV-Karten mit Foto und Chip geschehen. Man kann dann die Bereitschaft erklären (Ja), sie verneinen (Nein). Auch die Bereitschaft, nur bestimmte Organe zu spenden, soll man erklären können, zudem soll man bestimmte Organe ausdrücklich ausschließen können. Die Erklärung soll wie bisher auf einem Organspendeausweis aus Papier dokumentiert werden.

Erste Aufforderungswelle bis Mitte 2013

Die erste Welle an Aufforderungen zur Entscheidung ohne Zwang soll binnen eines Jahres bis Mitte 2013 komplett verschickt sein. Dann sollen die Bürger den jetzigen Planungen zufolge ab Mitte 2015 und dann im Weiteren alle zwei Jahre nach ihrer Spendenbereitschaft gefragt werden. Die Bürger sollen vor einer Entscheidung umfangreich informiert werden. Ab 2016 könnte die Spendenbereitschaft dann auf der elektronischen Gesundheitskarte eGK hinterlegt werden. Die Gematik ist beauftragt dafür ein eigenes "3. Fach" auf der eGK zu entwickeln, das unabhängig vom Notfalldatensatz und anderen noch zu bestimmenden Patienteninformationen, nur über die Organspendebereitschaft Auskunft gibt. Die Eintragung kann nur der Patient entweder beim Arzt oder bei seiner Krankenkasse vornehmen.

Organspendebereitschaft soll steigen – ohne Zwang

"Jeder Organspender ist ein Lebensretter", sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Wichtig sei: "Kein Zwang." Die Zahl der Organspender solle steigen. Dazu sei die Politik gegenüber den rund 12.000 Patienten auf den Wartelisten verpflichtet. "Uns ist wichtig, dass mit der Post die Diskussion auch in die Familien getragen wird", sagte die Grünen-Expertin Elisabeth Scharfenberg. "Wir wollen die Menschen deutlich öfter mit dem Thema Organspende konfrontieren", sagte der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn. "Wir hoffen, dass wir damit die Bereitschaft deutlich erhöhen können", sagte die SPD-Expertin Carola Reimann.

Krankenhäuser stärker in die Pflicht nehmen

Zugleich kündigte Bahr an, auch die Krankenhäuser bei dem Thema stärker in die Pflicht nehmen zu wollen. "Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht, um zu erreichen, dass es künftig in jedem deutschen Krankenhaus einen Transplantationsbeauftragten gibt", sagte der Minister. "Hier müssen der Druck und die Verpflichtungen erhöht werden. Es geht darum, in den Kliniken die organisatorischen Voraussetzungen für Organspenden zu verbessern." Dies sei eine wichtige Ergänzung zur besseren Information der potenziellen Spender. "Hier gibt es große Unterschiede. Manche Kliniken melden viele Spender, andere sehr wenige. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Zahl der Organspenden in Deutschland deutlich erhöht", sagte Bahr.

Des Weiteren sieht das Transplantations-Änderungsgesetz vor, dass Organ- und Gewebespender künftig besser abgesichert werden. Die mit der Spende verbundenen Kosten muss die Krankenkasse des Empfängers trage. Das betrifft unter anderem auch die Entgeltfortzahlung bei Einkommensausfällen, Rehabilitationsmaßnahmen, Fahrtkosten sowie die gesetzliche Unfallversicherung.



DAZ 2012, Nr. 10, S. 40

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