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Bei leichten Beschwerden zuerst zur Apotheke

Studie zur Selbstmedikation aus Nordrhein-Westfalen

BERLIN (lk). Fast jeder zweite Patient geht bei leichten Erkrankungen direkt in die Apotheke statt zum Arzt: "Selbstmedikation ist angesichts der Ausgrenzung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus der Erstattungsfähigkeit und neuer Vertriebswege für rezeptfreie Medikamente relativ weit verbreitet und wird möglicherweise zunehmen", so eine jetzt veröffentlichte repräsentative Bevölkerungsbefragung des Landesinstituts für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen (LIGA).
Gründe für Selbstmedikation: Beschwerden nicht stark genug und keine Zeit für den Arztbesuch.
Foto: DAZ/Schelbert

Danach informiert aber nur jeder Zweite seinen Arzt darüber, dass neben den verschriebenen auch rezeptfreie Medikamente eingenommen werden. "Die Arzneimittelsicherheit bei Selbstmedikation ist nur gesichert, wenn Arzt und Apotheker über die Gesamtmedikation von Patienten informiert sind", so das Fazit der Studie.

Das LIGA befragt seit 2003 jährlich rund 2000 erwachsene Bewohner Nordrhein-Westfalens telefonisch zu verschiedenen gesundheitsbezogenen Themen. Im Bericht für das Jahr 2009 findet sich eine Befragung zum Thema Selbstmedikation, die im Jahr 2008 durchgeführt wurde.

Von den 2000 Interviewten gaben 773 (38,7 Prozent) an, in den letzten vier Wochen ein Medikament genommen zu haben, ohne dass es ihnen vom Arzt verordnet worden war. Am häufigsten wurden rezeptfreie Schmerzmittel gekauft, gefolgt von Husten- bzw. Erkältungsmitteln. Mit großem Abstand folgen die Gruppe der Vitamine/Mineralstoffe/Stärkungsmittel, Medikamente zur besseren Durchblutung und Beruhigungs- bzw. Schlafmittel. Rezeptfreie Arzneimittel wurden primär in Apotheken bezogen (86,3 Prozent). Die Bedeutung von Drogerien, Reformhäusern und Internet beim Kauf rezeptfreier Arzneimittel war dagegen gering (je 2,8 Prozent).

Keine Zeit für den Arzt

Für die meisten Befragten waren die Beschwerden nicht stark genug, um einen Arztbesuch zu rechtfertigen. 25 Prozent äußerten, sie hatten keine Zeit zum Arzt zu gehen und gut 20 Prozent gaben an, dass ihr Arzt das gewünschte Medikament nicht oder nicht mehr verschreiben darf. Jeder Zehnte wollte die Zahlung der Praxisgebühr vermeiden.

Immerhin circa 70 Prozent informierten sich im Vorfeld aktiv über das gewünschte Präparat, oder sie erhielten vorab die notwendigen Hinweise. Die hierfür genutzten Informationsquellen differieren deutlich zwischen Männern und Frauen, so die Studie: "Aber natürlich steht die Apotheke jeweils an erster Stelle, gefolgt von Ratschlägen aus der Familie oder von Freunden." Weibliche Befragte informierten sich etwas häufiger als Männer in der Apotheke und bei ihrem Arzt, Männer bezogen Informationen zum Medikament signifikant häufiger aus Werbung (TV, Radio, Plakate, Werbezettel) sowie nicht-kommerziellen TV-Sendungen und Zeitungsberichten.

Beratung in der Apotheke

In der Apotheke erfolgte die Beratung bei 46 Prozent der Befragten unaufgefordert, 48 Prozent der Kunden hatten in der Apotheke aktiv um eine Beratung gebeten. Die Befragung ergab, dass 40 Prozent der Teilnehmer mit Selbstmedikation in den letzten vier Wochen gleichzeitig ein rezeptpflichtiges Arzneimittel einnahmen, doch nur die Hälfte dieser Personen hat diese Selbstmedikation mit dem behandelnden Arzt besprochen.



DAZ 2012, Nr. 1, S. 30

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