Medizin

Angeborene Blutungsneigung

Worunter Bluter leiden und wie ihnen geholfen wird

Angeborene Gerinnungsstörungen äußern sich nicht nur als hereditäre Thrombophilie mit dem Risiko einer Thrombose oder Embolie. Zwar ebenfalls selten, im Einzelfall jedoch ebenfalls gefährlich, sind Störungen mit einer erhöhten Blutungsneigung. Das von-Willebrand-Syndrom und die Hämophilie machen 95% aller angeborenen Koagulopathien aus.

von-Willebrand-Syndrom

Das von-Willebrand-Syndrom (vWS) ist eine zumeist angeborene, in einigen Fällen auch erworbene Bluterkrankheit, hervorgerufen durch quantitative und/oder qualitative Veränderungen des von-Willebrand-Faktors (vWF). Mit einer laboranalytisch nachweisbaren Prävalenz von etwa 1% in der Bevölkerung handelt es sich um die häufigste angeborene Gerinnungsstörung. Jedoch entwickeln nur wenige Betroffene eine relevante Blutungsneigung (1: 3000 – 1: 10.000), in Deutschland leiden etwa 250 Patienten an einem schweren vWS. Der Vererbungsmodus ist autosomal, Eltern beiden Geschlechts können die Erkrankung an ihre Kinder beiden Geschlechts weitergeben.

Rolle des von-Willebrand-Faktors

Beim von-Willebrand-Faktor handelt es sich um das größte lösliche Protein beim Menschen, seine wichtigsten Funktionen sind

  • die Thrombozytenadhäsion an das Gefäßendothel über Thrombozytenoberflächen-Glykoprotein Ib (GpIb) sowie deren Aggregation über Thrombozyten-GpIIb/IIIa und

  • die Bindung von Faktor VIII im Rahmen einer Transportvehikel funktion, hierdurch wird der Faktor VIII vor einem zu schnellen Abbau durch das Protein-C/S-System geschützt.

Bei der vWF-Synthese entsteht als primäres Produkt zunächst ein Monomer aus 2813 Aminosäuren. Dieses erfährt im weiteren Verlauf komplexe biochemische und strukturelle Modifikationen (Glykosylierung, Sulfatierung, Polymerisierung). Es resultieren Monomere mit gleicher Zusammensetzung, jedoch in unterschiedlicher Größe zwischen 500 und 20.000 Kilodalton. Der vWF wird entweder konstitutiv in das Plasma freigesetzt oder nach Speicherung auf ein adäquates Signal hin, z. B. Thrombin, Plasmin oder Fibrin. Von therapeutischer Bedeutung ist, dass die vWF-Freisetzung auch durch das Vasopressin-Analogon Desmopressin (DDAVP) stimuliert werden kann.

Die thrombozytenbezogenen Funktionen des vWF sind von seinen besonders großen Multimeren abhängig, während die Multimerengröße für die Faktor-VIII-Bindung keine Bedeutung hat.

Die 2006 zuletzt modifizierte Klassifikation nach Sadler unterscheidet drei verschiedene Subtypen, von denen Typ 2 in vier weitere Untergruppen unterteilt wird (s. Tab. 1).

Tab. 1: Klassifikation des von-Willebrand-Syndroms nach Sadler

Typ
Störung bzw. Unterschiede in der
Multimeren-Analyse
Häufigkeit
1
verminderte vWF-Konzentration, normale vWF-Funktion
ca. 80%
2
qualitativer Defekt des vWF mit verminderter Funktion
ca. 15 – 20%
2A
defekte Interaktion des vWF mit Thrombozyten bei Fehlen der großen Monomere
2B
gesteigerte Interaktion des vWF mit dem thrombozytären Rezeptor-Glykoprotein-Ib
2M
defekte Interaktion des vWF mit Thrombozyten bei vorhandenen großen Multimeren
2N
stark verminderte Faktor-VIII-Bindungskapazität
3
stark verminderte Konzentration oder vollständiges Fehlen des vWF, schwerer Faktor-VIII-Mangel
ca. 1%

Leitsymptom Schleimhautblutung

Das von-Willebrand-Syndrom zeigt eine recht variable Symptomatik. Typischerweise besteht eine Blutungsneigung vor allem im Bereich der Schleimhäute. Diese äußert sich vor allem durch Epistaxis, Hypermenorrhoe oder Nachblutungen nach Tonsillektomie, Zahnextraktion oder postpartal. Möglich sind auch großflächige oder punktförmige Hautblutungen. Bei Patienten mit Typ 1 kommt es im Alltag zu eher milden Blutungen, die in der Regel keine klinische Relevanz entwickeln, jedoch steigt die Gefahr einer (Nach-)Blutung bei operativen Eingriffen im Schleimhautbereich.

Das klinische Bild des vWS Typ 2 ähnelt dem des Typ 1. Traumata führen im Allgemeinen zu eher starken Blutungen, so dass Betroffene nicht selten bereits in der frühen Kindheit auffallen.

Die für die Hämophilie typischen Gelenk- und Muskelblutungen sind sehr selten und zeigen sich nur bei Patienten mit Typ 3 des von-Willebrand-Syndroms, der mit einem schweren Faktor-VIII-Mangel einhergeht. Nahezu alle Patienten klagen über starke Schleimhautblutungen und Hämatome, alle Frauen über Hypermenorrhö.

von-Willebrand-Syndrom – erworbene Formen


Neben den angeborenen Formen des von-Willebrand-Syndroms können – zumeist im Erwachsenenalter – erworbene Formen auftreten. Assoziierte Erkrankungen sind vor allem das lymphoproliferative Syndrom (48%), dann kardiovaskuläre Erkrankungen (21%), das myeloproliferative Syndrom (15%), Neoplasien (5%) und immunologische Erkrankungen (2%). Im Kindesalter kann ein erworbenes vWS bei kardialen Shuntvitien auftreten.

Komplexe vWS-Diagnostik

Aufgrund der Eigen- und Familienanamnese mit gehäuften charakteristischen Blutungen lässt sich bereits eine Verdachtsdiagnose erheben, wobei zu beachten ist, dass nicht jeder Patient einer betroffenen Familie dieselbe Blutungsneigung zeigt. Oft ist im Gegensatz zur Hämophilie eine verlängerte Blutungszeit nachweisbar – wenn allerdings wie dort eine erniedrigte Faktor-VIII-Konzentration vorliegt, ist auch beim vWS die aPTT verlängert. Normalwerte für aPTT und F VIII schließen ein von-Willebrand-Syndrom jedoch nicht aus.

Bestätigt wird die Verdachts diagnose durch ein erniedrigtes vWF-Antigen (vWF:Ag) sowie einen erniedrigten Ristocetin-Kofaktor (RiCof). Die Bestimmung des vWF:Ag erlaubt die Differenzierung zwischen vermindertem oder vorhandenem, aber nicht funktionierendem vWF. Zu beachten ist hier die Blutgruppenabhängigkeit: Träger der Blutgruppe 0 haben ein deutlich niedrigeres vWF:Ag als Träger der Blutgruppen A, B, AB. Bei der Ristocetin-induzierten Thrombozytenagglutination wird patienteneigenes plättchenreiches Plasma unter Zusatz unterschiedlicher Konzentrationen des Antibiotikums Ristocetin im Aggregometer gemessen.

Durch eine Multimeranalyse lassen sich zum einen die verschiedenen vWS-Typen 2A bis 2N darstellen, zum anderen lässt sich Typ 1, bei dem ein normales Multimermuster vorliegt, von Typ 2 abgrenzen. Typ 3 als schwerste Form des vWS kann leicht anhand des vollständigen Mangels an vWF diagnostiziert werden.

Desmopressin als Mittel der Wahl

Die Behandlung orientiert sich am Schweregrad bzw. am Typ des von-Willebrand-Syndroms sowie am (aktuellen) Blutungsrisiko. Bei Patienten mit Typ 1 (80% der Fälle) ist in der Regel nur bei größeren Eingriffen oder nur unzureichend kontrollierbaren OP-Regionen, wie z. B. den Tonsillen oder urogenital, eine systemische Behandlung notwendig. Mittel der Wahl ist hier die Gabe von Desmopressin (DDAVP). Hierdurch verbessert sich die Hämostase, da DDAVP die Plasmaspiegel von vWF und Faktor VIII erhöht und dadurch die Blutungszeit verkürzt. Durch einen Test sollte vorher grundsätzlich geprüft werden, ob der Patient adäquat auf die Gabe von Desmopressin reagiert (Minirin®-Test, s. Kasten).

Der Minirin® -Test


Um zu prüfen ob ein Patient mit vWS adäquat auf Desmopressin (Minirin®) reagiert, wird ihm 0,4 mg/kg KG Desmopressin als Infusion über mindestens 45 Minuten verabreicht. Vorher und eine Stunde nach Infusionsende werden die Plasmaspiegel von vWF und F VIII gemessen. Bei gutem Ansprechen erreichen die Werte innerhalb dieser ersten Stunde ihr Maximum und fallen dann über vier bis acht Stunden wieder ab. Der Anstieg von vWF und F VIII erreicht etwa das 3- bis 4-Fache des Basalwertes. Unter Desmopressin kann es zu einer Wasserretention und zu Krampfanfällen kommen, Test und Therapie sind daher bei schweren Herz- und Nierenerkrankungen, starker Hypertonie, Anfallsleiden und bei Kindern unter vier Jahren kontraindiziert.

Bei Patienten mit vWS Typ 2 würde in den meisten Fällen ein funktionell gestörter vWF freigesetzt werden, insofern würde ein Desmopressin-Therapieversuch hier fehlschlagen. In vielen Fällen, vor allem bei Typ 2A, 2B und 2N, hilft nur die Substitution mit Faktor-VIII-vWF-Konzentraten. Zur Prophylaxe und Therapie des Typs 3 können nur Konzentrate mit einer ausreichenden Menge an biologisch aktivem vWF eingesetzt werden, da diesen Patienten der vWF vollständig fehlt.

Im Allgemeinen genügt bei Patienten mit vWS Typ 1 und 2 eine Bedarfstherapie (perioperativ oder bei Verletzungen), in den seltenen Fällen mit Typ 3 ist nach rezidivierenden Gelenk- oder Muskelblutungen eine Dauertherapie erforderlich. Zur adjuvanten Therapie kommen Antifibrinolytika wie Tranexamsäure in Frage.

Hämophilie

Im Gegensatz zum von-Wille brand-Syndrom ist die Hämophilie eine X-chromosomal rezessiv vererbte, also geschlechtsgebundene Gerinnungsstörung, hervorgerufen durch Verminderung oder komplettes Fehlen des Gerinnungsfaktors VIII (Hämophilie A) oder IX (Hämophilie B) im Plasma. Dem Erbgang entsprechend manifestiert sich die Hämophilie fast ausschließlich bei Männern. Weibliche Anlageträgerinnen sind bis auf seltene Ausnahmen klinisch unauffällig, übertragen aber als Konduktorinnen die Erbanlage zu 50% auf ihre Nachkommen.

Die Hämophilie A ist die häufigste Form einer schweren Blutungsneigung und tritt bei etwa einem von 5000 Männern auf, während man die Hämophilie B nur bei etwa einem von 25.000 bis 30.000 Männern findet. In Deutschland gibt es derzeit etwa 6000 Hämophilie-Patienten, von diesen leidet mindestens die Hälfte an einer schweren Verlaufsform.

Etwa 15 bis 20% aller Patienten mit schwerer Hämophilie entwickeln gegen den therapeutisch zugeführten Faktor VIII Antikörper, was die Behandlung beträchtlich erschwert (Hemmkörper-Hämophilie).

Faktor-VIII-Gen-Mutationen

Nach der Isolierung von Faktor VIII bzw. der Klonierung des dazugehörigen Gens in den Jahren 1983/84 konnten verschiedene heterogene Mutationen des Faktor-VIII-Gens entdeckt werden:

  • Die Inversion in einem bestimmten Genabschnitt – Intron 22 – ist bei ca. 50% der Patienten die Hauptursache für eine schwere Verlaufsform der Hämophilie A und mit einem erhöhten Risiko der Antikörperbildung gegen zugeführten Faktor VIII verbunden.

  • Bei den übrigen Mutationen handelt es sich um Punktmutationen sowie um kleine und große Deletionen oder Insertionen. Auch große Deletionen (ca. 5% der Patienten) gehen mit einem erhöhten Risiko der Antikörperbildung einher.

Die genetischen Ursachen der Hämophilie B liegen zumeist in Punktmutationen des Faktor-IX-Gens.

Ein besonderes Merkmal der Hämophilie ist die hohe Rate an Neumutationen (2 – 5 x 10-5), die dazu führt, dass auch bei Familien ohne bekannten Erbgang plötzlich eine Hämophilie auftreten kann. Daher ist damit zu rechnen, dass die Zahl an Hämophilie erkrankter Menschen in den nächsten 20 Jahren um etwa 50% wachsen wird.

Blutungen in Gelenke und Muskeln

Charakteristisch für beide Formen der Hämophilie sind Blutungen unterschiedlicher Stärke und Charakteristik. Hierbei besteht eine Korrelation zur Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Aktivität, man unterscheidet daher vier Schweregrade (s. Tab. 2).


Tab. 2: Schweregrade der Hämophilie A und B

Schweregrad
Aktivität
FVIII / FIX
Blutungscharakteristik
schwere Hämophilie
< 1
spontane Blutungen: Gelenke, Muskulatur, Gastrointestinaltrakt; Hämaturie
mittelschwere Hämophilie
1 – 5
seltener spontane Blutungen, überwiegend Blutungen nach Bagatelltrauma
leichte Hämophilie
5 – 15
kaum Blutungen im Alltag, jedoch nach Verletzungen und/oder Operationen
Subhämophilie
14 – 40
sehr geringe Blutungsneigung im Alltag, nach Verletzungen und/oder Operationen variable Blutungsneigung

Blutungen befinden sich in ca. 80% der Fälle bevorzugt im Gelenkbereich, vor allem im Bereich der unteren Extremität (Knie, Sprunggelenk). Als Begleitkomplikation schwerer Blutungen sowie bei unzureichender Behandlung kann sich über eine Synovitis eine hämophile Arthropathie mit Deformierung, Instabilität und Bewegungseinschränkung entwickeln. Als Folge dieser Überlastung werden im Sinne eines Circulus vitiosus weitere Gelenkblutungen begünstig.

Blutungen in die Muskulatur treten bei der Hämophilie mit rund 13% am zweithäufigsten auf. Oft betroffen sind der M. iliacus und der M. psoas major, vor allem die Psoasblutung führt zu einer Beugeschonhaltung im Hüftgelenk und zu einer schmerzhaften Kompression des N. femoralis mit Parästhesien und Lähmungserscheinungen. Bei Blutungen in den Muskellogen der unteren Extremität droht die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms. Als Folge ausgedehnter Blutungen in den Retroperitonealraum können sich Pseudotumoren ausbilden – in Form einer Kapsel um einen organisierten Gewebesequester nach unzureichender Resorption des Hämatoms.

Gastrointestinale Blutungen einschließlich Hämaturien sowie intrakranielle Blutungen kommen in etwa 7% der Fälle vor, letztere gehen auch heute noch mit einer hohen Mortalität einher und sind nach wie vor die häufigste hämorrhagisch bedingte Todesursache. Bei Überleben bleiben oft schwere körperliche und geistige Behinderungen zurück.

Dürfen Bluter sporteln?


Durch Steigerung der Körperwahrnehmung, muskulären Koordination sowie Kraft und Ausdauer bei Blutern kann die Gelenkstabilisierung gefördert und die Verletzungs- und Blutungsanfälligkeit reduziert werden. In einer amerikanischen Studie erlitten Schulkinder mit Hämophilie A/B auch bei intensiveren Sportarten weniger als eine Blutung pro Trainingssaison. Daher sollte Sport bei Blutern nicht nur toleriert, sondern vorbeugend gezielt eingesetzt werden – adäquate Supervision und Vorsichtsmaßnahmen vorausgesetzt (Ellenbogen-/Knieschutz, Polsterungen, Helme). Empfohlen werden vor allem Sportarten wie Schwimmen und Aquagymnastik, Rudern und Rad fahren, Tischtennis, Skilanglauf und Fitness.

Bestimmung der Faktoren-Aktivität

In der Basisdiagnostik zeigt sich für die Hämophilie eine vom Schweregrad abhängige Verlängerung der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit, die anderen Routinetests wie die Blutungszeit, die Thromboplastinzeit nach Quick oder die Thrombozytenzahl sind unauffällig.

Die aPTT-Verlängerung ist abhängig von der Höhe der Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Aktivität, letztere werden in koagulometrischen Einstufentests bestimmt. Eine Restaktivität von 3% dient für beide Faktoren als "Marker" zur klinischen Differenzierung: Bei weniger als 3% tritt eine Blutung in der Regel spontan auf, bei mehr als 3% ist sie zumeist traumatisch bedingt.

Ergibt der Test einen Faktor- VIII-Mangel, muss differenzialdiagnostisch zunächst an ein von-Willebrand-Syndrom gedacht werden, denn eine verminderte Konzentration von Faktor VIII kann auch durch eine verminderte Konzentration des von-Willebrand-Faktors bedingt sein. Daher sollten stets VWF:Ag und VWF:RCo mitbestimmt werden. Zur Unterscheidung dient auch die mit dem Platelet (Thrombozyten) Function Analyzer (PFA-Test) ermittelte In-vitro-Blutungszeit:

  • bei Patienten mit vWS verlängert als Korrelat der vWF-Mangel-bedingten Blutstillungsstörung,

  • bei Patienten mit Hämophilie nicht verlängert infolge normaler vWF-Konzentrationen.

Dauertherapie bei schwerer Form

Ziel des in Deutschland vor knapp 40 Jahren etablierten Prinzips der kontrollierten Selbstbehandlung durch den Patienten ist zum einen prophylaktisch und zum anderen – im Falle einer Blutung – therapeutisch die Substitution von Gerinnungsfaktorkonzentraten vorzunehmen. Zwar gilt als Faustregel, dass 1 I.E. pro kg Körpergewicht den jeweiligen Faktor um 1 bis 2% erhöht, aufgrund eines individuell variablen Bedarfs sollte die Aktivität des substituierten Faktors jedoch spezifisch bestimmt werden.

Die Leitlinien der Bundesärztekammer empfehlen eine Prophylaxe unter folgenden Voraussetzungen:

  • bei Kindern nach Auftreten der ersten Gelenkblutung ganzjährig bis zum Ende der Wachstumsphase,

  • bei rezidivierenden Blutungen bis zur Rezidivfreiheit, insbesondere wenn kausal eine chronische Synovitis der großen Gelenke besteht,

  • bei besonderer körperlicher und psychischer Belastung,

  • bei Rehabilitationsmaßnahmen,

  • bei operativen oder invasiven Eingriffen.

Im Allgemeinen wird mit der Prophylaxe zwischen dem 7. und 24. Lebensmonat begonnen. Die Gerinnungsfaktorkonzentrat-Dosierung beträgt bei Hämophilie A 20 bis 30 I.E. pro kg Körpergewicht dreimal pro Woche, bei Hämophilie B sind wegen der längeren Halbwertszeit von Faktor IX oft weniger Gaben pro Woche notwendig. Muss bei Blutungsereignissen oder im Rahmen operativer Eingriffe substituiert werden, sind folgende Faktoren zu berücksichtigen: Lokalisation und Schwere der Blutung (bzw. des Eingriffs), Vorliegen einer hämophilen Arthropathie.

Die empfohlenen Dosierungen je nach Krankheitsverlauf und Komplikationen (zur Prophylaxe) sowie nach Art und Schweregrad der Blutung (zur Intervention) finden sich in den Leitlinien der Bundesärztekammer zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten, ebenso die durch die Maßnahme angestrebten Werte der Faktor-VIII- und Faktor-IX-Aktivität.


Literatur

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Oldenburg J, Hertfelder HJ. Hämophilie A und B. In: Bruhn HD, Hach-Wunderle V, Schambeck CM, Scharf, RE (Hrsg). Hämostaseologie für die Praxis. Stuttgart: Schattauer, 2. Aufl. 2011, 275 – 286

Mannhalter C. Molekularbiologische Grundlagen der Hämophile A und B und des von-Willebrand-Syndroms. In: Österreichische Hämophilie Gesellschaft (Hrsg). Hämophilie. Eggendorf: Eschig, 2. Aufl. 2004

Luxembourg B, Krause M, Lindhoff-Last E. Basiswissen Gerinnungslabor. Dtsch Arztebl 2007; 104(21): A 1489 – 1498

Herold G. Innere Medizin. Köln: Gerd Herold; 2009: 120 – 124


Autor
Clemens Bilharz, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin, Stuttgart



DAZ 2012, Nr. 1, S. 80

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