Gesundheitspolitik

Tief rot

Da darf nichts anbrennen, das muss funktionieren: Niemand wird herunterreden wollen, wie wichtig es ist, dass jeder GKV-Versicherte durch unser Apothekensystem zuverlässig, sicher und nachhaltig mit seinen verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln (Rx-FAM) versorgt wird. Auch vor diesem Hintergrund muss beunruhigen, dass die Apotheken in diesem großen Versorgungssegment, wenn man es isoliert betrachtet, rote Zahlen schreiben, die immer bedrohlicher werden (siehe Zahlen/Fakten/ Hintergründe). So kann es nicht weitergehen.

Dass die Versorgung der GKV-Versicherten bisher nicht kollabiert ist, beruht auf Quersubventionierungen, deren Quellen allerdings immer mehr versiegen: Zu denken ist vor allem an Vergünstigungen beim Einkauf, an Deckungsbeiträge aus der Versorgung von Privatversicherten, auch aus der Selbstmedikation und aus dem Ergänzungssortiment.

Uwe Hüsgens Tabelle zeigt z. B., dass sich die Apotheken – ohne Zurechnung der Quersubventionierungen – in 2010 (dem letzten Jahr, dessen Daten schon komplett vorliegen) in dem erwähnten Versorgungssegment beim steuerlichen Betriebsergebnis einen Verlust von 2% eingehandelt haben. In der Rechnung ist der durch Preisverordnung und Kassenrabatt gesetzlich vorgegebene Rohertrag sogar nur um die (anteiligen, also auf die Rx-FAM für GKV-Versicherte bezogenen) steuerlich absetzbaren Kosten reduziert. Kalkulatorische Kosten (die notwendige Honorierung des Apothekeninhabers und die Eigenkapitalverzinsung) blieben in der Berechnung, die die Unterdeckung ausweist, unberücksichtigt. Ihre Berücksichtigung würde die bedrohliche Situation noch deutlicher werden lassen. Andererseits: Kalkulatorische Kosten unter den Tisch fallen zu lassen, beschönigt den Ernst der Lage.

Durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) hat sich das Problem der Unterdeckung seit 2011 weiter verschärft. Der Verordnungsgeber ist deshalb nachdrücklich an § 78 des Arzneimittelgesetzes zu erinnern. Danach hat er den Festzuschlag der Arzneimittelpreisverordnung (derzeit 8,10 Euro, seit 2004 unverändert) "entsprechend der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen". Bei der Festsetzung der Preise sei den berechtigten Interessen der Verbraucher, aber auch (u. a.) der Apotheker Rechnung zu tragen. Also: Macht was. Die Zeit ist mehr als reif.


Klaus G. Brauer



AZ 2012, Nr. 5, S. 1

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