Gesundheitspolitik

"Ich bin kein Schreibtischtäter"

Koblenz (diz). Ende Oktober wurde es offiziell: Dr. Andreas Kiefer kandidiert für den Posten des Präsidenten der Bundesapothekerkammer (BAK). Am 15. November wurde er gewählt, einen Gegenkandidaten gab es nicht. Seine berufspolitische Karriere begann Kiefer 1991 in der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz. Als BAK-Präsident ist er angetreten, die berufliche Ausrichtung des Apothekers mitzugestalten. Wir zeichnen ein Porträt von Kiefer.

Will die BAK in der großen Politik zur Geltung bringen: Dr. Andreas Kiefer. Foto: LAK Rheinland-Pfalz

Zur Pharmazie kam Kiefer (Jahrgang 1961), der aus einer Apothekerfamilie stammt, erst im zweiten Anlauf. Nach dem Abitur lockte ihn seine Vorliebe für die Technik: er lernte Maschinenschlosser. Die Entscheidung, ob er ein Maschinenbaustudium anschließen oder eine Tätigkeit als Monteur aufnehmen soll, fiel im erweiterten Familienrat: Die Selbstständigkeit sollte das Ziel sein – und zwar in der Pharmazie. Kiefer kannte den Beruf von seinem Elternhaus, und da sich in der Pharmazie mit dem Fach Galenik auch eine maschinell-technische Seite zeigte, wie beispielsweise das Tablettenpressen, freundete er sich mit dem Pharmaziestudium an.

Technik und Pharmazie

Schon bald wurde daraus mehr als nur eine Liebe zum Apothekerberuf. Kiefer studierte von 1984 bis 1988 Pharmazie in Bonn und erhielt 1990 seine Approbation als Apotheker. Da er sich selbst, wie er sagt, zwar "berufsfertig, aber noch nicht berufsfähig" empfand, schloss er gleich die Weiterbildung zum "Apotheker für Allgemeinpharmazie" an, eine seiner besten Ausbildungen, praxisnah, nachhaltig, wie er hinzufügt. Zusätzlich sattelte er eine anfangs externe, später dann an der Uni angesiedelte Promotion oben drauf "im beliebten Fach instrumentelle Analytik", so Kiefer, was ihm, wie er einräumte, leicht fiel mit seinem technischen Verständnis und dem Hintergrundwissen eines Maschinenschlossers.

Er ging in die elterliche Sophien-Apotheke in Koblenz, wo er anfangs mit seinem Vater eine Herstellungsabteilung in der Apotheke aufbaute, wiederum getrieben von der Liebe zur Technik, beispielsweise Salben- und Drageeherstellung. "Für die Herstellungsabteilung der Sophien-Apotheke haben wir schnelllaufende Industriemaschinen umgebaut, um sie für Kleinchargen-Produktion nutzen zu können", erinnert sich Kiefer.

Mehr als Apotheke

1996 kaufte er die Sophien-Apotheke seinem Vater ab. Seine Tante und sein Vater hatten die Apotheke 1958 nach der Niederlassungsfreiheit gegründet.

Schon in den 90er Jahren erwarb Kiefer eine Zusatzqualifikation als Herstellungs- und Kontrollleiter, Wissen, das er in seinen eigenen Arzneimittelbetrieb einbringen konnte. 2004 löste er die Herstellungsabteilung der Sophien-Apotheke formal aus der Apotheke heraus und firmierte sie zur Sophien-Arzneimittel GmbH um. Der Großteil der Herstellung ist nach wie vor im Herstellungsbereich der Apotheke angesiedelt, hinzugekommen ist ein Nachbargebäude für einen weiteren Herstellungsbereich, für Versand und Verwaltung des Betriebs. Hergestellt werden Human- und Tierarzneimittel sowie Nahrungsergänzungsmittel und eine Kosmetiklinie. Die beiden wichtigsten Präparate der Sophien-Arzneimittel GmbH sind Entero-Teknosal zur Unterstützung der Darmfunktion bei Durchfall und Katimun, ein zugelassenes homöopathisches Präparat bei Erkältung.

Sein Faible zur Herstellungstechnik, zur Galenik führte ihn zur Mitarbeit in der NRF-Kommission, deren Leiter er im Jahr 2009 wurde.

Darüber hinaus leitet Kiefer als Vorsitzender die Kommission des Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC). Der DAC wird seit 1972 von der ABDA herausgegeben und enthält Monographien für Wirkstoffe, Hilfsstoffe, pflanzliche Drogen und Zubereitungen. Die Inhalte werden von der DAC-Kommission erarbeitet.

Als Pharmazierat geerdet

Kiefer ist bis heute auch Pharmazierat, wobei er diese Tätigkeit partnerschaftlich versteht und seinen Kolleginnen und Kollegen Hilfestellung bei der Umsetzung von Vorschriften wie beispielsweise die Apothekenbetriebsordnung anbieten möchte. Was er an dieser Tätigkeit schätzt: er ist und bleibt nah an der Apothekenpraxis dran. Man nimmt ihm ab, dass er mit beiden Füßen in der Realität der Apothekenwelt steht, dass er geerdet ist. Da bleibt es nicht aus, dass er die eine oder andere Vorschrift der neuen Apothekenbetriebsordnung und den damit verbundenen Bürokratieaufwand kritisch sieht: "Ich bin kein Schreibtischtäter." 

" "Die DAZ: eine lesenswerte Fachzeitschrift, die entscheidend zur Meinungsbildung beiträgt. Meinungsvielfalt ist wichtig!"


Dr. Andreas Kiefer

"Etwas bewegen"

Schon wenige Monate nach seiner Approbation, als frischgebackener Apotheker, engagierte sich Kiefer in der Standespolitik, er wurde Delegierter der Apothekerkammer Rheinland-Pfalz. Seine Motivation dazu dürfte "intrinsisch" sein, sie liegt ihm wohl im Blut, wie er selbst meint. Wer sich schon früher in der Schule als Klassensprecher einsetzte, im Studium als Fachschaftssprecher, der findet auch Gefallen daran, in einem Verein mitzuwirken – oder bei der Apothekerkammer, so Kiefer: "In der Standespolitik kann man noch etwas bewegen."

Mitglied des Vorstands der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz wurde er 1996, von 2001 bis 2006 war er Vizepräsident dieser Kammer und seit 2006 ist er deren Präsident. 2006 wurde er zudem Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Bundesapothekerkammer. Und der vorläufige Höhepunkt seiner berufspolitischen Laufbahn: Am 15. November 2012 wurde er zum Präsidenten der Bundesapothekerkammer gewählt.

Patientenorientierung

Sein Credo und sein Maxime in dieser Funktion: Er setzt sich dafür ein, den Apothekerberuf patientenorientiert auszurichten und diese Richtung weiterzuentwickeln. Er hofft, dass diese Ausrichtung in den öffentlichen Apotheken gelebt wird. Für die Zukunft sieht er die Rolle des Apothekers im therapeutischen Team, im Dialog mit dem Arzt zum Wohl des Patienten. Die klinische Pharmazie ist dabei eine von mehreren Grundlagen, die dazu notwendig sind.

Die Bundesapothekerkammer möchte Kiefer als Arbeitsgemeinschaft stärker betonen – "sie ist kein Selbstzweck" – und in der großen Politik zur Geltung bringen. Sein Traum: zum Thema Arzneimittelversorgung wendet sich die Bundesregierung an die Bundesapothekerkammer und fragt nach neuen Ideen. Das geschehe zwar auf dem Weg von Stellungnahmen bereits heute, aber man werde immer wieder in die Ecke einer Lobbyvertretung gestellt, klagt Kiefer. Er ist davon überzeugt, dass es dabei nicht auf die Häufigkeit der Kontakte zur Politik ankommt, sondern auf die Qualität: "Ich habe da meinen eigenen Stil, ich bin hier gut vernetzt."

Familie, Klarinette und Salat

Ein Blick auf den Privatmenschen Andreas Kiefer: Die Familie ist ihm sehr wichtig. Er ist verheiratet und Vater von vier Töchtern. Drei von ihnen befinden sich im Studium verschiedenster Fachrichtungen. Von Ingenieurwissenschaften bis zu Medienmanagement. Die Jüngste ist noch in der Oberstufe, mit Leistungskurs Chemie, wie Kiefer hinzufügt, wobei er ihr zutraut, dass sie auch in Richtung Pharmazie geht. Aber es liegt ihm fern, seine Töchter hier zu beeinflussen.

Richtig abschalten von Apotheke und Berufspolitik kann Kiefer beim Klarinettespielen, Bassklarinette. Er bezeichnet sich selbst als engagierter Hobby-Spieler, spielt in einem Klarinetten-Trio mit, meistens aber im Musikverein: "Ja, da ist auch Festzelt dabei und Kirmes."

Ab und an sieht man Kiefer auch auf seinem Motorrad, was er allerdings nicht als Hobby ansieht, sondern als "Fortbewegung auf einem einspurigen Fahrzeug". Vielleicht auch einfach deswegen, weil er nicht so gerne Auto fährt. Auf die Frage, was Andreas Kiefer gerne isst und trinkt, antwortet er spontan: "Schmecken muss es." Seine Vorliebe sind Salate, gern in der mediterranen Variante. Und dazu ein Wein aus seiner Gegend: "Der Mosel-Riesling ist mein absoluter Favorit, frisch, spritzig, fruchtig, mit Säure."



AZ 2012, Nr. 47, S. 4

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