Management

Alter schützt nicht vor Kompetenz!

Die Potenziale älterer Mitarbeiter nutzen, Erfahrungsschätze heben

Es ist nicht allein der drohende Fachkräftemangel, der immer mehr Chefs zu dem Gedanken verleitet, dass ältere Mitarbeiter ihre Vorzüge haben. Denn "die Älteren" können zum Beispiel aufgrund ihres Erfahrungsschatzes oft besser mit Emotionen umgehen als die jüngeren Berufstätigen und darum in Konfliktsituationen konstruktiver agieren. Und dann ist da noch das in vielen Jahren erworbene Erfahrungswissen, das den älteren Mitarbeitern in der Apotheke einen Vorsprung vor den jüngeren verschafft.

Ältere Mitarbeiter kennen die Kunden oft sehr gut. Nutzen Sie dieses Wissen! Foto: ABDA

Vorurteile hinterfragen

Wir leben in einer Zeit der ständigen Veränderungen, des rasanten Wechsels. Was heute noch Gültigkeit besitzt, ist morgen bereits veraltet. Das Problem: Die meisten Menschen gehören nach Erkenntnissen der Hirnforschung den sogenannten Bewahrertypen an: Sie denken sicherheitsorientiert und halten lieber am Bewährten fest, sie scheuen die Veränderung und den Wechsel. Und nun sagt man gerade den älteren Mitarbeitern nach, dass die Tendenz zur Bewahrung sich im Alter verstärke.

Auf den Punkt gebracht: Die "Grauköpfe" behindern – so das Klischee – den Fortschritt, die Weiterentwicklung, die Einführung von Innovationen. Sie bleiben lieber auf den ausgetretenen etablierten Hauptwegen und scheuen sich, die unbekannten Seitenpfade zu betreten.

Unabhängig von der Frage, ob dieser Charakterzug nicht ein allzu menschlicher ist und mit den Alter allein wenig zu tun hat: Eine Studie, durchgeführt von dem Wirtschaftspsychologen Guido Hertel an der Universität Münster, kommt zu dem Schluss, dass der Unwillen bei Veränderungen weniger mit dem Alter zu tun habe, sondern eher mit der langjährigen Zugehörigkeit zu einem Arbeitgeber. Übertragen auf die Apotheker bedeutet das: Je länger ein Mitarbeiter für die Apotheke arbeitet, desto größer seine Veränderungsresistenz. Wenn also eine PTA in jungen Jahren begonnen hat, für die Apotheke zu arbeiten und dies eine lange Zeit getan hat, wird sie sich vehementer gegen Veränderungen zur Wehr setzen als ein jüngst eingestellter älterer Kollege. Es lohnt sich mithin, die Vorurteile gegenüber den Älteren zu hinterfragen.

Stärken von Jung und Alt kombinieren

Es ist aber nicht allein jenes Studienergebnis, das die Apotheker anregen sollte, eventuell vorhandene Vorurteile gegenüber den älteren Mitarbeitern zu revidieren. Der Fachkräftemangel führt dazu, dass die Unternehmen ältere Arbeitnehmer, die sich bereits im Ruhestand befinden, zu reaktivieren, um ihr Know-how zu nutzen. Die Unternehmen handeln so, weil die Älteren über ein Erfahrungswissen verfügen, das den jüngeren Beschäftigten abgeht.

Dabei geht es gar nicht darum, Jung und Alt gegeneinander auszuspielen. Vielmehr sollte der Apotheker prüfen, inwiefern es möglich ist, die Stärken der jüngeren und der älteren Mitarbeiter miteinander zu kombinieren. Nehmen wir an, ein Apotheker plant eine groß angelegte Veränderung: Er will seine Apotheke zur "Gesundheits-Apotheke" umgestalten und das Image aufbauen, die Apotheke bekämpfe nicht Krankheiten, sondern unterstütze Gesundheit, sei also Dienstleister in Sachen Gesundheitsprophylaxe. Jetzt kann er die kreativen Ideen seiner Mitarbeiter nutzen – und das Erfahrungswissen der Älteren, die wissen, dass selbst die beste Idee der Realität standhalten muss und immer auch erst einmal umgesetzt werden will.

Produktiver Umgang mit Stress

Bleiben wir bei dem innovativen Vorhaben, die Apotheke zu einer "Gesundheits-Apotheke" umzugestalten. Hier kann das Erfahrungswissen der Älteren helfen, die Erfolgswahrscheinlichkeit einzuschätzen. Die älteren Mitarbeiter wissen ganz genau, mit welchem Kundenstamm die Apotheke zu tun hat. Sie kennen die Kunden seit langer Zeit und können dem Apotheker auf der strategischen Ebene Hilfestellung geben und mit ihm reflektieren, ob die innovative Idee grundsätzlich durchsetzbar ist.

Hinzu kommt: Die "Grauköpfe" haben im Laufe ihres Arbeitslebens den einen oder anderen heftigen Sturm überstanden und dabei eine gewisse Widerstandsfähigkeit im Umgang mit stressigen und hektischen Herausforderungen erworben. Auch Wirtschaftspsychologe Hertel beschreibt in seiner Studie die älteren Jahrgänge als relativ stressresistent. Diese Mitarbeiter haben es oft erlebt, dass manches nicht so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird, und können darum in stressig-hektischen Situationen gelassener reagieren. Sie haben oft genug erlebt, dass Veränderungen langwierige Prozesse sind, in deren Verlauf sich zunächst konträre Positionen durchaus annähern können.

Bei der Stressresistenz gilt: Dieses Attribut muss natürlich nicht grundsätzlich auf alle älteren Mitarbeiter zutreffen – darum ist der Apotheker gut beraten, bezüglich seiner älteren Angestellten zu prüfen, ob diese Stressresistenz bei ihnen vorliegt.

Sachlicher Umgang mit Konflikten

Auch beim produktiven Umgang mit Konflikten kann der Apotheker auf die Gelassenheit der älteren Mitarbeiter zurückgreifen. Häufig hilft deren Erfahrung dabei, Konflikte etwa in der Belegschaft zu versachlichen und eine Eskalation zu verhindern. Die Älteren haben oft genug am eigenen Leib gespürt, dass es wenig hilfreich ist, allzu emotional zu reagieren und störrisch auf der eigenen Meinung zu beharren. Sie kennen die Situation, dass der Kompromiss oder besser noch: der Konsens, der Ausgleich zwischen den konträren Positionen, eher zu Win-Win-Situationen führt als das uneinsichtige Festklammern an der eigenen Position.

Es muss sich nicht immer so verhalten, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß: Älteren Mitarbeitern ist es möglich, in Konflikten als Konfliktlöser aufzutreten. Und in Streitsituationen, an denen sie selbst beteiligt sind, fällt es ihnen leichter, die eigenen Emotionen und die der anderen Konfliktpartei in den Griff zu bekommen, nachzugeben, fünf gerade sein zu lassen und dem Gegenüber die versöhnende Hand zu reichen.

Konstruktives Verhalten im Team

Die genannten Eigenschaften der "Grauköpfe" prädestinieren sie überdies für die Teamarbeit. Dort sorgen ihre Ausgeglichenheit und Ausgewogenheit dafür, dass der Blick für die Gesamtentwicklung der Apotheke nicht verloren geht. Ältere Mitarbeiter sind häufig in der Lage, von (ihren) Einzelinteressen abzusehen, diese nach hinten zu stellen und sich auf die Gesamtentwicklung der Apotheke zu fokussieren.

Aber Achtung: Wiederum darf es nicht zu Pauschalisierungen kommen. Denn natürlich gibt es ihn – den stressanfälligen und egoistischen älteren Mitarbeiter, der im Streit keinen Schritt nach hinten weicht und lieber für sich selbst dahin werkelt, als sein Wissen im Team einzubringen. Genauso, wie es den jungen Mitarbeiter gibt, der mit hoher Stressresistenz und Konfliktlösungskompetenz die Belange des Apothekenteams über die eigenen Interessen stellt.

Die Konsequenz: Jeder Apotheker sollte mithin prüfen, mit welchen Mitarbeitertypen er zusammen arbeitet – und dies bei der Teambildung berücksichtigen. Die Erfahrung zeigt, dass es oft richtig ist, einen älteren und einen jüngeren Mitarbeiter zu einem Zweier-Team zusammenzubinden, weil sich deren Kompetenzen und Erfahrungshintergrund sinnvoll ergänzen..


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 44, S. 7

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