Wirtschaft

Das neue Kindergeld hat auch seine Tücken

Während zweiter Ausbildung kommt’s auf die Arbeitszeit an

(bü). Kindergeld für volljährige Kinder, die sich in der Berufsausbildung befinden, wird seit Jahresbeginn 2012 ohne Rücksicht auf die Höhe des eigenen Einkommens gezahlt. Vorher war bei einem Jahreseinkommen des Kindes von 8004 Euro Schluss – egal, ob es sich um eine Ausbildungsvergütung oder Einnahmen aus einem Nebenjob handelte. Und das Kindergeld für ein Kalenderjahr musste zurückgezahlt werden, selbst wenn die Grenze nur um einen Euro überstiegen wurde.

Mit solchen Ungerechtigkeiten ist jetzt zwar Schluss. Doch die pauschale Aussage, dass das Einkommen volljähriger Kinder, die sich in der Ausbildung befinden, nun völlig unerheblich sei, stimmt nicht. Wenn es auch weniger um die Höhe des Einkommens geht, als um die wöchentliche Arbeitszeit (aus der sich naturgemäß die Höhe des Einkommens ergibt). In einem zehnseitigen (!) Schreiben des Bundesfinanzministeriums werden die Einzelheiten dazu aufgeführt.

Regel 1

Ein volljähriges Kind wird grundsätzlich nur "bis zum Abschluss einer erstmaligen Ausbildung" berücksichtigt. Erstmalig ausgebildet wird ein Kind auch dann, wenn es zunächst als Arbeitnehmer tätig war und dann ein Ausbildungsverhältnis eingeht.

Regel 2

Entsprechendes gilt für ein "Erststudium" an einer Hochschule, also an einer Universität oder Fachhochschule zum Beispiel. Wichtig: Es darf, um als "Erststudium" durchgehen zu können, keine andere nichtakademische Berufsausbildung vorangegangen sein.

Regel 3

Beginnt das Kind eine zweite Ausbildung oder nimmt es nach einer normalen Berufsausbildung ein Studium (= "Zweitausbildung") auf, so endet damit nicht automatisch die Kindergeldzahlung. Bedingung: Tochter oder Sohn gehen keiner Beschäftigung nach, die ihre Zeit und Arbeitskraft "überwiegend beansprucht". In Zahlen ausgedrückt: Kein Problem mit der Familienkasse gibt es, wenn zum Beispiel in einem Nebenjob (als Arbeitnehmer oder selbstständig) die wöchentliche Arbeitszeit 20 Stunden nicht übersteigt.

Die "20 Stunden" beziehen sich auf den Durchschnitt im jeweiligen Kalenderjahr. Diese Grenze darf vorübergehend, maximal zwei Monate lang überschritten werden. Und: Auf die Höhe des in dieser Zeit erzielten Verdienstes kommt es nicht an.


Beispiel 1: Ein Kind schließt nach dem Abitur eine Lehre ab und studiert ab Oktober 2012. Von April 2013 an arbeitet es mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden, in den Semesterferien im August und September 2013 40 Stunden. Ab November 2013 wird eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden ausgeübt. Auf das gesamte Jahr 2013 bezogen – also die beschäftigungslosen Monate Januar bis März 2013 eingerechnet – beträgt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 20 Stunden pro Woche. Kindergeld steht für das ganze Jahr 2013 zu.

Aber: Würde das Kind während der dreimonatigen Semesterferien (Juli bis September 2013) voll arbeiten, würde das Kindergeld für diese drei Monate entfallen. Dies unabhängig davon, dass auch hier die durchschnittliche Wochenarbeitszeit im gesamten Jahr 2013 20 Stunden nicht übersteigen würde. Die Arbeitszeit pro Woche darf eben nur maximal zwei Monate lang jenseits von 20 Stunden liegen.


Beispiel 2: Ein Kind schließt nach dem Abitur zunächst eine Berufsausbildung mit Gesellenprüfung ab und studiert seit 2012. Ab Mitte Juli 2013 nimmt es eine unbefristete Teilzeitbeschäftigung mit 30 Stunden pro Woche auf. Die wöchentliche Arbeitszeit von maximal 20 Stunden wird im Jahr 2013 also um mehr als zwei Monate überschritten. Den Eltern steht das Kindergeld nur für die Monate Januar bis Juli 2013 zu.

Regel 4

Das "Ganzjahresprinzip" wurde aufgegeben. Es kann also nicht mehr sein, dass Eltern das Kindergeld für ein komplettes Kalenderjahr zurückzahlen müssen, wenn ihre Tochter oder ihr Sohn – wie im Beispiel 2 – einen Grenzwert überschritten haben.

Regel 5

Der Kindergeldanspruch endet – wie bisher – grundsätzlich mit dem 25. Geburtstag. Behinderte Kinder, die sich wegen ihrer Behinderung nicht selbst unterhalten können, werden ohne zeitliche Begrenzung berücksichtigt, wenn ihre Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist.



AZ 2012, Nr. 41, S. 5

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