Recht

Wenn der Arbeitgeber vergeblich auf seine Mitarbeiter wartet

Wer im Skigebiet "festsitzt", fehlt entschuldigt am Arbeitsplatz

(bü). Müssen Arbeitnehmer, die wegen der Schneemassen in Skigebieten – wie beispielsweise in Österreich oder kürzlich in der Schweiz – verspätet an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, mit arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen?

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer alles "in ihrer Macht stehende", versuchen, um so schnell wie möglich nach Deutschland zurückzukehren. Beispielsweise müssen sie eine Alternativroute wählen, um aus dem Land zu kommen – selbst, wenn dafür zusätzliche Reisekosten entstehen. Natürlich muss kein Privatjet geordert werden. Aber: Ist eine alternative Ausreise für einen Aufpreis von zum Beispiel mehreren Hundert Euro zu bekommen, so könnte diese Option gezogen werden. Natürlich kommt es dabei auch darauf an, welche "Hierarchiestufe" der Mitarbeiter im Betrieb einnimmt, der gegebenenfalls per Hubschrauber die Heimreise antritt.

Schafft es ein Arbeitnehmer (un-)wetterbedingt nicht, rechtzeitig zu Dienstbeginn am Arbeitsplatz zurückzusein, so droht ihm weder eine Kündigung noch ein Abmahnung. Denn dieser spezielle Fall fällt unter "höhere Gewalt". Davon ist auszugehen, wenn Touristen durch Naturkatastrophen an der Rückreise gehindert werden. Die Situation in den Nachbarländern erfüllt diesen Tatbestand. Den Arbeitnehmer trifft – arbeitsrechtlich gesehen – keine "Schuld" an der Verspätung.

Einen etwaigen finanziellen Schaden hat der Arbeitgeber selbst zu tragen. Das ist sein unternehmerisches Risiko. Denn auch wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, muss der Chef dafür sorgen, dass die Leistungen Dritten gegenüber erfüllt werden.

Keine Lohnfortzahlung bei Fehlen

Lohn muss der Arbeitgeber seinem wegen der Verspätung fehlenden Mitarbeiter jedoch nicht fortzahlen. Entgeltfortzahlung bei nicht erbrachter Leistung sieht der Gesetzgeber (unter anderem) nur für den Krankheitsfall vor. Arbeitsrechtlich werden die Fehltage wie unbezahlte Urlaubstage verbucht. In Einzelfällen werden Arbeitnehmer die Fehlzeiten möglicher weise mit noch bestehenden Urlaubs ansprüchen gegenrechnen können.

Anders sieht es aus, wenn ein Arbeitnehmer trotz der bestehenden Unruhen in den nächsten Tagen in die Schneegebiete aufbricht und zu spät zurückkehrt. Dann ändert sich die Schuldfrage. Der Arbeitnehmer hat sich bewusst in eine möglicherweise kritische Situation begeben. Somit kann von höherer Gewalt keine Rede mehr sein. Es ist sogar möglich, dass er bei einer Verspätung unter diesen Umständen Ersatz für einen eingetretenen Schaden zu zahlen hat – den der Arbeitgeber allerdings nachweisen müsste (etwa einen verpassten Auftrag). Auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, zumindest eine Abmahnung, wäre in diesem Fall denkbar.

Ansonsten gilt auch im Arbeitsleben: Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben einen "Vertrag" geschlossen. Das schließt das "Vertragen" ein.



AZ 2012, Nr. 4, S. 7

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