Gesundheitspolitik

Kassen verhandeln Trobalt® -Preis mit kohlpharma

Erstmals Erstattungsbetrag-Verhandlungen mit einem Importeur

Berlin (ks). Das Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline kann es kaum fassen: Der GKV-Spitzenverband ist mit kohlpharma in Verhandlungen über den Erstattungsbetrag seines Epilepsie-Präparates Trobalt® (Retigabin) eingestiegen. Seit Mitte August hat das Merziger Import-Unternehmen Trobalt® in der Lauer-Taxe gelistet. Zwar ist es für die Apotheken nicht über den Großhandel verfügbar. Doch dem GKV-Spitzenverband reichte die Listung, um kohlpharma "umgehend" zu Verhandlungen einzuladen.

Kohlpharma hat das noch recht neue Arzneimittel als Re-Import seit dem 15. August in der Lauertaxe gelistet. Der Preis liegt geringfügig unter dem, den GSK angibt – doch das GSK-Präparat ist ohnehin nicht verfügbar. Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss seinen Beschluss zur frühen Nutzenbewertung von Trobalt® getroffen hatte, hatte sich GSK für die Opt-out-Lösung entschieden und das Präparat nicht mehr in Deutschland angeboten. Allerdings hatten unter anderem die AOKen und die Techniker Krankenkasse angekündigt, sie würden ihren bereits auf Trobalt® eingestellten Versicherten die Versorgung mit dem neuen Medikament über Einzelimporte weiterhin sichern. GSK betonte indessen, weiterhin entschlossen zu sein, sein Präparat wieder in den deutschen Markt zu bringen. Dazu ist jedoch die Einreichung und Prüfung eines neuen Dossiers nötig – das braucht seine Zeit. Und diesmal soll es nicht an Unstimmigkeiten bei der heranzuziehenden Vergleichstherapie scheitern.

Nun ist das Unternehmen durch den Vorstoß von kohlpharma reichlich aufgewirbelt. Bettina Brennecke, Leiterin Government & Business Relations bei GSK und Mitglied der Geschäftsleitung, sieht hier einen Präzendenzfall vorliegen. Hier zeige sich eine "Stilblüte" des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes. Ist es wirklich zulässig und im Sinne des Gesetzgebers, dass ein Importeur über den Erstattungspreis eines neuen Medikamentes verhandelt? Hat ein solches Handelsunternehmen die gleiche Wertigkeit wie das Unternehmen, hinter dem die gesamte Forschung und Entwicklung des Präparates steckt? Und kann er auf Grundlage eines Beschlusses verhandeln, der auf einem Dossier beruht, das der Originalhersteller erstellt hat? "Damit werden unsere Rechte ausgehöhlt", ist Brenneke überzeugt.

Doch es ist Tatsache: die Verhandlungen laufen. "Wir stecken mittendrin", bestätigte ein Sprecher von kohlpharma der AZ. Bis man sich mit dem GKV-Spitzenverband geeinigt habe, werde Trobalt® von kohlpharma zwar in der Lauertaxe zu finden, aber für die Apotheken noch nicht zu bestellen sein. Bei GSK ist man mehr als besorgt: Werde nun ein "schlechter Preis" ausgehandelt, so falle dies auf das eigene Unternehmen zurück, betont Bennecke. Schließlich hat dieser wiederum Referenzwirkung im Ausland. Aus anderen Ländern kennt GSK ein solches Vorgehen nicht. In Frankreich beispielsweise sei es selbstverständlich immer der Originalhersteller, der verhandele. Der Preis des Importeurs liegt dann 10 Prozent unter dem des Originators. Brenneke gibt außerdem zu bedenken: Was wäre, wenn es neun Importeure zusätzlich zum Originalhersteller gäbe – müssten dann zehn verschiedene Verhandlungen geführt werden? Es geht dabei ja auch nicht immer nur um den Preis. Es können auch andere Vereinbarungen getroffen werden, etwa, ob das Präparat als Praxisbesonderheit anerkannt wird. Überhaupt ist Brenneke schleierhaft, welchen Preis kohlpharma bieten wird. Nach dem G-BA-Beschluss sei davon auszugehen, dass die Kassen einen Preis fordern, der 80 Prozent unter dem europäischen Durchschnittspreis liege. Möglicherweise bleibe dem Unternehmen am Ende nichts anderes übrig, als unter Einstandpreis anzubieten – und das wäre kartellrechtswidrig, erklärt Ina Heitmeier, Leiterin Recht und Mitglied der GSK-Geschäftsleitung.

GKV: Importeur wurde zum Hersteller

Beim GKV-Spitzenverband sieht man hingegen keine Probleme: Durch das Umpacken werde aus dem re-importierten Trobalt® sozusagen ein "neues Produkt mit ‚altem‘ Wirkstoff", hieß es gegenüber der AZ. Der Importeur werde damit quasi zum Hersteller. Nach Abschluss der Erstattungsbetragsverhandlungen, zu denen der Importeur "umgehend eingeladen" worden sei, werde der um den Rabatt nach § 130b reduzierte Listenpreis des Importeurs wirksam. Weiter verweist der GKV-Spitzenverband darauf, dass der noch zu verhandelnde Erstattungsbetrag ab dem 13. Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen (hier durch GSK am 15. 5. 2011) gelten werde. So sehe es § 4 Abs. 7 der Rahmenvereinbarung nach § 130b Abs. 9 SGB V vor.



AZ 2012, Nr. 39, S. 2

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