Gesundheitspolitik

Krankenhausversorgung: Zwei Stunden Lieferzeit sind zu viel

Bundesverwaltungsgericht: Versorgungsvertrag nicht genehmigungsfähig

Leipzig (ks). Der von einem Krankenhaus mit einer Apotheke geschlossene Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses kann nur genehmigt werden, wenn die Apotheke in angemessener Nähe zum Krankenhaus liegt. Dies ist nicht der Fall, wenn die Fahrtzeit zur Klinik zwei bis drei Stunden beträgt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht letzten Donnerstag entschieden. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2012, Az.: BVerwG 3 C 24.11

Geklagt hatte die Trägerin eines Krankenhauses in Münster. Deren krankenhauseigene Apotheke in Ahlen sollte auch ein Krankenhaus in Bremen versorgen. Das Land versagte jedoch die Genehmigung eines zu diesem Zweck zwischen den beiden Klinikträgerinnen geschlossenen Versorgungsvertrags. Begründung: Bei einer Entfernung von 216 Kilometern zwischen Apotheke und Krankenhaus sei nicht sichergestellt, dass Arzneimittel und pharmazeutische Beratungsleistungen im Notfall unverzüglich zur Verfügung gestellt würden. Das Verwaltungsgericht hatte die daraufhin erhobene Klage auf Genehmigung des Versorgungsvertrags abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hatte ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten zum Bundesverwaltungsgericht hatte nun Erfolg. Damit lebt das erstinstanzliche Urteil wieder auf.

Vorinstanz hielt Vertrag für genehmigungsfähig

Will sich ein Krankenhaus über eine externe Apotheke mit Arzneimitteln versorgen lassen, muss es mit dieser einen Arzneimittel-Versorgungsvertrag schließen. Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass die Apotheke Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen kann. Dies ist nach dem nun ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall nicht gewährleistet.

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung erklärt das Gericht jedoch, Unverzüglichkeit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung verlange, dass die benötigten Medikamente im Eilfall zeitnah im Krankenhaus bereitstehen müssen. Dies bedinge zwingend, dass die Apotheke in räumlicher Nähe zum Krankenhaus liegen muss. Denn die Länge des Transportweges bestimme die Transportdauer maßgeblich. Das Erfordernis der Ortsnähe könne auch nicht dadurch kompensiert werden, dass im Krankenhaus ein Notfalldepot eingerichtet wird. Ein solches Depot könne nicht allen denkbaren medizinischen Notfallsituationen Rechnung tragen. Die Genehmigungsvoraussetzung einer unverzüglichen Arzneimittelbelieferung bezwecke aber, gerade auch für Fälle eines plötzlich auftretenden, nicht absehbaren Bedarfs, die zeitnahe Bereitstellung dringend benötigter Arzneimittel durch die Apotheke sicherzustellen.

Eine gute Stunde wäre noch im Rahmen

Daher habe die Behörde die Genehmigung des Vertrags zu Recht abgelehnt. Bei der Entfernung von 216 Kilometern zwischen Klinik und Apotheke – und das auch noch über die stauanfällige Autobahn A 1 – sei eine unverzügliche Medikamentenbereitstellung nicht mehr gewährleistet. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu die fachlichen Einschätzungen der Bundesapothekerkammer, des Bundesverbands der klinik- und heimversorgenden Apotheker und des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker herangezogen. Danach sollte die Bereitstellung nicht viel mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen. Zudem erfülle der Versorgungsvertrag bei der gegebenen Entfernung auch eine weitere Genehmigungsvoraussetzung nicht. Nämlich, dass das Krankenhauspersonal durch den Leiter der Krankenhausapotheke (oder einem von ihm beauftragten Apotheker) im Bedarfsfall unverzüglich vor Ort im Krankenhaus pharmazeutisch beraten werden kann.



AZ 2012, Nr. 36, S. 8

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