Gesundheitspolitik

Kompensationsbedarf

Seit dem 12. 6. 2012 ist sie in Kraft: unsere neue Apothekenbetriebsordnung. "Es hätte schlimmer kommen können", meinen viele nicht ganz zu unrecht. Immerhin: Die unerträgliche und ungerechtfertigte Privilegierung von Filialverbünden ist noch rechtzeitig gestrichen worden. Und es gibt auch etliche sinnvolle Neuregelungen.

Allerdings kommen bei den ersten Versuchen, die ApBetrO zügig mit Leben zu füllen, erste Ungereimtheiten, Unklarheiten und Schwierigkeiten ins Blickfeld. Das beginnt damit, dass es kaum Übergangsfristen für die Implementierung der ApBetrO gibt (Ausnahmen sind die Einführung des QMS und die Raumvorschriften für blisternde, Großhandel betreibende und Parenteralia herstellende Apotheken).

Deutlich wird auch, dass der Aufwand für die Umsetzung der Neuregelungen vom Verordnungsgeber sehr eigenwillig – im Klartext: kaum nachvollziehbar – eingeschätzt wurde. Entweder man überschreitet die Zeitabschätzungen um ein Vielfaches, oder man bleibt im vorgegebenen Zeitraum, kann die Aufgaben aber nur oberflächlich (zu oberflächlich?) abhaken.

Der unterstellte "Erfüllungsaufwand" für die neue ApBetrO ist aus dem Entwurf für das Kabinett ablesbar. Für die Einführung eines QM-Systems werden z. B. 250 Euro veranschlagt. Der Personalaufwand für die verlangte jährliche Selbstinspektion und Dokumentation wird auf 20 Min. geschätzt. Das sind Vorgaben, die zu einem "revisionsfesten" Ergebnis führen?

Geradezu provozierend ist, dass für fällige Umbauten Stundenkosten für Handwerker in Höhe von 80 Euro veranschlagt werden, für Arbeiten durch Apotheker und PTA werden aber 46,20 resp. 28,80 Euro pro Stunde in Ansatz gebracht.

Die Plausibilitätsprüfung und Dokumentation einer Rezeptur soll in zwei Minuten zu erledigen sein. Das ist wohl nur in einem Husch-husch-Verfahren zu schaffen.

Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Auch gutwillige Zeitgenossen, die den Vorgaben des Verordnungsgebers schnell und möglichst vollständig nachzukommen versuchen, reagieren auf derartige Annahmen mit Unverständnis.

Aus der berechtigten Kritik an der offiziellen Einschätzung des Erfüllungsaufwandes lässt sich nicht ableiten, dass die vorgesehenen Regelungen pauschal als nicht sinnvoll anzusehen sind. Sehr wohl aber ist zu fordern, dass der erhebliche Mehraufwand angemessen honoriert wird. Dabei muss neben der seit 2004 eingefrorenen Basishonorierung auch die Honorierung der Rezepturen erhöht werden. Jetzt nur die AMNOG-Sonderopfer zu kompensieren, reicht nicht.


Klaus G. Brauer



AZ 2012, Nr. 26, S. 1

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